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2007-06-15

LN: Oldesloer unter Terrorismusverdacht - Mehrere Wohnungen durchsucht

Der Ruf ist erstmal ruiniert: Das Inihaus in Bad Oldesloe steht unter dem Verdacht, eine Keimzelle des Terrorismus zu sein. "Völliger Schwachsinn" entgegen die Betroffenen und Verantwortlichen.

Bad Oldesloe - Das Inihaus in Bad Oldesloe ist ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Das Jugend- und Kulturzentrum am Bahnhof gehörte zu den sieben Häusern in der Kreisstadt, die Mittwoch Morgen von rund 30 Beamten des Landeskriminalamtes im Beisein einer Staatsanwältin der Bundesanwaltschaft durchsucht wurden.

Es bestehe der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung, so eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Man ermittele in der "militanten linksextremistischen Szene" in Zusammenhang mit mehreren Brandanschlägen, unter anderem auf die Oldesloer Firma Thormählen Schweißtechnik vor einem Jahr und Hako (2004). Auch bei den Verdächtigen in Hamburg, wo zum gleichen Zeitpunkt vier weitere Wohnungen durchsucht wurden, handelt es sich offensichtlich um Oldesloer Inihaus-Besucher, die derzeit in der Hansestadt studieren. Überall wurden Computer, Festplatten, PC-Zubehör und Handys beschlagnahmt. Festgenommen wurde allerdings niemand.

"Die Durchsuchungen des Inihauses verurteilen wir aufs Schärfste. Wir weisen jegliche Vorwürfe, die den Verein Initiative e.V. mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung bringen, entschieden zurück. Eine unverschämte Vorverurteilung, die auf einem vagen Konstrukt von Halbwahrheiten beruht", heißt es in einer Erklärung des Vereinsvorstandes.

"Die Polizisten haben das komplette Gebäude von oben bis unten durchleuchtet, es wurden alte Rechner und Finanzordner mitgenommen", berichtete der 2. Vorsitzende Christoph Kneese den LN. "Eine scheinheilige und lächerliche Aktion. Der Verdacht ist an den Haaren herbeigezogen", so Kneese weiter. "Weil Beweise für die Anschläge fehlen, wird jetzt einfach ein Sündenbock gesucht."

"Ich kann ausschließen, dass auch nur einer von uns etwas mit den Anschlägen zu tun", erklärte gestern ein Betroffener, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Ich war gerade bei der Arbeit, als ich einen Anruf erhielt, dass meine Wohnung durchsucht wird. Es gab vorher keinerlei Anzeichen für eine solche Aktion." Er distanziere sich von den Vorwürfen und habe sich nichts vorzuwerfen.

Allerdings wurden sowohl das Inihaus als auch die verdächtigen Personen offenbar bereits seit etwa einem Jahr observiert, bevor jetzt der Zugriff erfolgte. Auch Telefone seien abgehört, vielleicht sogar der E-Mail-Verkehr überwacht worden. Das berichtet ein regelmäßiger Inihaus-Besucher und Vertrauter der neun Verdächtigen, die allesamt zwischen 18 und 25 Jahre alt sind und teilweise noch bei ihren Eltern wohnen. Auch in diesen Oldesloer Häusern seien Rechner konfisziert worden.

Dass das Inihaus ein Deckmantel für eine terroristische Vereinigung sei, hält man im Umfeld der für seine Jugendarbeit vom Land Schleswig-Holstein ausgezeichnete Einrichtung für "Schwachsinn" und "völlig ausgeschlossen". Auch wenn nur eine Person etwas mit den Anschlägen zu tun habe, "würde mich das persönlich sehr erschrecken", so ein anderer Inihaus-Besucher. Woher die Verdachtsmomente rührten, könne er sich nicht erklären.

Einig sind sich Sympathisanten und Inihaus-Gänger darin, dass das Kulturzentrum erneut einen gewaltigen Imageschaden erlitten habe. "Der Ruf der guten und wichtigen Institution leidet dadurch wieder erheblich", so ein Mittdreißiger, der früher auch zu den regelmäßigen Besuchern gehörte. "Einen Gefahrenherd sehe ich dort überhaupt nicht. Das sind einfach Punker-Kiddies wie wir damals, die laut und bunt sind und Eltern und Lehrer schocken wollen."

Von Markus Carstens, LN

[http://www.ln-online.de/lokales/2167983]