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2007-06-21

PRESSEERKLÄRUNG: § 129a-Verfahren in Norddeutschland gegen „linke Szene“

  • Hausdurchsuchungen in Bad Oldesloe, Hamburg und Berlin
  • Aktivitäten als Globalisierungs- und Militarismusgegner als Anhaltspunkt für Hausdurchsuchungen
  • Ermittler betreiben verfassungswidrige Aufweichung von Durchsuchungsvoraussetzungen

Grundlage der Durchsuchungen vom 19.06.2007 in Berlin wegen des Verdachts der Mitgliedschaft
in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB waren lediglich Bekanntschaften
zu weiteren Beschuldigten und legales politisches Engagement

Die Generalbundesanwaltschaft ließ am Dienstag den 19.06.2007 insgesamt vier Objekte in Berlin
durchsuchen. Anlass der Durchsuchungen sind Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft
in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB gegen zwei Berliner Beschuldigte.
Eine Woche zuvor wurden in Schleswig-Holstein und Hamburg bereits zahlreiche Durchsuchungen
vorgenommen, die sich gegen neun weitere Beschuldigte richteten. Unter wechselnden Gruppenbezeichnungen
sollen die Beschuldigten insgesamt vier Brandanschläge in den Jahren 2002, 2004 und
2006 auf Fahrzeuge der Bundeswehr und eine Firma, die an Rüstungsprojekten beteiligt gewesen sei,
verübt haben.
Dabei seien die Anschläge in Glinde (2002), Bad Oldesloe und Berlin (2004) sowie erneut Bad Oldesloe
(2006) begangen worden.
In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht festgeschrieben, dass zumindest
tatsächliche Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit einer begangenen Straftat vorliegen müssen.
In den vorliegenden, größtenteils wortidentischen Durchsuchungsbefehlen wird der Tatverdacht gegen
einen Beschuldigten beispielsweise daraus abgeleitet, dass er mit weiteren Beschuldigten bekannt sei
und sich als Globalisierungs- und Militarismusgegner engagiert habe.
Dass Bekanntschaften und politisches Engagement keineswegs tatsächliche Anhaltspunkte für das
Begehen einer Straftat sind, liegt auf der Hand.
Als Beispiele für das Fehlen ernsthafter Anhaltspunkte sollen zwei Beispiele aus den vorliegenden
Durchsuchungsbeschlüssen genannt werden:
„X stammt gleichfalls aus Bad Oldesloe. Er lebt seit 2001 in Berlin, …. Angesichts der Tatsache, dass
die Anschläge unter der Gruppenbezeichnung AK Origami in Berlin und Bad Oldesloe gleichzeitig mit
der gleichen Zielrichtung begangen wurden, muss davon ausgegangen werden, dass X an der Brandstiftung
in Berlin beteiligt war.“
„Der Beschuldigte Y ist der engste Vertraute des Beschuldigten X. Y unterhält darüber hinaus auch
Kontakte zu den weiteren Beschuldigten und hält sich zeitweilig in Bad Oldesloe auf. So besuchte er
2005 eine Weihnachtsfeier im […] oder nahm an Demonstrationen in Hamburg teil. […] Neben der
Antifa-Arbeit tritt Y auch aktiv als Globalisierungs- und Militarismusgegner in Erscheinung. Seine politischen
Aktivitäten entsprechen uneingeschränkt dem Betätigungsfeld der vorliegenden terroristischen
Vereinigung. Es ist daher davon auszugehen, dass Y neben dem Beschuldigten X als weiteres Mitglied
der Vereinigung in Berlin agiert und zumindest an dem Brandanschlag vom 20. März zum
Nachteil der Firma … in Berlin, die wirtschaftlich zur Firma … in Bad Oldesloe gehört, beteiligt gewesen
ist.“
Rechtsanwalt Daniel Wölky (Berlin):
„Angesichts der Begründung des Beschlusses gehe ich davon aus, dass die Ermittler nichts
gegen meinen Mandanten in der Hand haben. Dass in Deutschland ein Durchsuchungsbeschluss
mit Bekanntschaften und politischem Engagement begründet werden kann, erschreckt
mich. Ich habe angenommen, dass diese Zeiten längst überwunden wurden.“
Rechtsanwalt Alexander Hoffmann (Kiel):
„Dieses Ermittlungsverfahren wegen § 129a ist ein offener Angriff af legale Strukturen.
Mit der vorliegenden Konstruktion der Durchsuchungsbeschlüsse könnte eine Vielzahl der im
Norddeutschen Raum aktiven Antifaschisten und Kapitalismusgegner ins Visier der Bundesanwaltschaft
geraten. Eine beliebige Vielzahl von Hausdurchsuchungen kann angeschlossen
werden. Denn was macht eine politische Szene aus?: Praktisch kennt jeder jeden und alle sind
politisch ähnlich aktiv.
Die Durchsuchungen sollen offensichtlich Druck auf die linksradikale norddeutsche Szene
ausüben und dienen vornehmlich zur Einschüchterung und zu einer allgemeinen Informationsbeschaffung.“

Kiel, Berlin 21.06.2007

Rechtsanwalt Alexander Hoffmann
Eichhofstraße 14
24116 Kiel
Tel: 0431 – 5459771
Fax: 0431 – 5459772

Rechtsanwalt Daniel Wölky
Savignyplatz 4
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Fax: 030 – 31868801