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2002-03-12

BRÜSSEL: DREI BREMER VOR GERICHT

Ca. 40 Leute waren gekommen um die drei Jugendlichen, welche des Steinewerfens und des Widerstandes angeklagt waren, zu unterstützen, darunter ca. 10 Freunde von ihnen und zwei Mütter. Dies war umso wichtiger, als bereits bei der ersten Anhörung vor einem Monat klar war, dass dieses Spiel noch lange nicht gewonnen ist.

Denn es handelt sich hierbei um ein beschleunigtes Verfahren, in dem davon ausgegangen wird dass die Angeklagten schuldig sind, da sie angeblich auf frischer Tat erwischt wurden. Sie werden also von vorneherein als "schuldig" betrachtet, es sei denn sie können das Gegenteil beweisen. Und im Moment steht es Aussage gegen Aussage, und die Einstellung des Richters lässt keine Zweifel an seiner Gesinnung.

6 Zeugen, darunter 4 Bullen
Heute wurden 4 Polizisten sowie zwei Zeugen der Verteidigung aufgerufen. Mehrere Polizisten waren bereits angehört wurden, einige sind auf Bitten des Staatsanwalt noch mal angehört worden.
Die Mehrheit dieser Bullen befanden sich zur Zeit der behandelten Ereignisse in der ersten Etage eines Geländes gegenüber Tour&Taxis Gelände, von wo aus sie die Strasse beobachteten. Ein anderer befand sich in der rue Picard
Mit vielen Details beschrieben sie wie sie angeblich ca. 30 Chaoten lokalisiert hätten, die jeweils in Kleingruppen von 3 oder 4 agiert hätten. Nach aussage der Bullen haben sich diese Kleingruppen im Takt ins T&T Gelände zurückgezogen, wo sie ihre Vermummung abnahmen, Steine sammelten, sich wieder vermummten und wieder raus auf die Straße liefen und die Steine warfen, und wieder von vorne anfingen. So hätten die Polizisten sie identifizieren können, und anschließend, als sie sich außerhalb des T&T Gelände die letzten Steine verschwinden hatten lassen, verhaften können
Seltsame Chaoten
Dies Polizeiszenario ist aber nicht ganz schlüssig. Zum einen, wieso hätten die "Chaoten" ihre Vermummung ablegen sollten um Steine zu sammeln. Das ergibt keinen Sinn. Und, wieso sollten sie, als die Party vorbei war, die Steine in ihren Taschen mit raus aus dem T&T Gelände nehmen, während gerade draußen doch die Bullen waren, und im T&T Gelände kein einziger.
Die Aussagen der Polizei sind auch sonst unlogisch. Einer behauptet die Angeklagten am Werke gesehen zu haben, als er in der rue picard patrouillierte. Aber wie will er sie bemerken, und vor allem erkennen, wenn zwischen ihnen eine sich bewegende Masse von Demonstranten war, oder mehrere Linien Polizei, sowie Gitter und eine kleine Mauer.
Elastische Entfernung
Auch die erwähnten Entfernungen sind recht unlogisch. Einer der Polizisten erwähnt, nur 5 Meter vom Geschehen entfernt gewesen zu sein, obwohl er in der ersten Etage eines Hauses war, die schon alleine 5 Meter vom boden weg war. Ein anderer hat die Entfernung auf 15 Meter geschätzt, nachdem ein Bauplan des Ortes zu Rate gezogen wurde stellte sich heraus dass es mindestens 10 Meter mehr waren, was doch ein Unterschied ist angesichts einzelner Individuen einer sich bewegenden Masse.
Auch hat einer von den Polizisten die die drei beobachtet haben, ausgesagt, klar gehen zu haben wie sie zwei Eisenstangen weggeworfen haben, während ein anderer behauptet, nur Steine gesehen zu haben
Video
Bei der ersten Anhörung wurde von Videoaufnahmen gesprochen. Die Anwälte konnten die erwähnten Aufnahmen einsehen, und es stellte sich heraus , dass eine der Aufnahmen zwar wohl schwarzgekleidete Randalierer zeigte, allerdings vom 15. Dezember und nicht vom 14. Auch auf dem Video vom 14. waren die Angeklagten nicht zu sehen, dafür aber das brutale Vorgehen der Polizei. Der Richter hat entsprechend das Vorspielen der Videos im Verfahren unterlassen.
Allgemein zeigt sich der Richter ziemlich voreingenommen, arrogant und herablassend gegenüber den Zeugen der Verteidigung. Zudem stellte sich heraus, dass der Richter nicht die geringste Ahnung hatte, von der Beschaffenheit der Umgebung des verhandelten Geschehens.
Verteidigung
Die Verteidigung hatte zwei zeugen geladen, eine junge Frau die am 14. Dezember. direkt hinter dem "black-bloc" ging und bezeugte, dass dieser keineswegs aufs T&T Gelände ging, und auch nachdem dort die Pforten geschlossen wurden, zu keinem Moment die organisierten schwarzgekleideten Kleingruppen zu sehen waren.
Der andere Zeuge war Mitglied der peace-keeper, und auch er befand sich an der Pforte des T&T Geländes, und auch er bezeugte , dass es zwar sehr wohl Steinwürfe gegen die Polizeiketten gab, aber nicht von den beschriebenen organisierten schwarzgekleideten Kleingruppen.
Voreingenommen
Der Richter hat diese beiden Zeugen mit Verachtung behandelt, ihre Aussagen in Zweifel gezogen und sie belehrt, sie könnten nicht alles wissen.
Die Zeugenahnhörungen sind beendet, und der Richter hat entschieden die Plädoyers erst im Mai zu halten, obschon sie für diesmal geplant waren. Das heißt, die Angeklagten müssen noch mal auf eigene Kosten die Reise nach Brüssel antreten.
Das Spiel wird nicht mit gleichen Waffen geschlagen. Alle Ungereimtheiten der Polizei, die beim besten Willen nicht erklären konnte warum sie nur und ausgerechnet diese drei festgenommen und angeklagt hat, werden einfach übersehen.
Allgemein herrscht die Stimmung, dass hier eine Exempel statuiert werden soll, dass so gezeigt werden soll, das sogar "friedliche" DemonstrantInnen kriminelle sind.
Gemeint sind wir alle
Dieser Prozess betrifft uns alle. Jeder der auf Demos geht riskiert, festgenommen und angeklagt zu werden, für Taten die er/sie nicht mal begangen haben muss. Das ist warum wir sie unterstützen müssen. Die nächste Verhandlungssitzung ist am 13. Mai.
Kommt alle um zu sehen, wie dieser Staat mit Protest umgeht.

Soliaufruf: http://belgium.indymedia.org/front.php3?article_id=18480&group=webcast
Prozessbericht auf Französisch: http://belgium.indymedia.org/front.php3?article_id=18848&group=webcast
Ankündigung zum Schnellverfahren: http://www.de.indymedia.org/2002/01/14528.html
Kriminalisierung in Europa: http://www.de.indymedia.org/2002/03/17364.html
Bericht einer Legal-Teamerin in Brüssel: http://www.de.indymedia.org/2001/12/12632.html
Homepage: http://belgium.indymedia.org/

[indymedia 11.3.2002]