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“Darf ich noch von der Brücke angeln?”Hamburger Abendblatt 2. März 2007 - Kühlungsborn: Wie sich die Stadt bei Heiligendamm auf den G-8-Gipfel vorbereitet Das Ostseebad ist gerüstet für den Ansturm von 4000 Journalisten. Manager: “Unbezahlbare Image-Kampagne.” Kühlungsborn - Walter Bohnkes größte Sorge gilt seinem Abendbrot. “Darf ich von der Seebrücke in Kühlungsborn angeln, damit ich abends etwas auf dem Teller habe, wenn in Heiligendamm der Gipfel stattfindet?”, fragt der Rentner mit dröhnender Stimme. Polizeiführer Knut Abramowski antwortet lächelnd. “Ich habe nichts dagegen, wenn Sie von der Brücke aus angeln.” Walter Bohnke nickt zufrieden. “Dann bin ich beruhigt, und ihr könnt den Gipfel gerne veranstalten.” Nach Meinung des Rentners aus Kühlungsborn kann also nichts mehr schiefgehen, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen und Russlands vom 6. bis 8. Juni zum Gipfel im Ostseebad Heiligendamm treffen. Aus Sicht der Polizei stellt sich die Lage etwas anders da. Staats- und Regierungschefs seien ständig erheblichen Gefahren ausgesetzt, sagt Abramowski als Chef der G-8-Polizeitruppe. Und an den Ordungshütern sei es, die Sicherheit der Staatsgäste land-, luft- und seeseitig zu gewährleisten. Rund 300 Gäste sitzen an diesem Nachmittag im großen Saal des Morada Resort Hotels Kühlungsborn und hören Abramowski zu. Auf den weiß eingedeckten Tischen brennen Kerzen, das Service-Personal bringt Bier, Rotwein oder grünen Tee. Die Stimmung ist unaufgeregt-sachlich - zur Freude der Grün-Uniformierten. “In Kühlungsborn kann der Betrieb am Strand ungestört weiterlaufen, es gibt kein Badeverbot”, entkräftet der Polizeichef Gerüchte, die durch den Ort schwirren. Jürgen Schulz nützt das aber nichts. Ihm gehört das Wassersportzentrum am Weststrand, er vermietet Boote, organisiert Surf- und Segelkurse. “Kann ich meinem Beruf nachgehen, oder soll ich in der Gipfelwoche meinen Laden schließen?”, fragt der 42-Jährige. “Leider liegen Sie im großen Seesperrgebiet, das wir vom 3. bis 9. Juni ausweisen”, sagt Abramowski. “Sie dürfen nicht aufs Wasser, und der Hafen Kühlungsborn ist dicht.” Vor allem mit massiven Verkehrsbehinderungen werden die 8000 Einwohner von Kühlungsborn während der Zusammenkunft im sechs Kilometer entfernten Heiligendamm rechnen müssen: Straßensperrungen, Staus, Einschränkungen im Personennahverkehr. Der Zaun, den die Polizei konsequent “technische Sperre” nennt, wird das Leben der Menschen nicht ganz so einschränken wie in Heiligendamm. Und die ganze Welt wird von Kühlungsborn, dem größten deutschen Seebad mit 14 000 Gästebetten und 4,6 Kilometer langer Strandpromenade, Notiz nehmen: Hier wird eine Zeltstadt das Pressezentrum beherbergen. Mindestens 4000 Journalisten werden dort arbeiten, die Museumsbahn Molli soll für sie als Shuttle zwischen Heiligendamm und Kühlungsborn rollen. “Wir bekommen damit eine Image-Kampagne, die wir allein nie hätten bezahlen können”, freut sich Peter Brauer. Der 52-Jährige ist Geschäftsführer der örtlichen Touristik-Service-GmbH und hat schon viele Pläne, wie der Ort sich in den Gipfel-Tagen als guter Gastgeber präsentieren soll. “Wir lernen Englisch, organisieren Konzerte und appellieren an Geschäfte und Gastronomie, rund um die Uhr geöffnet zu haben. Ein Friseurbesuch sollte um 23 Uhr möglich sein.” Auch Bürgermeister Rainer Karl (54) betont die große Chance für die Region. “Wir werden zwar nicht viele Kanadier als Gäste haben”, mutmaßt der CDU-Politiker. “Aber die Polizisten aus Bayern kommen zum Gipfeleinsatz und hinterher als Gäste wieder, wenn sie sehen, wie schön es hier ist.” Schließlich darf man ja auch von der Seebrücke angeln . . . |
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