|
Nachbereitung Siko 07indymedia.org 16. Febraur 2007 “Shut down Siko & G8″ - unter diesem Motto gingen wir dieses Jahr gegen die Nato-Kriegskonferenz in München auf die Strasse, bereits zum sechsten Mal. Eine kleine Auswertung. Shut down Siko and G8 - Die Logistik des Krieges blockieren!Nachbereitung der Aktionen gegen die Siko 2007 Wir möchten im Folgenden eineausführliche Einschätzung zu den Aktionen gegen die Sicherheitskonferenz2007 abgeben. Ergänzungen und gegensätzliche Einschätzungen zum gelaufenenWochenende würden uns angesichts der Tatsache, dass bisher auf indymedianicht sehr viel dazu geschrieben wurde, besonders interessieren. Vorfeldgeschichten Die Mobilisierung gegen die Siko 2007 wurde von allen beteiligten Gruppenin München, d.h. im breiten Aktionsbündnis sowie in linksradikalenVorbereitungskreisen, schon von Anfang an wesentlich in den Kontext zurAnti-G8-Mobilisierung gestellt. Das wurde sowohl von bundesweiten als auch vonschweizer und österreicher Zusammenhängen positiv aufgenommen, es ga auch eine Solidaritätserklärung von einem internationalen anti-G8 TReffen in Warszawa. Zur Verbindung der Mobilisierungen wurde nicht nur inhaltlich abstrakt auf die militärische Absicherung kapitalistischer Interessen hingewiesen, sondernin verschiedenen Medien insbesondere zu den Aktionen gegen das Bombodromund zu massenhaften Blockaden des Militärflughafen Rostock Laage aufge- rufen. Dies führte ca. drei Wochen vor der Siko zu einer breiten Repressionswelle gegen linke Strukturen in München (Bereits ausführlich auf indymedia berichtet:1 , Stellungnahme des AutorInnenkollektivs der kriminalisierten Broschüre:2 ). Insgesamt 11 linke Projekte, Betriebe und Privatwohnungen wurden durchsucht, zahlreiche Computer und Mobilisierungsmaterialien wurden beschlagnahmt, neun GenossInnen wurden ED behandelt. Dieser Angriff auf linke AktivistInnen und ihre Kollektivbetriebe sowie auf linke Infrastruktur hatte eine breite Solidarität und einen zusätzlichen Mobilisierungseffekt zur Reaktion. So gab es, neben zahlreichen Soli-bekundungen und -aktionen bundesweit, inMünchen selbst eine spontan organisierte Antirepressionsdemo mit 200TeilnehmerInnen aus den verschiedenen Spektren. Seit diesem Zeitpunkt sind die geplanten Blockaden in Rostock Laage auch über die linke Szene hinaus den Leuten ein Begriff - so war eine der beliebtesten Parolen: “G8 blockieren - keine Frage, wir sehen uns in Rostock Laage” Die bundesweite und internationale Mobilisierung gegen die Siko erhielt durch den bevorstehenden G8-Gipfel zusätzlichen Auftrieb. In München selbst fanden imVorfeld einige interessante inhaltliche Veranstaltungen zu globalem Kriegund der Rolle der NATO statt. Während dieses Jahr leider nur wenig Plakate im Münchner Stadtbild zu sehen waren, funktionierte dafür die Medienarbeitim Vorfeld ganz gut. Auf den verschiedenen Pressekonferenzen wurdenwichtige Punkte zur Mobilisierung gegen die Sicherheitskonferenzvermittelt, z.B. die Verbindung der Mobilisierungen gegen die Siko und den G8, warum wir zu einem geschlossenem Block auf der Demo mobilisieren, sowie Kritik an der Konferenz selbst. Die Mobilisierung gegen die Siko erhielt in diesem Jahr im Vorfeld auch wegen der militanten Aktion von R.A.M.A in Hamburg mehr Aufmerksamkeit von den Münchner Lokalmedien. Negativ fiel uns allerdings ein demobilisierender Artikel in der Jungle World auf, in dem die Bedeutung der Siko heruntergespielt wurde. Ausserdem wurde in einem SZ-Artikel Claus Schreer, und mit ihm die an den Protesten Beteiligten, dif- famiert.Ausserdem lieferte Horst Teltschik mit seinem Zitat “Es ist die Tragik jeder Demokratie, dass bei uns jeder seine Meinung öffentlich vertreten darf und dass man politisch Verantwortliche in einer Demokratie schützen muss. In Diktaturen würde so etwas nicht passieren.” (indymedia: 3) eine Steilvorlage für unsere Kritik an der Militärtagung und disqualifizierte somit nicht nur sein eigenes Gewäsch bezüglich der Siko als “Friedenskonferenz”, sondern auch die naiven Versuche von NGOs wie “Human Rights Watch”, die Konferenz kritisch zu begleiten. Dieses Jahr gab es die gemeinsame Entscheidung des Bündnis- ses,sich auf keine Kooperationsgespräche mit Bullen und KVR im Vorfeldeinzulassen. Diese Haltung war angesichts des repressiven und eskalativenVorgehens seitens der Bullen in den Vorjahren, wozu z.B die Missachtung gerichtlicher Beschlüsse 2006 gehörte, die richtige Entscheidung. Am Dienstag vor dem Siko-Wochenende gab es wieder eine Jubeldemo unter demMotto “Krieg ist geil”, die sich mit bunten Papppanzern und ironischenTranspis durch die Innenstadt bewegte. Knapp 100 Leute nahmen teil, an einem Wochentag, bei durchgängigem Schneeregen und mauer Mobilisierung nicht schlecht. Trotzdem glauben wir, dass die mittlerweile mehrfach wiederholte Aktionsform der Jubeldemo in Augen einiger AktivistInnen ihren Reiz verloren hat. Die Woche vor und während der Konferenz wurden im Convergence Center im Kafe Marat einige Workshops sowie aktuelle Infos zu den geplanten Aktionen angeboten. Es fanden mehrere große Infoplena statt, bei denengemeinsam über Repression und gemeinsames Auftreten auf der Demo informiert wurde. Das CC wurde dieses Jahr von weniger organisierten Gruppen genutzt, auch deshalb fand kein wirklicher Diskussionsprozess statt und es sind diese Jahr keine Aktionen vom CC ausgegangen. Extrem genervt sind wir von den Leuten, die zwei ältere PKWs von AnwohnerInnen demoliert haben. Insgesamt bewerten wir die gemeinsame Organisation des CC aber als sehr positiv. Freitag Der Freitag des Siko-Wochenendes begann mit einer etwas mageren Kundgebung des breitenAktionsbündnisses am Marienplatz. In enger Abstimmung mit der Siko fand an diesem Tag auch die Nordafrika- Mittelost- Finanzierungskonferenz deutscher Wirtschaftslobby- verbände statt,die ein weiteres wichtiges Angriffsziel der Proteste darstellte. Bei dieser Konferenz geht es zum einen darum, den nahen und mittleren Osten als verlängerte Werkbank und Rohstoffquelle wirtschaftlich für das deutsche Kapital zu öffnen, zunehmend aber auch darum Deutschland als Investitionsort für Petrodollars schmackhaft zu machen. Deshalbsetzte sich (im Innenstadtbereich zwischen den beiden Tagungsorten) einegroße Fahrraddemo in Bewegung, die u.a. durch den mit Leucht- schriftausgestatteten Lauti für Aufsehen sorgte. In großen Buchstaben flimmertendie Parolen Samstag Die Großdemonstration am Samstag startete mit einer inhaltlich gelungenenAuftaktkundgebung am Marienplatz. Leider wurde es verpasst, die Mobilisierung gegen die Siko inVerbindung zu den massenhaften Protesten gegen den NATO-Gipfel in Sevilla (4 )und zur Großdemo gegen die NATO-Basis in Vicenza zu stellen, die in zeitlicher Nähe stattfanden. Positiv war unserer Meinung nach auch, dass dieses Jahr im breiten Bündniswieder ein klarer Beschluss gegen Nationalfahnen auf der Demo ausgesprochenwurde. Insgesamt kamen ungefähr 4500 Menschen, d.h. etwa doppelt so viele wie2006. Vor allem die Beteiligung bundesweiter Städtezusammenhänge war diesesJahr stärker, was u.a. einen Grund dafür darstellen dürfte, dass derinternationalistische Block groß (ca. 1000 Leute) und geschlossen war. DerBlock sollte nach einer kleinen repräsentativen Delegation eigentlich ander Spitze der Demo laufen, wurde aber schon bei der Aufstellung von einem ziemlich heterogenenSpektrum von ebenfalls 1000 DemonstrantInnen “überholt”. Diese Problem nächstes Jahr mit mehr OrdnerInnen zu lösen, hielten wir für problematisch - wir wollen nicht, dass der Block ein repressives Moment gegen die eigenen Leute und die Dynamik in der Demo ist. Wir würden vorschlagen, dass sich der Block nächstes JAhr einfach schneller und weiter vorne aufstellt, um dem zu begegnen. Hinter deminternationalistischen Block folgten Blöcke der FAU, von Attac und Friedensbündniss, Es gab noch einen Lauti der SDAJ sowie einen Punker- und einen Reggaewagen. Die Stimmung im internationalistischen Block war unserer Wahrnehmung nachziemlich kämpferisch und offensiv, trotz der Tatsache, dassaus technischen Gründen über weite Strecken der Demo kein Lautsprecherwagenzu hören war. Um so lauter waren wir, es wurden eigentlich dauerend Parolen gerufen. Die Demo wurde allerdings noch viel cooler, als endlichwieder Sound und heizige Parolen vom Lauti zu hören waren. Die Leuteließen sich von den Schikanen eines mehrreihigen Bullenspaliers nichteinschüchtern. Seitentransparente wurden zwar nur kurzweilig durchgesetzt,dafür konnten aber während der Demo Verhaftungen weitgehend verhindertwerden. Zum dritten Mal in Folge mußte auch diesmal wieder ein Bullenhelmdran glauben, der schließlich angekohlt und zerbeult auf einer Stange ausdem Block hochgehalten wurde. Der Block hat sich also z.T. sehr erfolgreichgegen das Vorgehen der Polizei gewehrt. Bei den verschiedenen Versuchen,die Bullen aus der Demo und von der Straße abzudrängen hat unsereDemoleitung den Block tatkräftig unterstützt, was alle ziemlich begeisterthat. Aber auch von der BeobachterInnenstruktur und von den DemoteilnehmerInen die um den Block herum unterwegs waren erfuhren wir im Block viel Unterstützung, immer wieder mischten sich in brenzligen Situationen Leute von aussen ein. Diese Spektrenübergreifende Solidarität ist uns auch dieses Jahr wieder sehr positiv aufgefallen. Allerdings wurde es scheinbar verpaßt, bekannte Zivis im hinteren Teildes Blocks zu outen. Dieses Jahr haben sich viele im Vorfeld Gedanken dazu gemacht, dieinhaltliche Außenwirkung des Blocks zu verbessern. Die große Anzahl anHochtransparenten und Schildern, das “Propaganda-Team”, das mitInfomaterial die Demo am Rande begleitete und direkt auf PassantInnenzuging, sowie die verschiedenen Jingles, die auf den Lautsprecherwägengespielt wurden, sind auf alle Fälle ein guter Anfang, die überwiegend vomBullenspalier, von grün und schwarz uniformierten Gestalten geprägteAußenansicht zu verändern. Den zahlreichen Pressemeldungen, die den Polizeibericht abgeschrieben habenund daher allen Ernstes behaupten, Die Bullenstrategie wäre deeskalativ gewesen, möchten wir die Darstellung einiger Bullenübergriffevor, während und nach der Demo entgegenhalten, die u.a. durch dieMitschriften der BeobachterInnenstruktur aus dem breiten Bündnis rekonstruierbar sind:
Die Kommunikationsstrukturen im Block selbst sind unserer Meinung nachwirklich noch zu verbessern, besonders in Situationen, wenn in einemGerangel mit den Bullen jemand stürzt. In solchen Fällen sollte vielschneller den Leuten in den hinteren Reihen vermittelt werden, dass nichtmehr nach vorne gedrückt werden soll. Ein weiteres Problem sehen wir in der fehlenden Vermittlung des kollektiven Bündnisbeschlusses, die Demo am Stachus aufzulösen. Es wurde im Vorfeld beschlossen, nicht bis zum Lenbachplatz zu laufen. Der Grund war, dass der Lenbachplatz wie gemacht für Kessel ist, und wenig Fluchtmöglichkeiten bietet - in den letzten Jahren (ausser 2006, da endete die Demo am Marienplatz) hatte es dort immer massive Bullenübergriffe gegeben. Um dem zu entgehen, wurde beschlossen die Demo schon am Stachus aufzulösen. Wir halten diese Entscheidung nach wie vor für richtig, sehen aber auch den Kritikpunkt dass das wie ein Einknicken vor den Bullen wirkt. Auch diesmal sehen wir unseren relativ schnellen Abgang des Blocks imNachhinein als nicht gelungen an, obwohl er dieses Mal im Voraus mitverschieden Gruppen abgesprochen war. Trotzdem sei dahingestellt, ob diezahlreichen Festnahmen am Ende der Demonstration durch eine längere Präsenz organisierter Zusammenhänge verhindert wordenwären. Als Hauptkritkpunkt an uns selber in diesem Zusammenhang sehen wir, dass angereiste Sädtezusammenhänge z.T. nicht über die vorzeitige Auflösung informiert waren, und damit am Stachus ziemlich schnell ohne Unterstützung den Bullen gegenüber standen. Ein weitere Vorfall, der ein Schlaglicht auf das sog. deeskalative Vorgehen der Bullen wirft, ereignete sich nach der Auflösung am Stachus. Sechs Leute wurden aufgrund eines angeblich nicht befolgten Platzverweises zunächst einzeln mit Kabelbindern gefesselt, und anschließend mit Drahtseil aneinandergebunden. Sie wurden dann in chain-gang Manier zu Fuss durch die Fussgängerzone zum Polizeipräsidium getrieben, was eine krasse öffentliche Demütigng de Betroffenen ist. Die Repression traf insbesondere AktivistInnen von außerhalb. Einige Busse,z.B. aus Stuttgart, Tübingen und aus Berlin waren bei ihrer Anreisemassiven Vorkontrollen und Polizeiübergriffen ausgesetzt. So wurden 5 GenossInnen aus dem Berliner Bus schon bei der Anreise unter lächerlichen Vorwänden (angebrochene Mercedessterne, eine medizinische Armschiene) festgenommen (5). Auch die Insassen des Busses aus Tübingen/Reutlingen waren massiver Repression ausgesetzt - der Unterhändler der Reisegruppe wurde von den Bullen misshandelt in dem er aus dem Bus gezerrt und mit dem Gesicht auf den Asphalt gedrückt wurde, 7 Personen wurden den Nachmittag über in Gewahrsam genommen (6). Insgesamtwurden 64 Leute während des Wochenendes verhaftet bzw. in Gewahrsamgenommen. Medienecho Während die Medienresonanz der Proteste im Vorfeld der Siko ganz gut war, war die Berichterstattung über die Proteste im Nachhinein auch dieses Jahr katastrophal. Insbesondere deren Fokusauf die, eigentlich meist gelungenen, kreativen Aktionen wirkte sichin der Darstellung entpolitisierend aus. Wiederholt war die Rede von einemfaschingsähnlichem Umzug, einer “narrisch bunten Friedensdemo”. Unsereinhaltlichen Positionen wurden kaum erwähnt, stattdessen wurde derWiderstand verkindlicht, banalisiert oder auch personalisiert. Für die Zukunft ist zu überlegen, wie man am Wochenende selbst bessereMedienarbeit leisten könnte, um dem Informationsmonopol der Bullen etwasentgegenzusetzen. Eine Überlegung wäre ähnlich wie bei anderen Gipfeln einlinkes Pressezentrum während der Proteste einzurichten, um schneller undgebündelter eigene Inhalte und Darstellungen der Aktionen zu vermittlen. Um den Stimmen zu begegnen, die die Bedeutung der Konferenz immer wieder herunterspielen, wollen wir noch ein Schlaglicht auf die Rolle der Siko selbst richten: Dort stritten sich auf einem Podium Politiker aus Pakistan und Afghanistan über die Sicherung der Grenze zwischen beiden Ländern, ausserdem kündigte der pakistanische Aussenminister Masuri die Einführung hochtechnisierter, biometrischer erkennungssysteme an der Grenze an. (7) - wenige Tage später verkündet Steinmeier, dass deutsche Recce-Tornados in Afghanistan auch das Grenzgebiet zu Pakistan überwachen und Militärschläge dort unterstützen sollen. Zusätzlich wurden diese Woche EU-Finanzhilfen bewilligt, um Pakistan die technische Aufrüstung seiner Grenze zu ermöglichen (8). Ausserdem gab das Auswärtige Amt am Samstag des Siko Wochenendes bekannt, dass Kanada deutsche Panzer für den Afghanistan Einsatz leasen will (SZ vom 12.02.07). Diese Beispiele zeigen klar, dass auf die Besprechungen auf der Siko konkrete Militärpolitische Entscheidungen, hier die Intensivierung des Militäreinsatzes in Afghanistan, umittelbar folgen - also, im Gegensatz zu Behauptungen in der Jungle World mitnichten ein uninteressantes Ereignis. Fazit Interessant wäre es, für das nächstes Jahr über Aktionen jenseits von angemeldeten Demos und sorgsam vorbereiter Polizeimassnahmen nachzudenken. Heute ist nicht alle Tage - wir sehen uns in Rostock Laage…. |
Move / Posters / FotosSuchen |