Ostsee Zeitung 08. Februar 2007
Wer kommt für Schäden bei Demonstrationen auf, wer für Umsatzausfälle durch den Gipfel? Die Wittenbecker stellten kritische Fragen.
Wittenbeck Bürgermeisterin Annette Fink hatte nach vorangegangenen Gesprächen mit den Beamten vom G8-Einsatzstab Kavala einen Informationsvorsprung und brachte schon am Beginn der Bürgerversammlung auf den Punkt, was auf die Wittenbecker zukommt: Wohnen ganz dicht am Zaun. Was besonders die Einwohner im Ortsteil Hinter Bollhagen betrifft. Denn der westliche Verlauf der technischen Sperre – so heißt das Ding im Polizeideutsch – erstreckt sich vom Wittenbecker Strand Richtung Wasserwerk und streift dabei fast die Häuser am Hillerweg.
Polizeihauptkommissar Ingolf Dinse umriss einiges von dem, auf das sich die Bürger der Gemeinde Wittenbeck einstellen sollten. Vom 30. Mai bis 9. Juni wird die Landesstraße ab Wasserwerk dicht sein. Der Autoverkehr Richtung Bad Doberan wird dann über Steffenshagen geführt und „dabei wird es durch Polizeikontrollen, Bewegungen von Sicherheitskräften und Demonstranten eng werden“, so der Kavala-Sprecher. Pendler sollten sich auf deutlich längere Fahrzeiten einstellen, wer sein Auto nicht zwingend braucht, es nicht benutzen. Das relativierte dann doch die Grundaussage der Polizei, dass Wittenbeck eine offene Gemeinde bleibt.
Das Seegebiet zwischen Bukspitze bis ein paar hundert Meter östlich von Nienhagen bleibt vom 3. bis 9. Juni für jeglichen zivilen Verkehr gesperrt. Spazieren am und Angeln vom Strand sollen möglich sein. Allerdings wird in diesen Tagen sogar über ein Badeverbot nachgedacht. Und wer sich – auch jetzt schon – in der Nähe des Zaunes beziehungsweise der Zaunbaustelle aufhält, muss ständig mit Polizeikontrollen rechnen, so Dinse. Busse werden weiter fahren, aber auch hier sind längere Fahrzeiten einzuplanen.
Die Wittenbecker – es waren zu den beiden Informationsveranstaltungen vorgestern Abend in der „Nassen Ecke“ insgesamt rund 260 Einwohner gekommen – nahmen diese Informationen eher mit Gelassenheit auf. Vielen von ihnen drückt der Schuh ganz woanders und dabei konnte die Polizei keine befriedigenden Antworten geben. Demonstranten werden kommen – genehmigte und nicht genehmigte. Und es werden Gewaltbereite unter ihnen sein. „Wir werden sehr viele Beamte hier haben, Sie und Ihr Eigentum schützen. Sollte es wirklich zu Zerstörungen kommen, stellen wir die Identität der Vandalen fest. Bei der Schadensregelung gilt das Verursacherprinzip“, so Dinse. Aber wer kommt für Schäden auf, wenn der Verursacher nicht ermittelt wird oder nicht zahlen kann?
Und nicht nur Thudes Zander von der Fayencerie dicht am Zaun fragte, wer für Umsatz- und Verdienstausfälle wegen der Sicherheitsmaßnahmen in der G8-Zeit aufkommt. Auch dazu gab es keine konkrete Antwort. Die Betroffenen werden auf dem Schaden sitzen bleiben. Zanders wird es schon zu Pfingsten treffen. „Kunst offen mit 500 Besuchern, wie sonst, können wir bei der Lage hier vergessen“, so die Keramikerin.
LUTZ WERNER