Guantánamo in Deutschland

Pressemitteilung, 21. August 2007
Bündnis für die Einstellung des § 129a-Verfahrens

Unmenschlicher Umgang mit Beschuldigten
Beschuldigte im § 129a-Verfahren wurden bei ihrer Festnahme krankenhausreif geprügelt und wie Guantánamo-Häftlinge behandelt. Sonderhaftbedingungen in der JVA Moabit erinnern an Isolationshaft.

Am 31.07.2007 verhaftete das BKA Oliver R., Axel H. und Florian L., nachdem sie versucht haben sollen, drei Lastkraftwagen der Bundeswehr in Brand zu setzen. Wie erst jetzt bekannt wurde, kam es in diesem Zusammenhang zu schweren Übergriffen bei der Verhaftung durch das BKA. Weiterhin unterliegen die Beschuldigten extremen Haftbedingungen.

Mit dem Sack über dem Kopf auf der Straße
Wie über die Anwälte bekannt wurde, erfolgte die Verhaftung der Drei nach dem Vorbild schlechtester B-Movie-Action. Einem blitzartigen Überfall gleich wurde die Straße blockiert und das Fahrzeug abrupt zum Stehen gebracht. Dann wurden die Scheiben eingeschlagen und die Insassen durch die herausgebrochenen Fensterscheiben nach draußen gezerrt. Dabei kam es zu Schnittverletzungen an verschiedenen Körperstellen. Durch seinen Anwalt wurde bekannt, dass Florian L. angeschnallt sitzend schwer verprügelt wurde und Prellungen und Schwellungen im Gesicht und an den Rippen erlitt, die später ambulant behandelt werden mussten.

Den Verhafteten wurden Säcke über die Köpfe gezogen, alle drei wurden in dünne, weiße Plastik-Overalls gesteckt und sie mussten gefesselt über einen langen Zeitraum auf der Straße liegen. Am nächsten Tag wurden die Drei und der später festgenommene Sozialwissenschaftler Dr. Andrej H. mit großer medialer Inszenierung im Helikopter nach Karlsruhe geflogen. Oliver R. und Axel H. wurden in den zwischenzeitlich zerrissenen Anzügen dem Haftrichter in Karlsruhe vorgeführt und erst nach Beschwerden der Anwälte bekamen sie normale Kleidung.

Isolationshaftbedingungen
Obwohl keiner der Beschuldigten vorbestraft ist und alle in stabilen sozialen Verhältnissen leben, verhängte der Richter am Bundesgerichtshof Untersuchungshaft mit Sonderhaftbedingungen. Die Gefangenen sind einzeln und von anderen Gefangenen isoliert 23 Stunden alleine in einer 6-8 m2 großen Zelle nebst Toilette und Waschbecken mit kaltem Wasser untergebracht, deren hygienischer Zustand deutlich zu wünschen übrig lässt. Mindestens einem der Gefangenen wurde außerdem während der gesamten ersten Woche der Zugang zu den Duschen verwehrt, da die Anstaltsleitung der JVA angeblich seine Isolierung in den Waschräumen nicht hätte gewährleisten können. Zu den Isolierungsmaßnahmen gehört weiterhin, dass selbst die Anwälte nur durch eine Trennscheibe mit ihren Mandanten reden können.

Letzten Donnerstag wurde Axel H. erstmalig Familienbesuch im Beisein von drei BKA-Beamten genehmigt. Das dortige Szenario als Besuch zu titulieren ist blanker Hohn und hat dem Recht des siebenjährigen Sohnes seinen Vater zu besuchen in keinerlei Art und Weise Rechnung getragen. Der Junge und die Mutter des Kindes saßen an einem breiten Tisch und eine ca. 30 cm hohe Glasscheibe unterband jegliche Möglichkeit für eine herzliche Begrüßung. Neben Axel H. saß auf jeder Seite ein BKA-Beamter, ein weiterer platzierte sich direkt neben seinem Sohn. Dem Sohn wurde nicht gestattet, seinen Vater zu umarmen oder zu berühren. Von dieser Situation derart eingeschüchtert hat der Siebenjährige keinen Ton herausgebracht.

Wir fordern die sofortige Entlassung der Gefangenen aus der Untersuchungshaft, die Einstellung des Verfahrens nach § 129a und die Abschaffung der §§ 129, 129a und 129b.

Bündnis für die Einstellung des § 129a-Verfahrens
c/o Haus der Demokratie und Menschenrechte e.V.
Greifswalder Straße 4
D-10405 Berlin
Deutschland
einstellung [at] so36.net