Hallo, die Camp-AG hat auf ihrem letzten Treffen ein wenig nachgedacht, wie das denn nun mit der Protestiererei und dem Widerstand weitergehen kann. Herausgekommen ist dabei ein:
Vorschlag für einen spektrenübergreifenden großen Strategiekongress im Herbst/Winter 2007
Die Aktionen im Vorfeld und rund um den Gipfel in Heiligendamm haben und werden wie kein anderes Ereignis seit langem die strategischen Koordinaten unserer Kämpfe für eine andere Gesellschaft durcheinanderwirbeln. Allein für den in Deutschland agierenden Teil dieser Bewegung sind Neubewertungen und Analysen wie denn nachhaltiger Protest ablaufen kann unumgänglich. Der massenhafte erfolgreiche Ansturm zum Zaun, die Umgehung einer hochgerüsteten Polizeiphalanx mit weitgehend unkonventionellen und friedlichen Methoden, sind vorher ebenso skeptisch beurteilt worden, wie die Möglichkeit, Massenmilitanz anzuwenden oder dieses als Drohpotential in die Waagschalen zu werfen.
Wir werden kritisch bewerten müssen inwieweit dieser Mix aus unterschiedlichen Protest- und Widerstandsformen
- nur singulär bei Gipfelprotesten funktioniert,
- ob sie überhaupt nachhaltig wirken,
- ob dazu die vergleichsweise starke Internationalisierung der Proteste beigetragen hat,
- inwieweit es der spektrenübergreifende Charakter war, der vieles hat möglich werden lassen,
- ob aber nicht auch zuviele Kräten für die Installierung dieses Bündnisses in Form des Hannoverkreises geschluckt wurden
- und wir werden diskutieren müssen, warum einiges an gewünschten Protestformen, wie Plan B und dezentrale Aktionen nicht in dem gewollten Umfang funktioniert haben.
Wir wollen und können als CampAG diese Fragen nicht als Kollektiv beantworten, uns ist bei unserer Arbeit aber ein Aspekt besonders wichtig gewesen:
das kategorische Beharren auf einem spektrenübergreifenden Charakter der Camps und mithin der Proteste, der nicht gleichschaltet oder bei dem die jeweiligen anderen Spektren rein strategisch instrumentalisiert werden, sondern eben die Vielfalt zugelassen wird, sowie bei dem dieser Charakter als momentan notwendige Form und als Stärke begriffen wird. Diesen Charakter möchten wir auch zukünftig als Transmissionsriemen verstanden wissen um damit der Verwirklichung einer neuen Entfaltung sozialer Kräfte gegen die bestehenden Verhältnisse voranzutreiben. Eine gemeinsame G8-Protestauswertung und Richtungsentscheidung für die nächsten Kämpfe scheint uns dazu unerlässlich.
Derzeit finden in vielen Modulen und in vielen Spektren Diskussionen statt zur Analyse der Ereignisse von Heiligendamm und der daraus folgenden Strategie für die linke und linksradikale Bewegung. Soweit bekannt, treffen sich jetzt Attacies auf deren Sommerakademie, die IL an der Mosel, im September das dissentNetzwerk und vom 18.-21.Oktober findet das Sozialforum in Cottbus statt.
An diese und andere zahlreiche lokale und gruppeninterne Treffen haben wir Erwartungen: Wir hoffen, daß bis zum Herbst damit in dem Auswertungsprozeß der einzelnen Spektren erste Vorschläge erarbeitet werden, - welche strategischen Elemente in unserem Kampf z.B. in 2008 und 2009 elementar sein sollen.
- Welche Teilkämpfe in der Gesellschaft haben unsere besondere Aufmerksamkeit
- oder gibt es Ideen wie wir ein übergeordnetes Ganzes der Proteste schaffen können?
- Haben die Gipfelproteste in Japan 2008 und Sardinien 2009 einen besonderen Stellenwert für uns?
Wenn denn diesbezügliche oder andere strategische Vorschläge und Analyseergebnisse von den einzelnen Spektren in die Debatte geworfen werden, können wir uns als CampAG sehr gut vorstellen, unseren Teil dazu beizutragen, diese Debatte infrastrukturell zu unterstützen. Sprich, wir schlagen vor, Ende Herbst oder Anfang Winter 2007 ein ganz großes mehrtägiges strömungsübergreifendes Debattier-, Strategie- und Netzwerktreffen zu machen.
Erste vorbereitende Gespräche gibt es schon, für diesen Kongress in Berlin Räumlichkeiten zu finden, wenn denn dieser Ort als Kongressort gewünscht wird. Wir wollen uns maßgeblich an der inhaltlichen und organisatorischen Ausrichtung dieses Kongresses beteiligen. Wir haben von vielen TeilnehmerInnen der Camps ein positives feedback erhalten und glauben, uns so auch einiges an Reputation erarbeitet zu haben, um bei der Vorbereitung so eines Treffens den spektrenübergreifenden Charakter gewährleisten zu können.
Da die Vorbereitung eines solchen Kongresses einiges an zeitlichem Vorlauf braucht, bitten wir die jeweiligen Spektren um ein frühzeitiges Feedback über den hier gemachten Vorschlag. Ob ein Wochende Zeit genug ist, die Fülle der Fragen zu diskutieren, oder ob wir uns mittels Brückentagen oder überhaupt in den Winterferien mehr Zeit nehmen sollten, sollte bei diesem Feedback berücksichtigt werden.
Erwartungsvolle Grüße von der Camp AG
edith