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Gipfelperspektiven (Version1.0)Gipfelperspektiven (Version1.0) Gipfelmobilisierung als ein Teil transnationaler Organisierung und Kooperation Vom 6.-8. Juli 2005 wird im schottischen Gleneagles der nächste G-8-Gipfel stattfinden. Verschiedene Gruppen aus Großbritannien haben sich in dem Netzwerk dissent! zusammengeschlossen, um die Proteste gegen das Treffen vorzubereiten, aber auch um eine über den Gipfel hinausreichende Struktur zu schaffen. Mobilisierungen zu Gipfeln sind ein umstrittenes Thema in der Linken. Dies hatte dissent! anfangs dazu bewogen, den theoretischen und eher strategischen Fragen zu Sinn und Zweck von solchen Events im Allgemeinen und den jeweiligen Erwartungen der verschiedenen AktivistInnen im Besonderen viel Raum zu geben. Als 'glocal group hanau', versuchen wir in unserer politischen Arbeit die Verbindung zwischen "global" und "local" zu ziehen. Lokale Schwerpunkte sind einerseits unsere Aktivitäten in einem (kleinen) besetzten autonomen Zentrum sowie die Beteiligung an einer Stadtteilinitiative, wo es u.a. um die Frage eines größeren Sozialen (Stadtteil-)Zentrums geht. Zum anderen bereiten wir gerade eine Kampagne vor, die entlang der Begriffe und inhaltlichen Verbindungslinien zwischen "Aneignung, Migration und Prekarisierung" versucht, sich auf alltägliche lokale Sozialprozesse zu beziehen. 'Globale' Schwerpunkte sind für uns mit den transnational-europaweiten Vernetzungsbestrebungen verbunden: Wir haben die Argumente gegen die Summits, die wir öfters zu hören bekommen haben, mal stichwortartig aufgelistet und geguckt, was wir während verschiedenen Gipfeln ziemlich gut fanden und dem entgegengehalten konnten. Punkte, die häufig gegen Summits angeführt werden, sind: Dem steht aber auch entgegen: Die Punkte, die immer wieder gegen Gipfelmobilisierungen angeführt werden, lassen sich eigentlich in 2 Ebenen unterscheiden. Zum Einen der Rahmen, der durch äußere Umstände bestimmt ist. Der Rahmen führt immer eine Begrenztheit und gewisse Problematiken mit sich, mit denen bei "Globalisierungsevents" häufig nicht zufriedenstellend umgegangen wurde, (wahrscheinlich am deutlichsten zu machen beim Feld Repression) - dieser Rahmen lässt sich allerdings nicht grundlegend ändern und es stellt sich eher die Frage, nach dem angemessen Umgang damit. Als andere Ebene dann die Punkte, die auf vergangenen Gipfeln immer wieder mies oder eben gar nicht gelaufen sind, die sich aber prinzipiell ändern lassen könnten. Viele der Kontrapunkte gelten zudem für alle möglichen Arten von größeren Mobilisierungen (1.Mai´s, Heiße(r)Herbst(e),), trotzdem werden große Mobilisierungen immer wieder gemacht. Das drückt den Widerspruch aus, dass "Events" nicht das Ende der Fahnenstange aber trotzdem nötig sind. Dazwischen gilt es sich zu bewegen. Wenn nur auf eine Karte gesetzt wird, ist das Scheitern schon inbegriffen. Bei der gnadenlosen Fixierung auf Events mit der Logik von immer größer werdenden Demos (entweder bis "die da oben" einlenken oder bis zum großen, finalen Knall) wird die Komplexität der gesellschaftlichen Organisierung völlig unterschätzt, genauso wie die Aufstandsbekämpfung des Staates. Ebenso eine Einbahnstraße bleibt aber das Fixieren auf lokale Aktivitäten. Hier ist letztendlich der Weg ins völlige Sektieren vorgegeben. Wer sich keine Impulse von außerhalb holt, kann sich zum Schluss nur noch auf sich selbst beziehen - inhaltlich, praktisch, personell und räumlich. Aber haben auf der anderen Seite die aufgeführten positive Aspekte wirklich diese Dimension? Ist es nicht lächerlich wenn ach so ernsthafte politische AktivistInnen/Revolutionäre/autonome Subjekte wie wir diese Gefühle von "Boah-sind-wir-heute-aber-wieder-viele" und/oder von "Heute-knallts-aber-endlich-mal-wieder" so nötig haben? In unserer politischen Situation - zumindest in Deutschland -ist es überhaupt gar keine Selbstverständlichkeit viele Leute zu sein (Viele die zudem noch entschlossen sind schon mal überhaupt nicht). Die meiste Zeit in unserem politischen Handeln stehen wir - gelegentlich sogar gewollt - isoliert da. Unsere Erfahrung ist es ja auch, dass eine große Menge von uns in einem bestimmten Alter schließlich resigniert, aus politischer und persönlicher Perspektivlosigkeit. Die Erfahrungen und Inspirationen auf Gipfeln können da als 'Tankstelle' genutzt werden für die lokalen und alltäglichen Kämpfe. Bei verschiedenen Projekten mit transnationalem Anspruch, wie etwa den No-Border Camps, den Sozialforums- und PGA-Konferenzen, diversen Karavanen und Touren, und auch bei den global/european action days lassen sich sicherlich eine Menge dieser Erfahrungen und Organisierungsansätze machen, aber doch sicherlich nicht in dieser Breite (Mengenmäßig wie Bündnismäßig) und oft auch nicht in dieser Intensität wie bei einem großen, gelungenen Gegengipfel (Ausnahmen bestätigen die Regeln). Gipfel können eine Chance sein. Sie müssen es nicht. So wichtig und richtig bestimmte Kritiken sind, so wichtig scheint es uns, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten und die Gipfelmobilisierungen nicht vollkommen sein zu lassen. Statt dessen sollte versucht werden, durch die richtige Kritik an den Unzulänglichkeiten der Gipfelmobilisierungen, die "Bewegung der Bewegungen" in einen produktiven Prozess umzusetzen. Dies könnte z.B. bedeuten, der Unzulänglichkeit der summits über die Vernetzung und damit einer erhofften verbindlichen Strukturbildung entgegenzuwirken, wofür PGA als globaler und dissent! als regionaler Ansatz stehen. Diesen Prozess zu unterstützen, muss auch bedeuten, andere transnationale Projekte zu powern, die ja schließlich oft eine wesentlich größere inhaltliche und persönliche Tiefe entwickeln. Wobei für uns momentan die Bestrebungen zum euromayday in einem solchen Zusammenhang steht. Unser Eindruck ist allerdings, dass gerade bei den meisten engagierten KritikerInnen der Gipfelbewegung kein anderer transnationaler, globaler Bezug aufgemacht wird, der eine wirkliche Alternative dazu böte. Welche Perspektive haben unsere Kämpfe aber überhaupt, wenn wir sie nicht - wie es das Kapital schon seit einiger Zeit tut - praktisch globalisieren? Und das über einen, zwar immer proklamierten aber doch nur punktuellen Internationalismus der vergangenen Jahrzehnte hinaus. Ist denn nicht die Globalisierung von unten, die transnationale Kooperation der Widerständigen die einzige Perspektive, die einer ernsthaften emanzipativen Bewegung bleibt? Wo ganze Landstriche zu verlängerten Werkbänken der Industrie werden, wo Existenzängste von Lohnabhängigen durch die globale Standortdebatte gegeneinander ausgespielt werden und wo bei Gipfeltreffen Entscheidungen für Milliarden Menschen getroffen werden, können Kämpfe nicht mehr isoliert betrachtet werden. Wenn wir uns selbst ernst nehmen und unser Wohl nicht standortnationalistisch über das von anderen stellen, dann müssen wir die Herausforderung annehmen, die Kämpfe inhaltlich und praktisch aufeinander zu beziehen. Neben vielen anderen möglichen Feldern, die aber leider zu selten praktiziert werden, bieten sich hierfür die Mobilisierungen zu Gegengipfeln, als inhaltliche und praktische, temporäre Zuspitzung eben an. Deswegen beteiligen wir uns, als glocal group hanau, trotz aller Beschränktheit der Gipfelevents weiter an Mobilisierungen, wie jetzt auch wieder gegen den g8 in Schottland. Denn bisher zeigt sich für uns noch kein anderes Feld, welches die Gipfelevents als ganzes ersetzen könnte. glocal group hanau/pga infopoint |
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