Feuer und Farbe für den Götterboten!

Dokumentation
Unter diesem Motto haben wir Ende September 2006 Gerd-Uwe Baden, Vorstandsvorsitzender der EULER HERMES- Kreditversicherung Deutschland, Süllbergterrasse 10 in Blankenese, und Stefan Schiebeler, Niederlassungsleiter von HERMES in Hamburg, Renettenweg 19 in Sasel, besucht.
Dem Haus Süllbergterrasse 10 haben wir dabei eine neue farbliche Gestaltung verpaßt, während wir bei Stefan Schieber Feuer an seinen Mercedes legten.
Zu den Gründen:
In den nächsten Wochen wird die Entscheidung fallen, ob die Bundesregierung eine HERMES- Bürgschaft für die Errichtung des llisu- Staudammes in der Türkei bewilligt. Mit unserer Aktion wollen wir den Widerstand gegen das llisu Projekt praktisch unterstützen. Wir wollen aber auch auf all gemeiner Ebene die Rolle, die Exportbürgschaften im globalen Ausbeutungsprozess spielen, thematisieren und ihre Bedeutung als Instrument imperialistischer Deutscher Politik sichtbar machen. Nicht zuletzt wollen wir einen Beitrag leisten zur militanten Mobilisierung gegen den G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm.
Der llisu Staudamm
Das geplante llisu-Projekt in der Türkei ist Teil des so genannten “Südostanatolischen Projekts“ (GAP), das den Bau von 22 Staudämmen mit 19 Wasserkraftwerken umfaßt, die 30% des türkischen Energiebedarfs liefern sollen Die Gesamtkosten belaufen sich auf 32 Milliarden Euro. Neben dem 1992 fertig gestellten Atatürk- Staudamm am Euphrat ist der llisu-Staudamm am Tigris das größte Teilprojekt innerhalb des GAPS. Bereits für den Bau des Atatürk-
Dammes wurden 60.000 Menschen zwangsumgesiedelt und ihrer Existenzgrundlage beraubt, versprochene Entschädigungen wurden nie aus gezahlt. Nun droht weiteren 50-60.000 Menschen, die noch in der Region um den geplanten llisu-Staudamm leben, das gleiche Schicksal. 20.000 Bewohnerlnnen der Region wurden bereits im Zuge des Krieges gegen die PKK von der türkischen Regierung zwangsumgesiedelt.
Lokale und internationale Proteste hätten das llisu-Projejekt in der Vergangenheit fast gekippt, als sich 2002 die beteiligten Firmen und Banken zurückzogen. Unter maßgeblicher Beteiligung der deutschen Baufirma Züblin hat sich nun jedoch ein neues Konsortium gebildet.
An den Gründen für den Widerstand gegen das Projekt hat sich nichts geändert. Neben der Tatsache, das die antike Stadt Hasankeyf im Stausee versinken würde und die Erfahrung mit anderen Staudammprojekten vergleichbarer Größenordnung enorme ökologische Folgen für die gesamte Region vorhersehen lassen, drohen durch die Staudämme auch internationale Konflikte. Irak und Syrien sind auf Euphrat und Tigris als Wasseradern angewiesenen. Durch die geplanten Staudämme erhielte die türkische Regierung die Kontrolle über den Wasserzufluss in diese Länder. Den Abschluss von internationalen Verträgen mit Irak und Syrien über eine gemeinsame Kontrolle der Wasserverteilung lehnt die Regierung des NATO-Mitglieds Türkei bisher ab und versteht sich als allein Verfügungsberechtigte über diese strategische Wasserresource. Die Proteste gegen den Bau des llisu Dammes, der Anfang August offiziell begonnen wurde, haben in den vergangenen Monaten zugenommen. Konkret fordern die Bewohnerlnnen des Staudammgebietes die Ablehnung des HERMES Exportbürgschaftsantrages, den die Firma ZÜBLIN bei der Deutschen Bundesregierung gestellt hat. Über den Antrag soll in den kommenden Wochen entscheiden werden.
HERMES Bürgschaften
International operierende Firmen können zur Risikoabsicherung ihrer Geschäfte eine Ausfallbürgschaft bei der Bundesregierung beantragen. Ein “Interministerieller Ausschuss“ (IMA) ‚ in dem Vertreterinnen des Wirtschafts-, Finanz-, Außen- und Entwicklungshilfeministeriums“ zusammen sitzen, entscheidet über die Bewilligung. Die Abwicklung der Bürgschaften übernimmt dann die EULER-HERMES - Kreditversicherungs -AG, in manchen Fällen auch PRICE WARTERHOUSE COOPERATION.
Die Allianz-Tochter EULER-HERMES ist einer der größten Kreditversicherer weltweit. 2004 erreichten die Exportbürgschaften einen Umfang von 21 Milliarden Euro, hauptsächlich für Geschäfte deutscher Firmen in China, Russland, der Türkei und dem Iran. Der Bundesregierung liefern die Exportbürgschaften die Möglichkeit, Großkonzerne wie Siemens, EADS oder Thyssen-Krupp zu subventionieren und global konkurrenzfähig zu machen. Sie werden aber auch strategisch eingesetzt, um Projekte zu fördern, die der imperialistischen Politik wichtig erscheinen und der Sicherung ihrer Interessen dienen. So wurden in den 80er und 9OerJahren nur für die Ausrüstung der Armee des NATO- Partners Türkei mit deutschen Fregatten, U Booten, Schnell- und Patrouillenbooten Exportbürgschaften in Höhe von 3 Milliarden Euro an die deutschen Kriegswerften von HDW, Blohm & Voss und Thyssen vergeben. Exporte von U-Booten für Indien, Argentinien und Indonesien oder Korvetten für Malaysia wurden mit milliardenschweren Bürgschaften gefördert Im strategisch immer wichtiger werdenden Energiesektor profilierte vor allem Siemens von den Exportbürgschaften sowohl für den Neubau und die Modernisierung von AKWs in China, Argentinien, Slowenien und der Ukraine, als auch für Riesenstaudämme z.B. in Indien. Eine 70 Millionen Euro Bürgschaft wurde 2001 trotz Uneinigkeit im IMA durch den so genannten “Kanzlerentscheid“ für Siemens lockergemacht, um den umstrittenen Theri Staudamm am Ganges, nördlich von Neu-Delhi, zu bauen. So wie jetzt beim türkischen llisu- Projekt gab es in Indien vehemente Proteste gegen die Zwangsumsiedelung von 100.000 Menschen, wegen der mangelnden Absicherung des Dammes gegen Erdbeben und der Unterschlagung von zugesicherten Entschädigungszahlungen für die betroffenen Menschen.
Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Proteste gegen Großprojekte, an denen Deutsche Firmen mit HERMES- Bürgschaften beteiligt waren, wurde während der Zeit der rot-grünen Bundesregierung der klägliche Versuch gemacht, die Vergabe von HERMES- Bürgschaften an die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards zu binden. In der Praxis hat sich sehr schnell gezeigt, dass schwammige Erklärungen der Investoren ausreichten, um das Geld fließen zu lassen. Die Prüfung der Mindeststandards liegt in der Verantwortung der Unternehmen. Wenn eine Finanzierung durch HERMES- Bürgschaften mal nicht zustande kam, dann lag es nicht an der Unvereinbarkeit mit irgendwelchen Standards, sondern an real existierenden politischen Kräfteverhältnissen. Und die können sich schnell ändern. Zum Beispiel galt in den letzten Jahren eine Förderung von Atomtechnologieexporten noch als nicht opportun hatte Siemens trotzdem für den Bau eines neuen Druckwasserreaktors in Finnland eine Förderung beantragt, diesen Antrag aber schnell wieder zurückgezogen. Es war ein ungünstiger Moment für solche Provokationen, denn in der Regierung herrschte dicke Luft. Unmittelbar zuvor hatte Gerhard Schröder versucht, den Verkauf der Haunauer Plutoniumfabrik von Siemens nach China einzufädeln. Seine grünen Koalitionskolleglnnen waren zwar empört, gescheitert ist das Projekt aber an der Intervention der US-amerikanischen Regierung.
Inzwischen haben sich die. politischen Kräfteverhältnisse bezüglich des Atomausstiegs weiter verschoben und es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Regierung den Export von Atomtechnologie wieder für förderungswürdig hält.
Außer den HERMES -Bürgschaften existieren eine Reihe weiterer Möglichkeiten, das Geschäftsrisiko für Exporte oder Investitionen in die politisch instabilen aber ökonomisch und strategisch interessanten “emerging markets“ mit Steuergeldern abzusichern. Neben der staatlichen KfW-Bank (deren Rolle beispielsweise bei der Erschließung und Finanzierung von Kupferminen im Zusammenhang mir dem Anschlag auf den Vorstandschef der Norddeutschen Affinerie im Ietzten Jahr von Genossinnen erwähnt wurde) können auch die Europäische Bank für “Wiederaufbau und Entwicklung“ oder die Weltbanktochter “International Finance Cooperation“ in Anspruch genommen werden, in deren Entscheidungsgremien auch wieder wohl gesonnene Delegierte der Bundesregierung Sitz und Stimme haben. Und wenn es mal überhaupt nicht klappt, gibt es immer noch die gute alte Deutsche Bank. Sie finanzierte z.B. für Siemens, VEW & Bayernwerk die Errichtung des Maheshwar Kraftwerks im Narmadatal in Indien, nachdem eine HERMES -Bürgschaft nicht zustande gekommen war.
Auch dort herrschten die gleichen elenden Verhältnisse, wie sie bei vergleichbaren Projekten immer wieder festzustellen sind:
30.000 Familien wurden in eine unbewohnbare Stadt zwangsumgesiedelt; mitten in der Wüste gebaut, hatten die Häuser keine Dächer und sanitäre Anlagen, es gab weder Schulen noch Krankenhäuser.
Entschädigungszahlungen für Landenteignungen wurden unterschlagen, Proteste mit Gewalt unterdrückt.
Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007
Wir verstehen unsere Aktion gegen EULER HERMES als Beitrag zur militanten Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm. Wir wollen mit dieser Initiative Strukturen globaler Ausbeutung und Unterdrückung sichtbar machen, angreifen und einen konkreten Bezug zu den Kämpfen der Menschen in der Türkei, Indien oder in China gegen die Staudammprojekte herstellen. Eine unmittelbare Verbindung zwischen diesen Kämpfen ist die Beteiligung deutscher Firmen und die Risikoabsicherung durch HERMES -Bürgschaften der Bundesregierung.
Ein gemeinsamer Adressat dieser verschiedenen Kämpfe ist die EULER HERMES AG mit ihrem Sitz in Hamburg.
Solidarität mit dem Widerstand gegen llisu!
HERMES zerlegen!!
G8-Treffen fluten!!

Gruppe “Unheilige Allianz Dammbruch“, September 2006