indymedia 31. Mai 2007
Ich wurde in Hamburg wegen einer Videoprojektion mit G8 kritischem Inhalt auf den Fernsehturm vorläufig festgenommen und meine Ausrüstung wurde beschlagnahmt. Dies ist im Vergleich zu den bisherigen Polizeiaktionen in Hamburg wie Hausdurchsuchungen, Verletzung des Briefgeheimnisses und den Verhaftungen bei Demos eigentlich gar nicht erwähnenswert, es zeigt aber noch einmal deutlich, dass friedlicher Protest nicht toleriert und wirklich jeglicher Protest kriminalisiert wird.
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Mi, 23. Mai 2007 - Gedächtnisprotokoll
01:15
Ich komme mit meinem Fahrrad am Fuß des Fernsehturms an und baue meine Ausrüstung Ecke Karolinenstr. und St. Petersburger Straße auf. Nicht versteckt im Schein einer Straßenlaterne ist der Projektor, der Computer und der Camcorder gut zu sehen.
01:30
Ich beginne via Graphik-Tablett auf dem Fernsehturm zu zeichnen. Neben Lichtschattierungen und kleinen Comics male ich auch einen NO-G8 Schriftzug in Farbe.
gegen 03:00
Ich schneide ein S/W-Bild vom Zaun um Heiligendamm aus und projiziere dieses auf den Turm.
2 Streifenwagen kommen an. Ein Polizist fragt mich, was ich hier mache. Ich antworte: „Eine Projektion“. Ich werde aufgefordert sofort alles auszumachen und mich auszuweisen. Ich schalte den Projektor sofort aus und suche meinen Pass in meinem Jackett. Ich werde aufgefordert meine Hände aus den Taschen zu nehmen. Ein Polizist will den Ausweis selbst aus der Tasche nehmen. Ich werde aufgefordert auch das Aggregat auszumachen. Auf die Bitte diesen noch kurz anzulassen, damit die Lampe nicht kaputt geht werde ich angeschrieen: „Machen Sie das Ding jetzt aus, ist uns doch egal“. Ich schalte den Generator ab.
Nun werde ich durchsucht und abgetastet.
Auf die Frage, was denn jetzt los sei, werde ich darauf hingewiesen, dass G8-Gipfel ist. Und ich ja Protest gemacht habe. Ich Widerspreche nicht und gebe zu, dass es sich auch um Protest handelt und weise auf Artikel 5 des Grundgesetzes hin.
Ich bin vorläufig festgenommen und meine ganze Ausrüstung ist beschlagnahmt.
Es werden noch 2 Streifen angefordert und ich werde am Fahrzeug noch einmal durchsucht. Ein weiterer Polizist bestätigt beim Gespräch mit seinem Kollegen, mich schon vor einer Stunde gesehen zu haben, jedoch keinen Grund hatte, Maßnahmen eingeleitet zu haben.
gegen 03:30
Ich werde mit dem Streifenwagen ins Polizeikommissariat 14, Caffamacherreihe 4 gebracht. Dort werden Wertsachen abgenommen und ich werde erneut abgetastet. Ich werde in eine Zelle geschlossen.
gegen 03:45
Aufnahme meiner Wohnadresse.
gegen 04:00
Ich werde informiert, wie es weiter geht: Es folgt eine Abklärung des Sachverhaltes und wahrscheinlich eine Beschlagnahmung meiner Ausrüstung.
gegen 04:30
Ich werde informiert, dass ich gehen kann. Es wird keine Anzeige geben, jedoch wird ein Bericht geschrieben. Meine Ausrüstung kann ich sofort wieder zurück haben. Es wird mir verboten wieder zum Fernsehturm zu gehen und heute Nacht nochmals zu projizieren. Dann würde die Ausrüstung beschlagnahmt werden.
Ein Grund der Festnahme wurde nicht genannt.
Ich erhalte mein Fahrrad, Anhänger und Ausrüstung zurück, überprüfe sie kurz und zeichne sie gegen. Ich lasse mir noch von einem Polizisten die Vorgangsnummer geben und mache mich auf den Heimweg.
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Bemerkung
Ich habe Recht nicht studiert, deswegen können folgende Einschätzungen von mir falsch sein:
Ich selbst berufe mich bei solchen Aktionen auf das Grundgesetz Artikel 5: [Meinungs-, Informations-, Pressefreiheit; Kunst und Wissenschaft]
„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. ...“
Das korrekte Vorgehen der Polizei wäre es gewesen mich zu fragen, ob ich ein Sondernutzungsrecht habe. Da ich keines vorweisen kann, hätten Sie mir die Projektion untersagen müssen, und dann, falls ich doch bleibe, hätten sie das Recht gehabt, die Ausrüstung zu beschlagnahmen.
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Video
Aus der Videoaufzeichnung der Projektion im Zeitraffer und der Tonspur der Verhaftung wurde folgendes Video erstellt. (Die Polizei hat den Camcorder nicht ausgestellt, und somit ist meine Verhaftung dokumentiert und die Gespräche der Polizei nachdem ich schon mit der Streife abgeführt worden bin. Sogar das Einladen der Ausrüstung wurde aufgenommen?!)
Hier der Link für das Video in Mpeg-2, 2000 kbps, 3:30, 56 MB: www.g8egen.net/g8/Projektion_Zeitraffer.mpg