attacBerlin 28.05.2007
Gezielte Kriminalisierung wegen Bezugnahme auf die G8
Beim gestrigen Umzugs des Karnevals der Kulturen wurden 4 AktivistInnen von attac Berlin gleich zu Beginn der Umzugsroute von der Polizei gestoppt und aufgefordert, den Zug für eine nähere Überprüfung zu verlassen. Als Begründung wurde angegeben: "Sie haben hier was mit G8-Bezug dabei". Hinter einer Absperrung wurden die Personalien der vier AktivistInnen aufge- nommen und mit einer Datenbank abgeglichen. Die polizeiliche Maßnahme dauerte ca. 20 Minuten.Die Aktivistinnen und Aktivisten der Arbeitsgruppe "Internationale Finanzmärkte" von attac Berlin trugen einen Papp-Drachen, der die Auslandsverschuldung der Entwick- lungsländer symbolisierte. Verdeutlicht mit einem Schild "G8" fraß er im Autrag der Gläubiger die öffentlichen Güter der Ent- wicklungsländer von einem silbernen Tablett: einen Erste-Hilfe-Koffer, eine ABC-Schultüte und ein Schulbuch.
Die AktivistInnen waren der Einladung des Wagens 62 (der
Städtepartnerschaft von Kreuzberg mit San Rafael del Sur, Nicaragua) und des entwicklungspolitischen Netzwerks INKOTA gefolgt, zusammen mit einem guten halben Dutzend weiteren Großpuppen-Trägern. Die etwa acht Meter lange Drachen-Großpuppe war bereits Bestandteil einer Aktion anläßlich
des G8-Finanzmister-Treffens vor 10 Tagen. Wie schon dort, "fraß" der Schulden- Drache öffentliche Güter Seitlich führten die Aktivisten ein Transparent mit der Aufschrift "Verschuldung frisst Entwicklung ? Schulden streichen" mit sich. Eine große attac-Fahne sowie offizielle Bündnis- Plakate, die für die Demo gegen den G8-Gipfel am 2. Juni warben, komplettierten die angeblich strafverdächtige Aussage der Gruppe. Von den anderen Gruppen, deren politische Aussagen sich nicht direkt auf die G8 bezogen, wurde keine behelligt.
"Ein Schild mit der Aufschrift "G8" zu tragen reicht offenbar aus, um von der Polizei einer Straftat verdächtigt zu werden" kommentiert Philipp Hersel von attac Berlin das Vorgehen "So funktioniert
Einschüchterung konkret: Man wird ausgesondert, unter Rechtfertigungsdruck gesetzt, mit Fragen bedrängt ohne von der Polizei Antworten zu bekommen und nachher im Ungewissen darüber gelassen, in welche Datenbank man eingetragen wurde." Selbst wollten die Polizisten nicht überprüfbar sein. Nach Angaben der Aktivisten waren sie nicht bereit, ihre Dienstnummern anzugeben, sie verwiesen lapidar an die
Einsatzleitung â?? die lief an der Spitze des Zugs, für die festgehaltenen Aktivisten unerreichbar.
Viele Teilnehmer und Zuschauer des Karnevals der Kulturen, die Zeugen des Vorgehens der Berliner Polizei wurden, äußerten ihr Unverständnis, einige protestierten direkt bei den Polizeibeamten.
Der Vorfall ist nach Auffassung von attac Berlin ein weiterer Beleg für die willkürliche und rechtswidrige Einschränkung der Demonstrationsrechts im Vorfeld des G8-Gipfels.
"Das Vorgehen der Berliner Polizei steht im Einklang mit der beispiellosen Kriminali- sierung durch den zuständigen Einsatzleiter der Bundespolizei für den G8-Gipfel" sagt Carl-Friedrich Waßmuth von attac Berlin. Polizeiführer Hans-Georg Lison, hatte öffentlich "etwa zehn Prozent Gewalttäter" erwartet und so versucht, die Stimmung aufzuheizen (Tagesspiegel, 20.05.2007). "Wenn man Herrn Lisons Zahlen zugrunde legt,
wären das bei den erwarteten 100.000 Demonstranten 10.000 Gewalttäter.
Da kann man schon mal anfangen, jeden zu überprüfen, der ein G8-Schild trägt."
Weitere Informationen:
Der kriminalisierte Drache bei der G8-Finanzministerkonferenz in
Potsdam-Schwielowsee am 18. Mai
http://www.attacberlin.de/index.php?id=42&tx_ttnews[tt_news]=287&tx_ttnews[backPid]=19&cHash=b12724e986
Fotos von anderen Grosspuppen im Vorfeld der G8-Proteste
http://wto.gerechtigkeit-jetzt.de/index.php?option=com_content&task=view&id=104&Itemid=125
http://www.attacberlin.de