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“Die rechtlichen Argumente sind auf unserer Seite”Telepolis 22. Mai 2007 Peter Nowak 22.05.2007 Mit Hochdruck arbeiten Juristen an Klagen gegen die flächendeckenden Demonstrationsverbote rund um den Gipfel von Heiligendamm. Der Berliner Rechtsanwalt Claus Förster vertritt gemeinsam mit Rechtsanwalt Eberhard Schultz die Antragsteller gegen das Demonstrationsverbot um den Flughafen Rostock-Laage (Die “internationalen Interessen” Deutschlands gegen die der Demonstranten). Wie werten Sie diese Verbotsverfügung juristisch? Claus Förster: Ich sehe darin eindeutig einen Verstoß gegen den Paragraphen 15 des Versammlungsgesetzes. Allerdings ist juristisch generell umstritten, ob mit solchen Allgemeinverfügungen in das grundrechtlich geschützte Versammlungsrecht eingegriffen werden kann. Dabei muss es um eine konkrete Versammlung mit konkreten Verdachtsmomenten gehen. Bei den Verboten rund um den G8-Gipfel in Heiligendamm handelt es sich dagegen um eine Allgemeinverfügung, mit der zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Region alle Demonstrationen generell verboten werden. Eine Einzelfallprüfung wird hier nicht mehr vorgenommen. Gab es solche Maßnahmen schon früher? Claus Förster: Ja. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Castortransporte ins Wendland die Rechtmäßigkeit einer solchen Allgemeinverfügung bestätigt. Im Unterschied zu den Protesten in und um Heiligendamm war in Gorleben allerdings eine wesentlich kleinere Fläche zur versammlungsfreien Zone erklärt worden. Es handelte sich dort um ca. 100 Meter. Das Gericht begründete die Rechtmäßigkeit des Versammlungsverbots damit, dass sich die Proteste auch außerhalb dieser Zone noch in Hör- und Sichtweite der Adressaten befinden. Genau dieses Kriterium würde in unserem Fall nicht mehr gelten, da die Verbotszone mehrere Kilometer umfasst und die Adressaten des Protestes dann davon nichts mehr mitbekommen würden. Ist das ihr Hauptargument für die Aufhebung des Versammlungsverbots vor dem Flughafen Rostock-Laage? Claus Förster: Es gibt mehrere Argumente. Die zentrale Frage, die dabei zu entscheiden ist, lautet, warum die Demonstranten nur an diesem Ort ihren Protest Ausdruck verleihen können. Wir argumentieren, dass für die Versammlungsteilnehmer der Flughafen Rostock-Laage als Demonstrationsort sehr wichtig ist. Einmal wegen der militärpolitischen Bedeutung des Flughafens und zweitens, weil von dort die Staats- und Regierungschefs, die am G8-Gipfel teilnehmen, landen und starten werden. Aber könnte nicht gerade der Aufruf zu einer Blockade des Flughafens eine Bestätigung des Demonstrationverbots begünstigen? Claus Förster: Tatsächlich spielt in der Allgemeinverfügung das Argument eine tragende Rolle, dass mit einer Blockade der Flughafen dicht gemacht und damit der Gipfel gefährdet wird. Dabei werden Zitate aus Aufrufen aus dem Internet aufgebauscht und überbewertet. Die Planungen der Organisatoren laufen in erster Linie auf eine Demonstration hinaus. Doch selbst bei einer Blockade des Flughafens wäre der Gipfel keineswegs gefährdet. Es gibt Urteile verschiedener Gerichte, die eine Blockade dann als legitimes Protestmittel bezeichnen, wenn sie in erster Linie kommunikativen Zwecken dient, dass heißt, wenn damit auf ein gesellschaftliches oder politische Problem aufmerksam gemacht werden soll. Im Falle einer Blockade in Gorleben hat ein Gericht entschieden, dass eine Blockade selbst dann ein legitimes Protestmittel darstellt, wenn als Nebenfolge die Verteuerung der Castortransporte bezweckt werden soll. Dann müssten Sie doch sehr optimistisch sein, die Klage zu gewinnen? Claus Förster: Juristisch sind die Argumente sicher auf unserer Seite. Aber es wäre auch lebensfremd zu glauben, dass die Richter unbeeindruckt von der politischen Großwetterlage ihre Entscheidungen fällen. Es wird durch die aktuelle Debatte ein großer politischer Druck zur Bestätigung des Verbots aufgebaut. Es wird sich zeigen, wie weit die Richter diesem Druck nachgeben. Wie sieht der weitere Instanzenweg aus? Claus Förster: Die Seite, die beim Verwaltungsgericht Schwerin verliert, kann dagegen vor dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschwerde einlegen. Dann wäre der normale Instanzenweg ausgeschöpft. Es bliebe dann nur noch eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? Claus Förster: Da es hier keine Fristen gibt, ist es möglich, dass eine Entscheidung erst unmittelbar vor Beginn der Proteste verkündet wird. Wir drängen natürlich auf eine schnelle Entscheidung. Schließlich haben die Sicherheitsbehörden die Verbotsverfügung schon länger vorbereitet, die Veröffentlichung aber hinausgezögert. Damit haben die Behörden den Eilbedarf, mit dem sie bei der sofortigen Vollstreckung der Verfügung argumentieren, selber zu verantworten. Es ist aber auch möglich, dass die Demonstrationen verboten bleiben und dieses Verbot im nachhinein für unrechtmäßig erklärt wird? Claus Förster: Es ist grundsätzlich möglich. Wir werden alle juristischen Mittel ausschöpfen, dass wir mit dem einstweiligen Rechtsschutz Erfolg haben. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung später fällt. Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25333/1.html |
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