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Ein Aufruf für einen gemeinsamen und solidarischen Umgang mit staatlicher RepressionGemeint sind wir alle! Am 9. Mai ist es in 40 Privatwohnungen und linken Projekten zu Hausdurchsuchungen unter dem Vorwurf der "Bildung einer terroristischen Vereinigung" gekommen. Es ist mittlerweile offenkundig, dass diese Repressionswelle ein weiterer Schritt der Einschüchterung und Kriminalisierung von linken GipfelgegnerInnen ist. Wir denken in diesem Zusammenhang auch an das Verbot des Sternmarsches, der reichlich Kritik am 7. Juni nach zum Kempinsky Hotel nach Heiligendamm bringen wollte oder an das agressive Vorgehen der Polizei im Hamburger Schanzenviertel, während und am Abend der bundesweiten Hausdurchsuchungen oder an die geplante "Allgemeinverfügung", die Demonstrationen schon bis zu zwei Kilometer vor dem Zaun verbieten soll. Wir warten nur noch darauf, dass der Staat, der mit seiner Pleiterazzia gegen GipfelgegnerInnen mächtig in Verlegenheit geraten ist, gefälschte Beweise für die unhaltbaren Anschuldigungen vorlegt. Das wäre nicht das erste mal im Vorfeld eines Gipfelprotestes. Das einschüchternde Vorgehen von Bundesanwaltschaft und Polizei hat System und weist viele Parallelen zu vorherigen G8 Gipfeltreffen auf. Insbesondere die widerkehrden Verleumdungen, z.B. linksradikale oder GipfelgegenerInnen würden planen Politiker umzubringen sind nicht neu und sollen ein antikritisches Klima schüren, welches alle betrifft die sich nicht damit abfinden möchten, wie die Welt eingerichtet ist. Die Repression, d.h. die Unterdrückung von Widerstand, hat unserer Ansicht nach zwei wesentliche Zielsetzungen: Erstens: Linke Politik insgesamt wird kriminalisiert und nun in Verbindung mit dem Konstrukt "Terror" gebracht. Dadurch soll linke Politik gesellschaftlich als Aussenseiterposition dargestellt und Kritik, sowie der Anspruch auf Veränderung isoliert werden. Durch Kriminalisierung soll der breite Zulauf zu den G8 Protesten und zu linker Politik insgesamt beeinträchtigt werden. Zweitens: Der radikale Teil der Linken soll vom Widerstand gegen den G8 Gipfel abgespalten werden, um ihn kontrollierbar zu machen. Durch Repression soll insbesondere radikalen Teilen der Bewegung gegen den G8 Gipfel ihre Deutung und Berechtigung innerhalb der Proteste abgesprochen werden. Die Hausdurchsuchungen unter dem Vorwand eines "Terrorismus"konstruktes, sind ein weiterer Versuch einen Keil in die Bewegung gegen den Gipfel zu schlagen. Bisher sind alle Versuche entlang der Gewaltfrage zu spalten fehlgeschlagen. Im Angesicht der sozialen Unzufriedenheit, der menschenverachtenden Politik der G8 Staaten und der alltäglichen Gewalt und Zerstörung durch den globalen Kapitalismus, scheint der (deutsche) Staat etwas nervös, weil die Mobilisierung gegen das Treffen in Heiligendamm mittlerweile nicht nur das Potenzial zur sozialen Revolte, sondern vor allem auch zu längerfristiger Bewegung gegen den Kapitalismus hat; das Potenzial auch für grundsätzliche Veränderungen weit über den G8 Gipfel hinaus, für Veränderungen jenseits kapitalistischer Wertvorstellungen und herrschaftlicher Bevormundung. Jede linke Bewegung im Kapitalismus und erst recht in Zeiten in denen Krieg, Folter und Sozialkürzungen auf der Tagesordnung stehen, widerspricht zunächst den vorherrrschenden Kapitalinteressen. Die Kriminalisierung des Protestes gegen den G8 Gipfel bereits im Vorfeld ist also nicht nur vorsorgliche "Aufstandsbekämpfung", sondern vor allem auch der politische Versuch den Aufbau längerfristiger linker Bewegung zu unterbinden. Zumindest ist das unsere Deutung des derzeitigen Geschehens. Zwang, Kontrolle, Ausbeutung und Unterdrückung sind Gewaltverhältnisse. Ein nicht unerheblicher Teil gesellschaftlicher Gewalt geht vom Staat aus, welcher das Gewaltmonopol für sich beansprucht. Die Repressionswelle der letzten Tage gegen linke Strukturen bestätigt diesen Anspruch auf eindrucksvolle Weise. Bei der Nachfrage bezüglich "Gewalt und Terror" empfehlen wir gegenüber den sensations- und gewaltlüsternen Medien weiterhin einfach die Gegenfrage zu stellen: Von welchen Gewalt- und Terrorbegriffen wird hier eigentlich ausgegangen? Der Staat und grosse Teile der Medien haben die Grenzen des politischen Umgangs mit Menschen, welche die Welt verändern möchten erneut eindeutig überschritten. Indem sie uns leichtfertig als "TerroristInnen" gebrandmarkt und in die Ecke religiöser FanatikerInnen und SelbstmordattentäterInnen gerückt haben. Wir denken, dass die Vielzahl von Solidarisierungen mit den von der Repression Betroffenen ein Ausdruck von breitem geschichtspolitischen Bewusstsein ist: Die Linke ist ein vielfältiges und breites politisches Spektrum mit Geschichte, Kriminalisierungserfahrungen und dem ganz heterogen ausgeprägten Anspruch in fortschrittlicher Absicht über das Bestehende hinauszuweisen. Die unterschiedlichen Ansprüche auf emanzipatorische Veränderung sind insgesamt durch die derzeitige Kriminalisierung bedroht und die gilt es nun gemeinsam zu verteidigen, ganz egal ob linke SozialdemokratInnen oder linke GewerkschafterInnen, ob Linksliberale, umwelt- oder bürgerrechtsbewegte Menschen, egal ob FeministInnen, Queer-AktivistInnen, oder NoBorder AktivistInnen, egal ob Revolutionäre oder Reformer, egal ob friedlich oder militant, egal ob SozialistInnen, KommunstInnen oder AnarchistInnen. Die breite Linke hat viel gestritten in den letzten Jahren - und das werden wir auch in Zukunft tun müssen. Aber in den nächsten Wochen sollte es vor allem darum gehen die gemeinsamen Grundlagen emanzipatorischer und ausserparlamentarischer Politik, also die berechtigte Kritik, den berechtigten Protest und den berechtigten Widerstand, gemeinsam und solidarisch gegen das antikritische Klima das derzeit geschürt wird zu verteidigen. Mit solidarischen Grüssen |
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