Anschlag auf das Nobel-Hotel: Militante Protestler lassen Muskeln spielen

Hamburger Morgenpost 15. Mai 2007

THOMAS HIRSCHBIEGEL
Die Gäste in Hamburgs feinstem Privathotel “Louis C. Jacob” an der Elbchaussee lagen in ihren Luxusbetten im schönsten Schlummer, als sie unsanft von Scheibenklirren geweckt wurden: Nur fünf Tage nach der Razzia in der “Roten Flora” haben offenbar militante G8-Gegner erneut zugeschlagen. Sie zertrümmerten Fensterscheiben des Hotels, warfen Beutel mit knallroter und rosa Farbe an die weiße Fassade. Die G8-Gegner lassen die Muskeln spielen.

Mehr oder weniger offen gibt die Bundesanwaltschaft zu: Die bundesweite Razzia gegen mutmaßliche Hintermänner von Dutzenden Brandanschlägen auf Manager und Beamte in Hamburg und Berlin sollte vor allem die Protestszene verunsichern, mögliche Täter so auch von weiteren Anschlägen abhalten. Diese Taktik ging zumindest in Hamburg nicht auf. Um 3.05 Uhr flogen gestern die Steine auf das Luxushotel in der Elbchaussee 401. Einige der Gäste wurden wach, riefen beim Nachtportier an. Aber dann die Riesenpanne: Erst um 3.30 Uhr ging ein Notruf bei der Polizei ein. Die rückte zwar mit 20 Streifenwagen an, suchte sogar per Boot das Elbufer ab, doch die Täter waren da natürlich schon über alle Berge. Und niemand hat sie gesehen.

Hoteldirektor Jost Deitmar: “Wir wurden von der Attacke komplett überrascht. Warum ausgerechnet das Jacob?”, fragt er. “Wir haben mit dem G8-Gipfel doch überhaupt nichts zu tun.” Der Hotelier glaubt, dass sein Haus möglicherweise wegen der verkehrsgünstigen Lage an der Elbchaussee von den Tätern ausgewählt wurde. Bereits 2005 hatten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Hotel “Treudelberg” in Lemsahl-Mellingstedt verübt und einen Anschlag auf das “Jacob” angekündigt. Hintergrund war damals der Bau des Mövenpick-Hotels im Wasserturm im Schanzenpark. In einem Bekennerschreiben hieß es: “Jagt die Reichen. Standort Hamburg zerbröseln”.

Das Mövenpick-Hotel im Wasserturm wird in knapp drei Wochen eröffnet, kurz nach dem Außenministertreffen (ASEM) in Hamburg und unmittelbar vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm. Die Hamburger Polizei richtet sich auf Krawalle ein, hat mehr als 3000 Beamte im Einsatz. Aber reicht das? Dutzende Objekte müssen die Hamburger Beamten schon jetzt bewachen (siehe Info-Kasten). Für diese Aufgabe werden neben Polizeiangestellten reguläre Beamte von den Wachen abgezogen. Um das Atlantic-Hotel, wo die wichtigsten Teilnehmer der Außenministerkonferenz am 28. und 29. Mai wohnen, wird ein Sicherheitsgürtel gezogen. Der Holzdamm und die Alstertwiete werden gesperrt, die Straße An der Alster wird eingeengt. Polizeisprecher Ralf Meyer gibts sich aber optimistisch: “Wir haben ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept, werden alle gefährdeten Personen schützen.”

Info:
Was die Polizei so alles schützt

Noch nie wurden in Hamburg so viele Objekte und Personen von der Polizei geschützt wie aktuell. Ständig präsent ist die Polizei vor dem US-Konsulat am Alsterufer, dem Konsulat der Türkei in Rotherbaum, der jüdischen Synagoge in Eimsbüttel, der Talmud Tora Schule am Grindelhof, der Hotelbaustelle im Schanzenpark und dem Wohnsitz der Generalbundesanwältin Monika Harms in Othmarschen. Allein dieser Schutz bedeutet schon eine hohe Belastung für die Polizei. Doch nach den Anschlägen auf Manager und vor dem Außenministertreffen in Hamburg und dem G8-Gipfel in Heiligendamm erhalten Dutzende weitere Personen Polizeischutz. Die Streifenwagen fahren in unregelmäßigen Abständen bei den Betroffenen vor, kontrollieren. Das gilt jetzt auch für das Hotel Louis C. Jacob.

(MOPO vom 15.05.2007 / SEITE 2-3)