Rote Flora und schwarzer Block

Frankfurter Rundschau 11. Mai 2007

Krawalle in Hamburg geben einen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten beim G8-Gipfel

“Repression zurückschlagen” - ein Banner über der “Roten Flora” im Hamburger Schanzenviertel gibt die Stimmung in der linken Szene nach der Razzia der Bundesanwaltschaft wieder. “Wir dürfen uns diesen Angriff der Staatsmacht auf die Strukturen der Gipfelgegner nicht gefallen lassen”, ruft eine Aktivistin von der Veranda des linken Kulturzentrums herunter. Wenig später explodieren vor dem Gebäude Feuerwerkskörper, Demonstranten werfen Flaschen und andere Gegenstände auf Polizisten und Passanten. Wasserwerfer versuchen die Menge zu zerstreuen. “Haut ab, haut ab!”, schallt es den 1000 Polizisten entgegen.

Der G8-Gipfel im mecklenburgischen Heiligendamm wirft seine Schatten voraus: Keine zwölf Stunden nach Ende der bundesweiten Aktion der Bundesanwaltschaft gegen vermeintlich militante Gipfel-Gegner eskaliert am Mittwochabend vor der “Flora” die Gewalt. “Das ist ja wie im Krieg hier”, meint ein Kneipengänger, der von dem Polizeikordon abgedrängt wird. Der Mittwoch bietet in Hamburg einen Vorgeschmack auf das Katz-und-Maus-Spiel zwischen G8-Gegnern und Polizei, das sich in den nächsten Wochen wiederholen dürfte.

Erst werden bei der Durchsuchung am Morgen in der “Flora” Computer und Unterlagen beschlagnahmt, danach demonstrieren als Reaktion darauf spontan 2000 G8-Gegner. Bei den Ausschreitungen werden eine Passantin und drei Polizisten verletzt. Acht Randalierer werden wegen Landfriedensbruchs vorläufig festgenommen.

Unterdessen verläuft ein dreistündiger Marsch tausender Demonstranten durch Berlin-Kreuzberg nach Polizeiangaben ruhig, vier Menschen werden festgenommen. Auch in vielen anderen deutschen Städten wie Kiel, Göttingen, Hannover, Köln, Leverkusen, Bochum, Leipzig und Jena gibt es Proteste, die weitgehend friedlich bleiben. .

In Hamburg ziehen überwiegend schwarz gekleidete Demonstranten von der “Flora” aus durchs Schanzenviertel - in Abstimmung mit der Polizei. Die Gipfel-Gegner rufen Parolen wie “BRD Bullenstaat”, die Stimmung ist nervös. Beim Zurücksetzen fährt ein Wasserwerfer auf ein Polizeifahrzeug. Nach Ende der friedlichen Kundgebung eskaliert gegen 22 Uhr die Lage vor der “Flora”, die als Treff der autonomen Szene gilt und während des G8-Gipfels ein Treffpunkt der Gegendemonstranten sein soll.

Wohnung wegen Banners gestürmt

In den anliegenden Straßen platzieren sich mehrere hundert Polizisten, die das Gebäude abriegeln. Eine Wohnung gegenüber der “Flora” wird von einer Sondereinheit gestürmt und ein Anti-G8-Banner vom Balkon entfernt. “Erst die Razzia, jetzt die Ausschreitungen. Heute war das Geschäft für uns tot”, meint der Wirt eines Lokals in der Nachbarschaft der “Roten Flora”.

VON GEORG ISMAR/DPA