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G-8-Gegner: “Null-Toleranz-Strategie gegen Chaoten”Welt 9. Mai 2007 Mit Empörung haben Vertreter der linken Szene auf die bundesweite Razzia bei Globalisierungskritikern reagiert. Bei der Aktion durchsuchten 900 Beamte bundesweit 40 Räumlichkeiten. Dabei wurden zahlreiche Computer und Festplatten beschlagnahmt. Es war acht Uhr, als in Hamburg 15 Mannschaftswagen vor dem Stadtteilzentrum Rote Flora im Schanzenviertel vorfuhren, das seit Jahren als Treffpunkt und Symbol der linksextremistischen Szene in der Hansestadt gilt. Behelmte Beamte sprangen heraus und verschafften sich Zutritt zu dem ehemaligen Theater. Die Straße wurde abgesperrt. Wenig später trugen die Polizisten Computer, Akten und schriftliche Unterlagen heraus. Bundsweit waren am frühen Morgen rund 900 Beamte des Bundeskriminalamts (BKA), mehrerer Landeskriminalämter (LKA) und Landespolizeien zur Großrazzia gegen Gegner des G-8-Gipfels angerückt. Im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchsuchten sie 40 Räumlichkeiten der linken Szene auch in Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Niedersachsen. Die Verdächtigen hätten das Ziel, mit „gewalttätigen Aktionen“ den Weltwirtschaftsgipfel vom 6. bis 8.¿Juni in Heiligendamm „erheblich zu stören oder zu verhindern“, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft. Festgenommen wurde niemand. Linke Globalisierungsgegner planen große Protestaktionen gegen das Treffen der Regierungschefs der acht führenden Industriestaaten. Die Polizei erwartet unter den G-8-Gegnern auch gewaltbereite Extremisten. Vor dem Kulturzentrum im Hamburger Schanzenviertel versammelten sich rund 100 Flora-Sympathisanten. Die Stimmung war gespannt. Als sich einige Autonome zu einem Protestmarsch formierten, setzte die Polizei Schlagstöcke ein. Einige Beamte wurden verletzt, mehrere Autonome festgenommen. Einsatzkräfte durchsuchten auch einen Arbeitsplatz im Deutschen Schauspielhaus. Der Verdacht richtet sich gegen einen Mitarbeiter des „Malersaals“. Hamburg gilt neben Berlin als Zentrum des militanten Widerstands gegen den G-8-Gipfel. Seit Ende 2005 hatten Linksextremisten in der Hansestadt neun Brandanschläge verübt, darunter auf die Wohnhäuser von Finanzstaatssekretär Thomas Mirow und den Chef der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette. Keine der Taten wurde bisher aufgeklärt, die Generalbundesanwältin hat die Ermittlungen an sich gezogen. Unter den Verdächtigen, gegen die die Bundesanwälte ermitteln, soll auch Fritz¿St. sein, ein Altlinker, der schon in der Hochzeit der Auseinandersetzungen um die Hafenstraße eine führende Rolle in der Szene spielte. „Die Durchsuchungen zeigen, dass die Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Extremisten nicht wehrlos sind“, sagte Hamburgs Innensenator Udo Nagel. Die Polizei werde ihre „Null-Toleranz-Strategie gegen Randalierer, Chaoten und andere Straftäter“ fortsetzen. Linke Szeneobjekte auch in Berlin durchsucht In Berlin durchsuchte die Polizei ebenfalls mehrere Szeneobjekte von linken und alternativen Gruppen. Dazu gehören der Laden „Fusion“ an der Skalitzer Straße, das G-8-Convergence-Center im Bethanien am Mariannenplatz, die Bürogemeinschaft W37, die Videowerkstatt Autofocus, das Bildarchiv Umbruch sowie Kanal¿B und der Buchladen Schwarze Risse im Kreuzberger Mehringhof sowie verschiedene Privatwohnungen. Besonderes Augenmerk legten die Beamten bei ihren Durchsuchungen auf den alternativen Server SO36.net. Mehrere linke und alternative Projekte haben ihre Webseiten, Mailinglisten und Mailadressen dort abgelegt. Damit soll offenbar die Kommunikationsstruktur der Anti-G-8-Bewegung überprüft werden. Die Beamten speicherten elektronische Verbindungsdaten sowie angebliche Beweise zur Finanzierung einer militanten Kampagne gegen den G-8-Gipfel. Nach Angaben aus Berliner Antifa-Kreisen werden 18 Personen beschuldigt. „Im Rahmen des Polizeieinsatzes wurde eine Person zur angeblichen Identitätsfeststellung festgenommen. Nur durch massive Präsenz der Anwesenden und Unterstützung durch Anwälte konnte die Polizei davon abgehalten werden, weitere Räume zu durchsuchen“, sagte ein Sprecher des Bethanien. Tim Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) fügte hinzu: „Diese Durchsuchungswelle dient allein der Kriminalisierung und Behinderung des G-8-Gipfelprotestes. Der Vorwurf, Terroristen würden sich über einen Internetserver koordinieren, welcher von Linken betrieben wird, ist lächerlich. Das BKA wird auch nach Abschluss der Ermittlungen etwaige Beweise schuldig bleiben.“ Laut Bundesanwaltschaft richtet sich der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung gegen „18 namentlich bekannte Personen“. In Berlin ermittelten die Bundesanwälte außerdem konkret gegen drei Angehörige der sogenannten Militanten Gruppe (MG), der 25 Anschläge seit dem Jahr 2001 zugerechnet werden. Der letzte Anschlag war am 16.¿März auf Büros in Berlin verübt worden. In einem Bekennerschreiben hatte sich die MG dabei auf die kapitalismuskritische Grußbotschaft des inhaftierten RAF-Terroristen Christian Klar für die Rosa-Luxemburg-Konferenz berufen. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ordnete an, aus Sicherheitsgründen vor und während des Gipfels wieder Grenzkontrollen zu den EU-Nachbarländern vorzunehmen. Sie würden lageabhängig erfolgen und sollten die Anreise potenzieller Straf- und Gewalttäter verhindern. Insa Gall, Axel Lier, André Zand-Vakili 9. Mai 2007, 17:39 Uhr |
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