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»Wenn Polizei stur bleibt, müssen wir uns Plätze nehmen«junge welt 28. April 2007 Zwei Camps für Gipfelstürmer in Heiligendamm sind fest. Das reicht nach Einschätzung der Organisatoren nicht. Gespräch mit Lutz Kelter Lutz Kelter ist Mitglied der Camp-AG zur Vorbereitung der Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm Der G-8-Gipfel in Heiligendamm rückt näher. Gibt es inzwischen Zeltplätze für die Demonstranten? Wir haben jetzt zwei Plätze. Der eine ist in Reddelich, fünf Kilometer südwestlich von Bad Doberan, also westlich der »roten Zone«. Der Platz liegt 500 Meter vom Bahnhof entfernt. Die Züge fahren dort im Stundentakt. Der zweite Platz ist der sogenannte Grenzschlachthof, eine abgebrochene Industriefläche im Stadtgebiet Rostock an der Warnow. Wieviel Menschen können dort unterkommen? In Reddelich können 3000 bis maximal 5000 Leute zelten. Auf dem Grenzschlachthof rechnen wir mit bis zu 6000 Plätzen. Dafür liegt allerdings noch kein schriftlicher Vertrag vor. Das reicht aber nicht aus, oder? Nein, wir rechnen mit etwa 20000 Menschen, die wir beherbergen wollen. Hinzu kommt, daß die Polizei versucht, uns aus dem Bereich zwischen Rostock und Bad Doberan rauszuhalten. Nun ergreifen wir entsprechende Gegenmaßnahmen. Das heißt? Unser sogenannter Plan B tritt in Kraft. Wir gucken uns zur Zeit Flächen an, die in diesem Bereich oder zwischen Bad Doberan und Warnemünde liegen. Das sind Flächen, zu denen die Polizei sagt, Camps seien dort auf keinen Fall möglich. Da wir nicht wissen, wohin mit den Leuten, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Wenn die Polizei auf stur stellt, müssen wir Eigeninitiative ergreifen und uns die Plätze, die wir brauchen, nehmen. Da suchen wir uns natürlich die besten raus. Polizei und Behörden haben Ihnen unterstellt, nicht kompromißbereit zu sein und die angebotenen Plätze gar nicht zu wollen. Das war das reinste Nebelkerzenschießen. Es wird mit Flächen operiert, die Außenstehende nicht einschätzen können. Wenn zum Beispiel über die Presse lanciert wird, man habe uns einen Platz angeboten und wir hätten den einfach abgelehnt, sagt niemand dazu, daß das nur 0,5 Hektar waren. Was sollen wir mit einem kleinen Fußballfeld? Wo die Stimmung im Vorfeld schon so unfreundlich ist, rechnen Sie mit der Räumung der Camps? Bei den angemeldeten Plätzen eher nicht. Wir haben immer betont, daß das unsere Ruhe- und Rückzugsräume sind. Die Camps sind ja auch in Absprache mit der Sondereinheit der Polizei entstanden. Daher denke ich, daß sie diese Camps in Ruhe lassen werden. Und bei Plan B? Muß die Polizei neben Massenblockaden der Zufahrtswege nach Heiligendamm nun auch mit Massenplatzbesetzungen rechnen? Ja, das muß sie. Die Camps, die wir offiziell haben, werden überlaufen sein. Die anderen Leute werden irgendwo schlafen wollen, und zwar am ehesten dort, wo sie auch aktiv werden wollen. Das ist in der Nähe der Straßen. Wenn die Polizei das nicht möchte, sollte sie möglichst schnell ein Aß aus dem Ärmel ziehen und sagen, hier gibt es noch ein schönes Plätzchen, wollt ihr das nicht haben? Aber das muß dann schnell gehen. Bis die Camps eröffnet werden, gibt es noch eine Menge zu tun. Was wird noch an Unterstützung gebraucht? Das wichtigste ist, daß Leute ab dem 25. Mai herkommen und beim Aufbau helfen. Schlafplätze und Verpflegung werden organisiert. Wir brauchen Helferinnen und Helfer zum Fahren, Abladen, Zimmern, Leitungen verlegen, Zelte Aufbauen et cetera. Unsere AG besteht nicht aus so vielen Leuten, daß wir das alleine schaffen könnten. Dann brauchen wir noch Material und auch Geld. Wir haben zwar diverse Finanzzusagen bekommen, geflossen ist aber bisher noch nichts. Wir kalkulieren mit Ausgaben von etwa 120000 Euro, von denen im Moment gerade 20000 Euro gedeckt sind. Durch Erheben eines Campbeitrages von allen zahlungsfähigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen hoffen wir, die Ausgaben am Ende decken zu können, doch bereits jetzt benötigen wir Spenden oder »Kredite«für die nötigen Vorauszahlungen. Hier ist dringend Hilfe von außen erwünscht. Und Material? Wir brauchen noch Generatoren und Fahrzeuge, vor allem größere Fahrzeuge zum Material- und auch Personentransport. Dazu brauchen wir auch Leute mit entsprechenden Führerscheinen und Personenbeförderungsschein. Uns fehlen eine Telefonanlage, Baumaterial, Holz, Sägen, Zelte und Spielzeug für das Kinderzelt. Die Liste ist lang, am besten ist es, wenn diejenigen, die uns helfen wollen, Kontakt mit uns aufnehmen. Interview: Wera Richter http://www.jungewelt.de/2007/04-28/030.php |
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