Bundespresseamt 17. November 2006
Herr Dr. Steg, gibt es im Streit um die Kostenübernahme des G8-Gipfels in Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Stand? Kommt für die Bundesregierung möglicherweise auch eine Verlegung in Frage?
Wenn die Kosten eines solchen Treffens so hoch sind, wie man jetzt überall lesen kann, sind diese Treffen dann überhaupt in dieser Form noch zeitgemäß?
SRS DR. STEG: Als mit dem so genannten Treffen von Rambouillet 1975 diese Weltwirtschaftsgipfel begonnen haben damals war der Kreis noch etwas kleiner , konnten sich die beteiligten Staats- und Regierungschefs sicherlich nicht vorstellen, welches Ausmaß diese Veranstaltung annehmen und welche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich sein würden.
Die Bedingungen haben sich nach dem 11. September 2001 dramatisch verändert. Dem muss man zum einen Rechnung tragen. Zum anderen wissen wir auch, dass diese Treffen Stichwort Genua aufgrund von Initiativen und Protesten in besonderer Weise geschützt werden müssen. Verbunden ist damit ein unbestritten enormer Sicherheitsaufwand, der aber nicht geringer ausfallen kann, um die Sicherheit aller Beteiligten und insbesondere der teilnehmenden Staats- und Regierungschefs zu gewährleisten.
Dennoch hat sich im Grunde genommen seit 1975, also seit über 30 Jahren, gezeigt, dass es richtig ist, in diesem Format zusammenzukommen und Probleme, die die Weltwirtschaft, aber auch die internationale Sicherheit betreffen, gemeinsam zu erörtern. Das hat sich mittlerweile auch um die sogenannten "Outreach"-Länder erweitert, und es gibt den Schwerpunkt Afrika.
Insofern denke ich, dass die Beteiligten in diesem G8-Format an diesen Treffen festhalten werden. Man muss sehen und es gibt schon eine Entwicklung durch die Wahl von entsprechenden Veranstaltungsorten , dass man auch durch die natürlichen Gegebenheiten topographische Bedingungen oder Ähnliches schon einmal ein bestimmtes Minimum an Sicherheit schafft. Die Zeiten, dass solche G8-Gipfel in Metropolen, also in Großstädten wie früher in München oder Köln, stattfinden konnten, sind vorbei.
Was den 6. bis 8. Juni 2007 in concreto betrifft: Wir befinden uns jetzt in einer Phase der Planung und internationalen Abstimmung mit allen teilnehmenden Staaten, sodass an eine Verlegung des Gipfels an einen anderen Ort ernsthaft nicht zu denken ist. Es ist sicherlich freundlich und nett gemeint, wenn andere sagen, dass sie bereit stehen. Die Veranstaltungsorte werden mit einem enormen Vorlauf vorbereitet und bei den sogenannten Vorausreisen frühzeitig angesehen. Es finden ständige Abstimmungen mit allen beteiligten Sicherheitskräften statt, sodass wir davon ausgehen können und die Bundesregierung hält daran fest , dass dieser Gipfel vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm an der Ostsee im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern stattfinden wird.
Dort sind bestimmte Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Unter anderem muss ein Zaun über eine Länge von 12 Kilometern errichtet werden. Die Kosten, die damit verbunden sind, sind durch den Bund veranlasst. Die Bundesregierung wird dafür die Kosten übernehmen. Andere Kosten, die spezifisch durch die Bundesregierung veranlasst sind, wird selbstverständlich die Bundesregierung übernehmen. In den bisherigen Verhandlungen haben wir das deutlich gemacht. Diese sind zunächst einmal Ende April abgeschlossen worden. Über diesen Verhandlungsstand soll es eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung geben. Diese Verwaltungsvereinbarung soll in nächster Zeit unterschrieben werden. Heute findet noch einmal im Kanzleramt ein Gespräch mit Vertretern der Landesregierung dem Innen- und dem Wirtschaftsminister statt.
Im Übrigen ist bei den Planungen eine Summe strittig, die damit zusammenhängt, dass auch noch Sicherheitsmaßnahmen und Polizeikräfte eingesetzt werden müssen, die sich aufgrund der Situation allgemein ergeben, also nicht ausdrücklich durch die Bundesregierung veranlasst sind. Es gibt eine klare Regelung in Deutschland, und zwar sieht das Grundgesetz eine Aufgabenteilung vor, nämlich, dass solche Sicherheitskosten, wenn sie anfallen, von dem Land zu tragen sind, in dem die Veranstaltung oder das Ereignis stattfindet. Das heißt, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern etwa diese Sicherheitskosten tragen muss, die durch die Entsendung von Polizeibeamten aus anderen Bundesländern anfallen.
Es hat im Mai und damit kann ich das abschließen einen Brief des Chefs des Bundeskanzleramtes an die Innenministerkonferenz gegeben, doch wegen der besonderen Situation und der Ausnahmeveranstaltung G8-Gipfel in Heiligendamm zu prüfen, ob die Bundesländer bereit wären, die Kosten für ihre Polizeibeamten dem Land Mecklenburg-Vorpommern eventuell nicht in Rechnung zu stellen. Darauf hat es bisher noch keine Reaktion gegeben.
FRAGE GÜNTHER: Herr Dr. Steg, habe ich es jetzt richtig verstanden, dass der Bund im Zweifel nicht bereit wäre, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, als er bisher mündlich zugesagt hat?
SRS DR. STEG: Der Bund übernimmt all die Kosten, die er veranlasst hat. Im Übrigen sehen wir uns auch wegen der Gleichbehandlung denken Sie an Castor-Transporte oder andere Veranstaltungen an die eindeutigen und in Deutschland auch seit Jahren praktizierten Regelungen nach den Vorgaben des Grundgesetzes gebunden.
FRAGE PETERSEN: Herr Dr. Steg, könnten Sie vielleicht diese Summe noch einmal aufschlüsseln? Es sind insgesamt 94 Millionen Euro im Gespräch. Wie setzen sie sich zusammen? Sie haben schon den historischen Vergleich bemüht. Insofern würde mich natürlich auch einmal interessieren, wie hoch die Kosten im letzten und vorletzten Jahr waren. Hat man dort einen ähnlichen Aufwand betrieben? Oder sind die Kosten nur in Deutschland so hoch?
SRS DR. STEG: Ich muss dazu sagen, dass ich nur aus der Presseberichterstattung weiß, wie viel die G8-Gipfel in Gleneagles und in St. Petersburg gekostet haben sollen. Nach den Berichten waren es deutlich mehr als 120 Millionen Euro, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ich habe keine belastbaren originären Zahlen. Was die Kosten für Heiligendamm betrifft, so liegt mir, was den gesamten Sicherheitsbereich betrifft, keine abschließende Zahl aus Mecklenburg-Vorpommern vor. Ich weiß auch nur um die Zahlen, die der Chef der Staatskanzlei in dieser Woche geäußert hat. Es geht wohl offensichtlich um rund 90 Millionen Euro.
Offen sind wohl in der Finanzierung etwas mehr als 30 Millionen Euro. Das sind Kosten, die etwa durch Sicherheitskräfte aus anderen Bundesländern verursacht werden und nach den in Deutschland üblichen Regelungen dem Land Mecklenburg-Vorpommern in Rechnung gestellt werden. Der Bund seinerseits hat in den Verhandlungen bis Ende April eine Summe von Mitte 20 Millionen Euro angeboten.
Quelle Bundespresseamt 17-11-06