Spektakulaer gescheiterte Genfeld-Besetzung in Groß Luesewitz

Einige der Genfeld-BesetzerInnen:
Spektakulaer gescheiterte Genfeld-Besetzung in Groß Luesewitz (oestl. Rostock)

Mit Tuermen und Bauwaegen gegen Pharma-Kartoffeln – unter diesem Motto hatten ca. 30 Gentechnik-GegnerInnen aus allen Teilen der Republik am Donnerstagmorgen versucht, ein kurz vor der Aussaat befindliches Feld des AgroBioTechnikums und der dort ansaessigen Gentechnikfirmen zu besetzen. Damit sollte ein deutliches Zeichen gegen die riskante Technik gesetzt werden, außerdem hofften die BesetzerInnen auf einen Schneeballeffekt. „Es gibt viele Gentechnikfelder – schwungvoller und bissiger Protest ist noetig“, benannte einer der Feldbesetzer sein Motiv fuer die Aktion.

Die Aktion war seit Monaten vorbereitet. Um eine schnelle Raeumung zu verhindern, sollte auf dem Feld am Weg noerdlich der B110 bei Groß Luesewitz ein ueber 15m hoher Turm errichtet werden. Mehrere Personen wollten sich in schwindelerregender Hoehe anseilen und anketten. Der Abbau solcher Tuerme ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. Weitere Befestigungen und Huetten sollten auf dem Feld errichtet werden. Doch das Ganze war nicht als Festung gedacht: „Im Mittelpunkt stand fuer uns das Signal fuer buntes Leben statt profittraechtiger Gentechnik.

Wir wollen schon am Tag nach dem Start in den umgebenden Orten von Haustuer zu Haustuer gehen, auf Flugblaettern und mit Infoveranstaltungen informieren“, schilderte eine Beteiligte die Ziele. Der Plan scheiterte. Die gestrige Nacht entwickelte sich zu einer spektakulaeren Auseinandersetzung zwischen Polizei und Aktionsgruppen. Drei Stunden hatten die AktivistInnen den ausgewaehlten Acker bearbeitet, Staemme herbeigeschafft, Loecher gegraben, Drahtseile verlegt. „15 Minuten haben gefehlt, dann haette der Turm gestanden und auch eine Hundertschaft der Polizei waere ohne Spezialtechnik machtlos gewesen“, so die BesetzerInnen. Eher durch Zufall trafen Streifenwagen auf bereitstehende LKWs. Darin fanden sie verdaechtiges Material und begannen ihre Suche auf den Feldern der Umgebung. „Unglaublich: Bei der ersten Kontrolle auf dem Acker merkten die nichts, obwohl dort zwanzig Personen und das gesamte Material fuer den Turm schon lag“, berichtet eine Beteiligte ueber den Verlauf der Nacht, bei dem auch ein Fernsehteam anwesend war und alles filmte.

Kurz vor der geplanten Aufrichtung des Turmes entdecken Polizeistreifen ein paar Beteiligte und nahmen einige Personen fest. Danach jagten sie zum Teil mit mehreren Fahrzeugen ueber die Aecker der Gemarkung auf der Jagd nach AktivistInnen. Der Materialeinsatz der Staatsorgane fuer die lukrative Gentechnik war enorm: Die Polizei sprach von 35 Fahrzeugen, die an dem naechtlichen Einsatz beteiligt waren. Die Besetzungsaktion wurde dadurch knapp verhindert. Die dahinterstehende Idee aber wollen die BesetzerInnen nicht aufgeben. „Um die ruecksichtslose Ausdehnung solcher Risikotechnologien zu verhindern, ist entschlossener Widerstand noetig. Wir wuerden uns freuen, wenn unser Versuch nicht der letzte gewesen ist, die dubiosen Versuchen in Groß Luesewitz zu stoppen und den voellig undurchsichtigen Firmen oder gar als gemeinnuetzig anerkannten Vereinen das Handwerk zu legen.

Der fuer die Besetzung ausgewaehlte Acker gehoert zu den Aktivitaeten aus dem AgroBioTechnikum, einem Zusammenschluss von gentechnik-freundlichen Firmen und Instituten. Hier sollten ab Anfang naechster Woche fuer die Pharmaindustrie designte Kartoffelpflanzen ausgebracht werden. Bereits im letzten Sommer konnte der von 2006 bis 2008 von der Universitaet Rostock beantragte Versuch nur durch das gewalttaetige Auftreten massiver Polizeieinheiten gegen den Willen vieler Menschen durchgesetzt werden, als im Sommer Hunderte Menschen an einem Gentechnik-Aktionstag nach Groß Luesewitz kamen. „Im zweiten Versuchsjahr sind wir vor den Gentechnik-LobbyistInnen da“, sagt Falk Beyer, eineR der AktivistInnen, die lieber für sich selbst reden möchten, statt sich durch SprecherInnen vertreten zu lassen. „Mit unserem Protest wollen wir die Ausbringung genmanipulierter Organismen in die Umwelt, die unumkehrbare Folgen haben kann, verhindern. Wir laden alle Menschen - aus der Region und auch darueber hinaus von ueberall - ein, sich nicht weiter von der verschleiernden Rhetorik aus dem AgroBioTechnikum verblenden zu lassen und sich am Widerstand gegen die Gentech-Mafia zu beteiligen.“ Jede Freisetzung genetisch veraenderter Organismen birgt das Risiko unkontrollierbarer und kaum vorhersagbarer Folgen in sich. Sobald solche Organismen in Austausch mit anderen Lebewesen treten, kann es zu Auskreuzungen und artuebergreifenden Gentransfers kommen. Die ForscherInnen kennen haeufig nur eine oder wenige Wirkungen ihrer genetischen Neukombinationen. Das Zusammenspiel neu eingebauter Gensequenzen mit anderen Erbgutinformationen ist in keinem der Versuche komplett bekannt. Die Gentechnik ist ebenso wie die Atomkraftnutzung eine Risikotechnologie, die im Verhaeltnis zum hypothetischen Nutzen untragbare Risiken mit sich bringt. Sie ist hochgefaehrlich, da kleine Fehler zu katastrophalen Folgen fuehren koennen. Und sie steht im Dienst ohnehin schon maechtiger Industrien und Interessengruppen und soll deren Macht gegenueber anderen Menschen und Organisationen weiter ausbauen.

Die AktivistInnen, die jetzt das Feld besetzen wollten, gehoeren nicht einem bestimmten Verband an und wollen auch nicht fuer Logos werben. Sie kommen aus verschiedenen politischen Zusammenhaengen, einige von ihnen sind auch in bekannten Umweltorganisationen aktiv. Sie verfolgen auf dem Acker von Groß Luesewitz einige gemeinsame Ziele und laden die Menschen vor Ort ein, gleichberechtigt am Widerstand gegen Gentechnik und die Beherrschung der betroffenen Menschen durch Profit und Macht mitzuwirken. Von der Rhetorik der Gentechnik-Profis lassen sie sich nicht einschuechtern, vielmehr wollen sie falsche Versprechungen demaskieren, Kritik offensiv vortragen und eigene Positionen formulieren: „Wir lassen uns von den Reden der Versuchsleiterin Inge Broer nicht taeuschen. Wir werden uns entschieden den herrschaftlichen Gentechnologie-Interessen in den Weg stellen“, sagt Philipp vom Kesselberg. Die Aktionsgruppen sind telefonisch unter 0173-1791262 erreichbar. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite http://www.gentech-weg.de.vu.

An die VertreterInnen der Medien:

Sie erreichen die AktivistInnen der gescheiterten Gen-Acker-Besetzung telefonisch auf dem Presse-Handy 0163-9233618. Viele verschiedene Menschen sind hier gerne bereit, Auskunft ueber die Hintergruende und Motivationen dieser Aktion zu geben bzw. ueber den Kartoffel-Versuch zu informieren. Nach „den Verantwortlichen“ oder „LeiterInnen“ zu suchen, waere dagegen vergebliche Muehe. Die hier gegen Gentechnik engagierten Menschen organisieren sich eigenverantwortlich und selbstaendig, sie brauchen keine FuehrerInnen.

AbsenderInnen: Einige der Genfeld-BesetzerInnen…

kontakt@gentech-weg.de.vu

Medien-Information, Donnerstag, 12. April 2007