gehalten am 8. März in Göttingen
Frauen in der globalen Landwirtschaft
Frauen verrichten weltweit 2/3 aller Arbeit (inklusive der sogenannten Reproduktionsarbeit = Hausarbeit), erhalten aber nur 1/10 des Welteinkommens und besitzen nur 1 % des Eigentums. Sie bekommen im Durchschnitt 40 % weniger Lohn als männliche Arbeiter. Frauen werden bei der Ernährung, Ausbildung sowie der Gesundheitsversorgung benachteiligt. 70% der Armen weltweit sind Frauen.
Diese Zahlen geben zu denken. Besonders in der Landwirtschaft lässt sich diese ungleiche Verteilung von Arbeit, Lohn und Besitz wiederfinden. So werden nur lediglich 9% der landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland von einer Frau geführt, weit weniger als im europäischen Durchschnitt, der bei 22% liegt.
Frauen in den Ländern des Südens
In Afrika verrichten Frauen 80% der Nahrungsmittelproduktion, besitzen aber nur 10% der Flächen. In vielen Ländern ist Frauen der Flächenbesitz generell nicht möglich, da sie kein Erbrecht auf Boden besitzen. Und das, obwohl sie vielfach die Flächen allein bewirtschaften. Die Männer verbringen einen Großteil ihrer Zeit in den Städten, wo sie seit der Kolonialzeit als Wanderarbeiter tätig sind. Ihre Flächen wurden ihnen zum Großteil von den Kolonialherren enteignet, sodass sie sich einen nicht landwirtschaftlichen Einkommensschwerpunkt suchen mussten.
Frauen in den Ländern des Südens wirtschaften vorwiegend in traditioneller Form, d. h. sie bauen regionales Obst, Gemüse und Getreide für den Eigenbedarf und zur lokalen Vermarktung an. Diese Wirtschaftsform wird aber von Seiten der globalen Wirtschaft und den Entwicklungsprogrammen aus den Ländern des Nordens zerstört. Diese fördern Landwirtschaftsprogramme, die sich an Männer richten, die im Bereich von Maschinennutzung und industrieller Landwirtschaft geschult werden. In der industriellen Landwirtschaft ist für Frauen nur die Rolle der Arbeiterin vorgesehen und nicht die der an Entscheidungen teilhabenden Bäuerin.
Seit Beginn der 1990er entwickelt sich zusätzlich eine weitere Eindämmung der traditionellen Landwirtschaft. Es werden Abkommen über Pflanzengenetische Ressourcen verhandelt, die sogenannte „geistige Eigentumsrechte“ (z. B. TRIPS) vorsehen, nach denen Pflanzen patentiert werden können. Ausgenommen sind 65 aller Kultur- und Futterpflanzengattungen. Für die meisten Pflanzen, wie sie in traditioneller Landwirtschaft in den Ländern des Südens angebaut werden, wird künftig nach diesen Abkommen ein Handelsverbot gelten, das den Handel dem Patenteigentümer vorbehält. Dies wirkt sich besonders auf Frauen aus, die vom Handel auf den lokalen Märkten leben.
Frauen in Deutschland und Europa
In der Bundesrepublik sind die Hälfte der in der Landwirtschaft Tätigen Frauen. Dies taucht allerdings nicht in den Statistiken auf, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie dem Bauernverband erstellt werden. Unter den Tisch fallen hier Leistungen wie Hausarbeit, Erschließen neuer Betriebszweige sowie Zuverdienst außerhalb der Betriebe, ohne die ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht am Laufen zu halten ist. Nicht nur die schlechte Bewertung ihrer Arbeit, sondern auch die mangelhafte Infrastruktur auf dem Land treibt die Mehrzahl der Frauen in die Städte. Die EU reagiert darauf mit Programmen, die zwar eine bessere Infrastruktur im ländlichen Raum schaffen – was auch Frauen zu Gute kommt – es wird aber nicht versucht, das geschlechterspezifische Machtgefälle auf den Höfen abzubauen. Hierzu ist es nötig, dass Frauen ein anerkannter und gerecht entlohnter Arbeitsplatz in der Landwirtschaft ermöglicht wird. Um die Position von Frauen in der Landwirtschaft zu stärken, muss ein generelles Umdenken stattfinden. Es muss Frauen möglich sein, Betriebe zu führen oder sich in Kooperativen zu organisieren. Die Voraussetzungen für ein Umdenken in der Gesellschaft und das Wissen um die eigenen Veränderungsmöglichkeiten müssen z. B. durch Bildungsprogramme geschaffen werden, die den Abbau der Geschlechterhierarchie in der Landwirtschaft zum Ziel haben.
g8_landwirtschaft [at] yahoo.de
www.g8-landwirtschaft.net