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Orangen & Widerstand. Auswertung G8-Infotourde.indymedia.org: Orangen & Widerstand. Auswertung G8-Infotour Von Sa, den 3. März bis So, den 11. März waren neun AktivistInnen, die dem „Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft“ angehören, in Österreich und Deutschland unterwegs, um anlässlich des G8- Gipfels in Heiligendamm im kommenden Juni über die Auswirkungen des globalen Kapitalismus auf Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft, Gentechnik, den Handel von Lebensmitteln und vieles andere zu informieren. Hier eine erste Auswertung von der Infotourgruppe. Ein wesentliches Element im “Instrumentarium” der Infotour waren ca. 2 Tonnen Orangen, die in einem genossenschaftlich organisierten Biobetrieb in der Nähe von Valencia produziert wurden, und zwar unter Bedingungen, die wir als emanzipatorische Perspektive für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erachten. d.h. jenseits der kapitalistischen Logik konventioneller Orangenproduktion, mit der die Ausbeutung von ArbeitsmigrantInnen und die Zerstörung der natürlichen Produktionsgrundlagen verbunden ist. Die Bio-Orangen, abgepackt in Kilosäckchen, wurden von uns im Rahmen theatralischer Szenen (s.u.) an PassantInnen verschenkt. Um die Bedingungen bei der Arbeit plastisch zu machen, installierten wir außerdem eine Kulissen-Plantage sowie eine barackenartige Behausung von ArbeitsmigrantInnen. Zwei Fotoausstellungen über die Arbeitsbedingungen im “Plastikmeer” von Almeria in Südspanien, bzw. bei der Orangenernte in Griechenland kontextualisierten die theatralische Aktion und lieferten Hintergrundinfos. Gleichzeitig hatten wir uns zum Ziel gesetzt, ein konkretes Projekt mit emanzipatorischer Ausrichtung durch einen Spendenaufruf beim Orangen- Verschenken zu unterstützen. Dabei handelt es sich um die andalusische Basisgewerkschaft SOC, die in der erwähnten Region von Almeria soziale Zentren aufbaut, die als Struktur für die Selbstorganisation von MigrantInnen dient. Unsere Tourzeitung, ein 80seitiger Reader, sowie ein Bücherstand ergänzten unser “Instrumentarium”. Gestartet hat die Infotour in Graz, der zweitgrössten Stadt Österreichs. Die lokale Vorbereitungsgruppe stellte einen direkten Bezug zu den BäuerInnen der Region her, die Tour- AktivistInnen waren auch auf zwei Höfen im “Hügelland” untergebracht, einer Region in der Nähe der Stadt, wo einige kritische Köpfe sich Anfang der Achziger Jahre niedergelassen hatten. Zu Beginn des Aktionstages fuhren zunächst 2 Tour- Mitglieder mit einem unserer Gastgeber zum lokalen Radio „Helsinki“, wo eine ca. halbstündige Live- Sendung über die Infotour angesetzt war. Die Abendveranstaltung, die im selbstverwalteten Infocafe “Spektral” stattfand, war mit ca. 80 Personen gut besucht. Nach einem Film über Gentechnik und bäuerlichen Widerstand folgten zwei inhaltliche Inputs, zuerst von Seiten der Infotour und danach von einer Bäuerin aus Niederösterreich. Der Redebeitrag von Tour-Seite hatte (wie auch an den folgenden Tourstops) zum Ziel, einen Überblick über unsere Gründe zu geben, dieses politische Projekt durchzuführen, bzw. eine Annäherung an die politischen Herausforderungen zu entwerfen, die globale Landwirtschaft für radikale Linke darstellt. Der zweite Redebeitrag behandelte die Situation des Bäuerin-Seins in Österreich, unter Berücksichtung der Bedrohung durch die nationale Agrarpolitik bzw. der GAP, der gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Die anschließende Diskussion war spannend und kontroversiell. Anwesend waren BäuerInnen, Autonome Linke, interessierte KonsumentInnen, MitarbeiterInnen von NGOs, und, überraschend und schlussendlich für den kontroversiellen Part der Debatte ungewollt verantwortlich, einige Grüne. Trotz oder eben wegen der ambitionierten Selbstdarstellung der Partei gelang es, die Debatte auf eine Ebene zu hieven, bei der ernsthaft die Möglichkeit für ein revolutionäres ganz anderes Ganzes im Blick behalten wurde und die erwähnte Selbstdarstellung der Grünen mit den dazugehörigen Positionen nicht unwidersprochen blieb. Am Abend gab es noch Party mit abtanzen im Spektral, bei der wir unsere autobahn-, aktions- und veranstaltungsgeprüften Glieder mal ausschütteln konnten. Der zweite Tourstop in München war für Teile der Tour schon bei der Ankunft mit dem zu erwartenden, absurden, eigentlich karrikaturengleichen Kontakt mit der bayrischen Polizei verbunden. Eine Tonne Orangen mit im Gepäck zu haben macht die Sache in solch einem Fall dann auch nicht einfacher. Jedenfalls konnten wir trotz verschiedener Boykottversuche durch die Münchner OrdnungshüterInnen unsere Aktion am Stachus durchführen. Überraschend viele sahen sich die Fotoausstellung an, blieben bei den Theaterszenen stehen und nahmen Infos in Form von Zeitung und Flyern mit. Gehostet (österreichisch für ‚organisiert‘) wurde der Tourstop in München im Wesentlichen von Teilen der Autonomen Szene. Diese hatte auch eine Demo angemeldet, die dann aber doch aufgrund schlechten Wetters abgesagt wurde. Wir nutzten die Pause um uns im Cafe Marat zu erholen. Die Abendveranstaltung war zum grössten Teil von den OrganisatorInnen und deren Umfeld besucht. Wir organisierten die Diskussion mit den ca. 40 Anwesenden deshalb als Runde, die durch einen Input von Tourseite eröffnet wurde. Anders als in Graz diskutierten wir mit den Anwesenden mehr oder weniger szeneintern über die Herausforderungen, die globale Landwirtschaft mit ihren verschiedenen Facetten für bewegungspolitische Linke darstellt. Ein Punkt der Diskussion betraf die Frage, welche Art der Nahrungsmittelproduktion für eine kommunistische Gesellschaft überhaupt vorstellbar wäre. In diesem Sinn erwies es sich als sinnvoll, linke Theorie in Bezug auf Landwirtschaft zu diskutieren. Welcher Umgang mit industriellem Fortschritt und Technologie ist dafür angebracht? Sind die Produktivkräfte neutral oder gibt es Technologien, die für eine emanzipatorische Perspektive absolut ungeeignet sind (Stichwort Atom- oder Gentechnologie). Wir behandelten ausserdem konkrete Fragen der Organisierung in Bezug auf die G8- Mobilisierung für Juni. Der Abend endete in gemütlicher, sympathischer Atmosphäre mit Vokü und autonomer Festkultur. Schorndorf, der dritte Tourstop hielt einige Überraschungen für uns bereit. Von Anfang an war klar, dass dieses Terrain für linke Bewegungspolitik und Strassenaktionen schwierig, oder sagen wir sehr anspruchsvoll sein würde. Die Schorndorfer Vorbereitungsgruppe hatte für unser Theater und die Fotoausstellung einen etwas abgelegenen Platz angemeldet, da in der gesamten FussgängerInnenzone an diesem Tag ein Krämermarkt stattfand. Dennoch verteilten wir auch in Schorndorf Zeitungen, spielten Theater und waren laut. Rechtzeitig zur Abendveranstaltung stieß ein holländischer Aktivist zur Gruppe, der mit einer Powerpoint-Präsentation über industrielle Sojaproduktion in Lateinamerika, den Zusammenhang mit der Fleischproduktion in Europa und Widerstand von Landlosen und Bäuerinnen/Bauern berichtete. Bei dieser Veranstaltung wurden uns allerdings die Grenzen der Allianzenbildung zwischen bewegungslinken AktivistInnen und lokalen BügerInneninitiativen vor Augen geführt, was unter anderem darin zum Ausdruck kam, dass die Infotour und die G8- Mobilisierung von den OrganisatorInnen nur am Rande erwähnt wurden und die damit verknüpften Inhalte eigentlich weitgehend neutralisiert werden sollten. Es handelte sich dabei um mehr als eine atmosphärische, zufällige Stimmung, immerhin schafften es zwei lokale (Eingangs-)Redebeiträge, den G8 und die Infotour noch nicht einmal namentlich zu erwähnen, außerdem versuchte eine der OrganisatorInnen den Input von Tourseite buchstäblich ‚wegzuklatschen‘ (nach dem Motto: genug geredet). Dies geschah ganz offensichtlich aufgrund einer Mischung aus Scheu und Paternalismus, bei dem davon ausgegangen wurde, dass den Schorndorfer BürgerInnen radikalere und kritischere Inhalte prinzipiell nicht zugänglich gemacht bzw. zugemutet werden könnten. Beim nächsten Tourstop in Heidelberg wurden wir in der Nähe der Stadt auf einer (Ex) Kommune sehr herzlich empfangen. Wir verteilten in Heidelberg überdurchschnittlich viele Tourzeitungen, feilten an unseren einzelnen Theaterszenen und verteilten unser Plansoll an Orangen. Generell erwies sich im Laufe der Zeit, dass die Theaterszenen sinnvoll und notwendig waren, um an den Aktionsorten eine wahrnehmbare kollektive, politische Stimmung zu erzeugen. Ein Wettrennen von 2 OrangenpflückerInnen – es galt, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Orangen zu pflücken - mit der gleichzeitigen Moderation durch zwei „SportjournalistInnen“ illustrierte den Konkurrenzdruck, dem die ArbeiterInnen auf den Plantagen ausgesetzt sind. In einer weiteren Szene warben wir unter den PassantInnen Arbeitskräfte für die Ernte auf der riesigen Plantage von Frau Pampalona, die extra angereist war – ihr „Arbeitsvermittler“ übersetzte von „pampalonisch“ auf deutsch. In einer dritten Szene konkurrierte eine biologisch produzierte Orange, stammend von einer Kooperative, gegen eine pestizidverseuchte Orange aus Plantagenanbau. Wer setzt sich durch, wer ist billiger, wer ist gesünder, oder werden schlussendlich nicht doch alle Orangen verschenkt? Nach der Aktion wurden wir mit Vokü und Kuchen versorgt. Die Abendveranstaltung, von ca. 40 Menschen besucht, beinhaltete einen Input von Tourseite sowie den bereits erwähnten Soja- Vortrag. Bei diesem Tourstop diskutierten wir nach den Inputs mit den Anwesenden vor allem die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen kritischer Konsum etwas bewirken könne und wie der Konsum von diesen oder jenen Lebensmitteln mit Klassenzugehörigkeit und Einkommensstruktur zusammenhängt. Ein wichtiges Ergebnis war, dass es zwar stimmt, dass sich auch Schlechter- Verdienende Bioprodukte leisten können, wenn sie diese als unveredelte Produkte kaufen (erster Hinweis: 1 kg rohe Biokartoffeln sind um ein vielfaches billiger als 1kg Pringles- Chips, die noch dazu nicht biologisch sind / zweiter Hinweis: in den letzten Jahrzehnten ist der Prozentsatz des gesamten Einkommens, der für Lebensmittel ausgegeben wird, durch die Bank drastisch gesunken ), dennoch ist es inakzeptabel, dass veredelte biologische Produkte nach wie vor nur von Besser- Verdienenden konsumiert werden können (einmal abgesehen davon, dass unter anderem Biofleisch für 5 Mrd. Menschen eine ökologische Überforderung darstellen würde, zumindest wenn es in derart rauen Mengen verzehrt werden soll, wie das hierzulande üblich ist). Der Abend klang in einer gemütlichen Runde bei einer Flasche selbst gekeltertem Wein auf der Gastgeber- Kooperative aus. In Göttingen, unserem nächsten Stop, trafen wir auf ein weitgehend sympathisches Publikum, das, wie nicht anders zu erwarten, zu einem großen Teil bildungsbürgerlich und studentisch geprägt war. Was diese Charakterisierung für unser politisches Projekt bedeutete, haben wir untereinander viel diskutiert. Wohlwollend interpretiert gibt es sehr viel Interesse und auch Vorwissen für die von uns thematisierten Zusammenhänge, kritisch interpretiert beruht eben dieses Interesse auf einem Voluntarismus, der aus einer sehr gut abgesicherten Position heraus aktiv wird und auch darin verharrt. In jedem Fall hatte die Göttinger Vorbereitungsgruppe erreicht, auf dem Hauptplatz eine bislang auf der Tour noch nicht gesehene Vielfalt von Gruppen und Ständen zu mobilisieren. Anwesend waren Attac, ein biologischer Pflanzenbetrieb, das aktionistische „Mars- Fernsehen“, das Interviews mit PassantInnen führte, ausserdem gab es Vokü und leckere Bio- Säfte. An diesem 8. März verlas eine Göttinger Aktivistin einen Text zur Situation der Bäuerinnen und Landfrauen weltweit, den wir auf der weiteren Tour auch mit am Infotisch dabei hatten (s.u.). Die Diskussion drehte sich diesmal vor allem um Fragen der kollektiven Organisierung von Arbeit am Land und in der Landwirtschaft. Verschiedene Abstufungen und Varianten von Kollektivität wurden interpretiert und miteinander verglichen: zur Sprache kam das Beispiel der Molkereigenossenschaft, die von der Basis her organisiert sein kann, oder aber schlichtweg ein Instrument agrarkapitalistischer Ausbeutung darstellt, im schlimmsten Fall entsprechend Konzernen wie der Raiffeisen-Bank. Solidarische Stadt-Land-Kontakte mit Arbeitseinsätzen und nicht- monetären Tauschbeziehungen wurden ebenso diskutiert wie verschiedene Konzepte von Landkommunen. Hervorgehoben wurde bei der Debatte im Allgemeinen die Kritik an den patriarchalen Verhältnissen, die in konventionellen bäuerlichen Milieus wie auch in den Interessensvertretungen der BäuerInnen nach wie vor bestehen. Angekommen in Rostock, unserem sechsten Tourstop, wurden wir nach München zum zweiten Mal von schlechtem Wetter überrascht. Im Nachhinein betrachtet, sollten es die beiden einzigen regnerischen Tage bleiben, alles in allem also bei insgesamt acht Stationen eine durchaus sonnige Bilanz. Erfreulich war das recht große Interesse der lokalen Fernseh- und Radiostationen. Viele PassantInnen zeigten sich ebenfalls durchaus interessiert. Kritik, die aber in den seltensten Fällen unsolidarisch oder nationalistisch tönte, gab es daran, dass wir hauptsächlich soziale Verhältnisse in Spanien und Griechenland thematisierten und nicht die allgemein schlechte ökonomische Situation in Mecklenburg- Vorpommern. Für uns ergab sich in diesen Situationen die durchaus anspruchsvolle Herausforderung, gegenüber unseren GesprächspartnerInnen zu argumentieren, dass verschiedene Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung internationalistisch durchaus verbunden werden können und sollen (Stichwort Arbeitsbedingungen bei Lidl einerseits und an den Orten der Produktion andererseits). In Rostock besuchten uns einige GenossenschafterInnen der nahe gelegenen Longo Mai-Kooperative Ulenkrug. Nach der Strassenaktion gab’s Vokü im eigens für die G8- Proteste eingerichteten Büro. Entsprechend der lokalen Vorbereitungs- Aktivitäten war das Interesse unter den BesucherInnen der Abendveranstaltung stark auf die anstehende G8- Mobilisierung gerichtet. Inhaltlicher Anknüpfungspunkt zum Vortrag über Sojaproduktion in Lateinamerika war der Verweis zu der Futtermittelfabrik beim Rostocker Hafen, die ein wichtiges Glied in der der Kette ist, die diese Art der Produktion ausmacht. Ein Infotour- Aktivist fuhr am selben Abend zu einer Veranstaltung im nahen Bad- Doberan, wo die PDS eine G8-Infoveranstaltung organisierte. Ein Schwerpunkt bei dieser Veranstaltung war das Thema Gentechnik in Meck- Pomm, einfach deshalb weil das Stichwort „Feldbefreiung“ von den anwesenden (Natur)WissenschafterInnen und Bauern und Bäuerinnen nicht sonderlich zustimmend aufgenommen wurde. Unser vorletzter Tourstop führte uns nach Greifswald, dem Wohnort einer Tour- Aktivistin. Unterbringung war also gesichert, eine eigene Küche stand zu Verfügung. Am nächsten Tag hatte die lokale Vorbereitungsgruppe in der Greifswalder FußgängerInnenzone bereits einiges vorbereitet, bevor wir ankamen. Das erleichterte vieles und wir bauten zum letzten Mal unsere Orangenbäume auf. Bei sonnigem Wetter wurden die nun bereits perfektionierten Theaterszenen aufgeführt. Die Abendveranstaltung fand in einem wunderschönen Kulturzentrum statt. Die lokale Vorbereitungsgruppe hatte vorgeschlagen, zunächst ausgehend vom screening der Almeria-Sequenz des Filmes „We feed the world“ mit 2 kurzen Inputs über die ökologischen und sozialen Konsequenzen des industriellen Gemüseanbaus zu beginnen. Darauf folgend wurden „Tuschelrunden“ organisiert, bei denen sich die ca. 70 Anwesenden in Vierer- oder Fünfergruppen aufteilten, um über die Inputs zu debattieren. Nach einer Pause, in der’s Vokü gab, und die „Tuschelrundengruppen“ zum Teil noch immer weiterdiskutiert hatten, gab es noch, wie schon an früheren Tourstops erprobt, den Soja- Vortrag und den allgemeinen Tour-Input. Die darauf folgende Diskussion kreiste einerseits um die schon in München behandelte Frage der Bewertung von Industrialisierung und Technik und hatte andererseits die Aktionsfelder der lokal Aktiven im Blickfeld. Berichtet wurde, dass in Greifwald gerade ein internationales Gartenprojekt entsteht, weiters wurde ins Auge gefasst, dass sich die Kooperative Longo Mai, von der zwei Aktivisten anwesend waren, demnächst im Rahmen einer Infoveranstaltung vorstellen wird. Die Vorbereitungen zum G8- Gipfel blieben ebenfalls nicht unerwähnt. Berlin, der Schlusspunkt der Reise, wurde genutzt, um ein „best of“ der Aktivitäten zu präsentieren und somit das politische Projekt „Infotour G8 und Landwirtschaft“ abzurunden. Die Veranstaltung fand (unter etwas chaotischen Umständen = Berlin) im Bethanien statt, es kamen ca. 40 Leute, denen wir die inhaltlichen Eckpfeiler der Infotour und die Eindrücke und groben Diskussionsstränge an den jeweiligen Orten vorstellten. Drei Kisten Orangen hatten wir für die BewohnerInnen des Bethaniens und die BesucherInnen der Veranstaltung aufgehoben. Es erübrigt sich hinzuzufügen, dass diese reißenden Absatz fanden. Auch wir von der Tour ließen uns die Orangen bis zum Schluss schmecken… Einige aus der Infotourgruppe, März 2007 Eine Foto-Diashow über die Tour könnt ihr sehen auf der Website von Umbruch Bildarchiv unter Hier kommt jetzt noch der am 8. März in Göttingen gehaltene Redebeitrag zu Frauen & Landwirtschaft: Frauen in der globalen Landwirtschaft Frauen verrichten weltweit 2/3 aller Arbeit (inklusive der sogenannten Reproduktionsarbeit = Hausarbeit), erhalten aber nur 1/10 des Welteinkommens und besitzen nur 1 % des Eigentums. Sie bekommen im Durchschnitt 40 % weniger Lohn als männliche Arbeiter. Frauen werden bei der Ernährung, Ausbildung sowie der Gesundheitsversorgung benachteiligt. 70% der Armen weltweit sind Frauen. Frauen in den Ländern des Südens In Afrika verrichten Frauen 80% der Nahrungsmittelproduktion, besitzen aber nur 10% der Flächen. In vielen Ländern ist Frauen der Flächenbesitz generell nicht möglich, da sie kein Erbrecht auf Boden besitzen. Und das, obwohl sie vielfach die Flächen allein bewirtschaften. Die Männer verbringen einen Großteil ihrer Zeit in den Städten, wo sie seit der Kolonialzeit als Wanderarbeiter tätig sind. Ihre Flächen wurden ihnen zum Großteil von den Kolonialherren enteignet, sodass sie sich einen nicht landwirtschaftlichen Einkommensschwerpunkt suchen mussten. Seit Beginn der 1990er entwickelt sich zusätzlich eine weitere Eindämmung der traditionellen Landwirtschaft. Es werden Abkommen über Pflanzengenetische Ressourcen verhandelt, die sogenannte „geistige Eigentumsrechte“ (z. B. TRIPS) vorsehen, nach denen Pflanzen patentiert werden können. Ausgenommen sind 65 aller Kultur- und Futterpflanzengattungen. Für die meisten Pflanzen, wie sie in traditioneller Landwirtschaft in den Ländern des Südens angebaut werden, wird künftig nach diesen Abkommen ein Handelsverbot gelten, das den Handel dem Patenteigentümer vorbehält. Dies wirkt sich besonders auf Frauen aus, die vom Handel auf den lokalen Märkten leben. Frauen in Deutschland und Europa In der Bundesrepublik sind die Hälfte der in der Landwirtschaft Tätigen Frauen. Dies taucht allerdings nicht in den Statistiken auf, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie dem Bauernverband erstellt werden. Unter den Tisch fallen hier Leistungen wie Hausarbeit, Erschließen neuer Betriebszweige sowie Zuverdienst außerhalb der Betriebe, ohne die ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht am Laufen zu halten ist. Nicht nur die schlechte Bewertung ihrer Arbeit, sondern auch die mangelhafte Infrastruktur auf dem Land treibt die Mehrzahl der Frauen in die Städte. Die EU reagiert darauf mit Programmen, die zwar eine bessere Infrastruktur im ländlichen Raum schaffen – was auch Frauen zu Gute kommt – es wird aber nicht versucht, das geschlechterspezifische Machtgefälle auf den Höfen abzubauen. Hierzu ist es nötig, dass Frauen ein anerkannter und gerecht entlohnter Arbeitsplatz in der Landwirtschaft ermöglicht wird. Um die Position von Frauen in der Landwirtschaft zu stärken, muss ein generelles Umdenken stattfinden. Es muss Frauen möglich sein, Betriebe zu führen oder sich in Kooperativen zu organisieren. Die Voraussetzungen für ein Umdenken in der Gesellschaft und das Wissen um die eigenen Veränderungsmöglichkeiten müssen z. B. durch Bildungsprogramme geschaffen werden, die den Abbau der Geschlechterhierarchie in der Landwirtschaft zum Ziel haben. http://www.g8-landwirtschaft.net http://de.indymedia.org/2007/03/171414.shtml |
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