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25.05.2007

Financial Times Deutschland: Polizei gesteht Post-Kontrollen ein

Die Überwachung von militanten G8-Gegnern zieht weitere Kreise: Neben Postsendungen sind offenbar auch Internetcafés und Drogeriemärkte im Visier der Fahnder. Mittlerweile hat der Hamburger Staatsschutz eine “punktuelle” Kontrolle von Briefen bestätigt.

“Hierbei handelte es sich um richterlich genehmigte Postbeschlagnahmungen im Zusammenhang mit aufgetauchten Bekennerschreiben”, sagte Detlef Kreutzer, Leiter des Hamburger Staatsschutzes, am Freitag in Hamburg. In den vergangenen Wochen war es in Hamburg zu mehreren Farb- und Brandanschlägen von Gegnern des G8-Gipfels Anfang Juni in Heiligendamm gekommen. Anschließend gingen bei Medien Bekennerschreiben ein.

Die Deutsche Post hatte zuvor bereits Zeitungsberichte bestätigt, wonach Ermittler in Hamburger Briefzentren kontrolliert hatten. Die Beamten hätten einen richterlichen Beschluss vorgelegt, sagte ein Sprecher der Deutschen Presseagentur (dpa). „Dann müssen wir die reinlassen.”

“Unser Personal wird rigoros abgezogen”

Die Polizei habe ohne Hilfe der Post gearbeitet. Deshalb sei der Umfang der Kontrollen auch nicht bekannt. “Da wird unser Personal rigoros abgezogen”, sagte der Post-Sprecher. Die Beamten seien von Dienstag bis Donnerstag im Briefzentrum gewesen und hätten auch einen Briefkastenleerer auf seiner Tour begleitet.

Die Aktion läuft laut Zeitungsberichten unter der Federführung des Bundeskriminalamtes (BKA), die Ausführung habe das Landeskriminalamt (LKA) übernommen. Ein Dutzend LKA-Beamte sei im Einsatz. Besonders im Visier seien die Szenestadtteile Altona, St. Pauli und Eimsbüttel sowie das Schanzen- und das Karoviertel. Das BKA verwies auf Anfrage der dpa auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Von dort war eine Stellungnahme zunächst nicht zu bekommen.

Es gehe aber nicht nur darum, mögliche Bekennerbriefe an die Medien frühzeitig abzufangen. Postkastenentleerern bestimmter Touren seien sogar Briefe aus dem Beutel heraus abgenommen und direkt der LKA-Briefkontrolle zugeführt worden, bevor sie in die Verteilung gelangten.

Die Fahndung nach gewaltbereiten Gegnern des G8-Gipfels läuft laut der “Tageszeitung” (Taz) derzeit auf verschiedenen Ebenen. Das Landeskriminalamt versucht demnach auch, Internetcafés dazu zu bewegen, Videokameras zu installieren und die Aufnahmen der Polizei zur Verfügung zu stellen. Zudem habe der Staatsschutz die Drogeriekette Schlecker ins Visier genommen. Dort könnten szeneverdächtige Leute bestimmte Dinge einkaufen. An den Orten der Anschläge seien offenbar Utensilien gefunden worden, die ausschließlich zum Schlecker-Sortiment gehörten.

Kritiker zweifeln an Rechtmäßigkeit

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Hartmut Lubomierski äußerte in der Zeitung erhebliche Zweifel, dass es für derartige Maßnahmen eine rechtliche Grundlage gebe. Der Staatsrechtler und Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, Norman Paech, sagte dem Blatt: “Sollte dies durch einen gerichtlichen Beschluss gedeckt sein, dann haben die Richter jedes Maß für Grundrechtsschutz verloren.”

Die Beamten wollen laut “Morgenpost” durch das eigenhändige Sortieren der Briefe frühzeitig herausfinden, in welche Briefkästen die Bekennerschreiben eingeworfen wurden und diese dann künftig nach Anschlägen rund um die Uhr observieren.

FTD.de, 14:08 Uhr
© 2007 Financial Times Deutschland

[http://www.ftd.de/politik/deutschland/204400.html]