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2009-09-09

Aktionstag am Tag der Urteilsverkündung im mg-Prozess

Für vielfältige Aktionen am Tag der Urteilsverkündung
Aufruf des Einstellungsbündnisses

»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank …«, eröffneten die Beschuldigten Axel, Florian und Oliver am 25. September 2007 dem Gericht am ersten Prozesstag in ihrer Prozesserklärung. »Auf die Anklagebank gehören Kriegstreiber, Kriegsbefürworter und Rüstungskonzerne. Sie sind die kriminellen Vereinigungen. Sie sind anzuklagen.« Angeklagt wegen versuchter Brandstiftung als vermeintliche Mitglieder der militanten gruppe (mg) verweigern sie seit über 50 Prozesstagen die Aussage. Substanzielle Belege für eine Mitgliedschaft konnte die Staatsanwaltschaft bislang nicht erbringen.

»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank …«, ließ auch die militante gruppe indirekt verlauten: In einem Interview Anfang Juli in der »radikal« sagten sie »dass der [ihnen] zugeschobene versuchte Brandanschlag auf BW-LKWs am 31.7.2007 in Brandenburg/Havel nicht in [ihrem] ›Planungsbüro‹ ersonnen und von dort ausgeführt wurde«.

Der Prozess als Kristallitationspunkt

»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank …«, stellen auch wir als Einstellungsbündnis fest. Denn in Kriegszeiten wie diesen ist jede Abrüstungsinitiative willkommen und gehört auch in Zukunft auf die politische Agenda. Wir rufen alle Gruppen und Einzelpersonen dazu auf, sich diesen Satz zu eigen zu machen und sich an den geplanten solidarischen Protestaktionen und/oder mit eigenen Beiträgen und Aktionen zum Ende des mg-Prozesses zu beteiligen.
Gerade jetzt, gegen Ende des Prozesses, sind öffentlichkeitswirksame Protestaktionen wichtig und notwendig. Es geht dabei sowohl um die solidarische Unterstützung der Angeklagten, als auch um die inhaltliche Kritik am ersten kriegerischen Panzereinsatz der Bundeswehr seit über 60 Jahren und an den repressiven Verschärfungen in der Innen- und Sicherheitspolitik, die in diesem Prozess zusammenlaufen:
- Als deutsche Außenpolitik die Verteidigung eigener Interessen am Hindukusch zur Leitlinie machte, war damit alles gesagt: Es geht nicht um den Bau von Brunnen und Schulen zur Entwicklungsförderung, es geht nicht um die Rechte von Frauen und es geht auch nicht um Demokratieförderung oder »system change«, wenn mit deutscher Unterstützung ein Krieg geführt wird, der vor allem die Zivilbevölkerung trifft und tötet. Am Hindukusch werden in erster Linie der Zugriff auf die Rohstoffe von morgen und die dazugehörigen Handelswege freigeschossen. Dazu werden in neokolonialer Manier strategische Positionen besetzt und dann durch westkompatible Allianzen gesichert. – Auch in der Innenpolitik wird beständig aufgerüstet: Während die kontinuierliche Verschiebung der Einkommensverteilung von Arm und Reich als deutliche Kampfansage zu verstehen ist, soll den erwarteten Protesten gegen die Politik der Umverteilung durch den Einsatz von Militär begegnet werden. Neue Überwachungsoptionen gewährleistet das verschärfte BKA-Gesetz und darüber hinaus wird der Ausbau von Kontroll- und Sicherheitsdiensten gefördert und vor allem privatwirtschaftlich ausgebaut.
Diese Beispiele machen deutlich, dass die hier verhandelte versuchte Brandstiftung nichts ist gegen das Führen von Kriegen, die mit Tod, Zerstörung, und Unterdrückung einhergehen. Wenn über 60 Prozent der Bevölkerung gegen den Afghanistankrieg ist und gleichzeitig Politik und Wirtschaft seit Jahren zielstrebig an der Kriegsfähigkeit Deutschland arbeiten, dann kann zahnloser Protest zwar ignoriert werden, praktischer legitimer Widerstand, der bislang kein einziges Menschenleben gefordert hat, wird zum potenziell verbreiterungsfähigen Störfaktor und daher kriminalisiert.
Bundesanwaltschaft (BAW) und Gericht haben in den über 50 Prozesstagen ihren unbedingten Verurteilungswillen deutlich gemacht. Prozessverlauf und die verhandelten Themen machen deutlich, dass es nur mittelbar um den versuchten Brandanschlag geht, viel wichtiger für BAW und Gericht ist eine abschreckende Verurteilung mit Blick auf alle, die radikale Kritik mit radikaler Praxis verbinden. Unter diesen Umständen geht die Verteidigung der drei Beschuldigten davon aus, dass es jenseits belegbarer Fakten am Ende zu einer Verurteilung und Haftstrafen kommen wird.

Nicht dem Gericht und den Medien das Feld überlassen!

Um am Tag der Urteilsverkündung nicht den Interpretationen von Gericht und Medien das Feld zu überlassen und sichtbar zu machen, dass uns konkrete Abrüstungsinitiativen allemal sympathischer sind als deutsche Kriegspolitik, rufen wir zu einer breiten Beteiligung an Aktivitäten im Vorfeld und am Tag der Urteilsverkündung auf.
Auftakt für unsere Mobilisierung zum Tag der Urteilsverkündung im sogenannten mg-Prozess gegen Axel, Florian und Oliver ist die bundesweite Demonstration »Freiheit statt Angst« gegen Überwachung am Samstag, den 12. September 2009. Das Einstellungsbündnis ist an diesem Tag in Kooperation mit anderen Gruppen in einem eigenständigen Demo-Block anzutreffen. Wir rufen für den Tag X der Urteilsverkündung Ende September zu einem bundesweiten dezentralen Aktionstag auf. Ziel dieses Aktionstages ist es, an diesem Tag auf vielfältige Weise sichtbare mediale Präsenz zu zeigen, mit dem wir unseren Widerspruch gegen das erwartete Urteil und unsere Gegenpositionen sichtbar und hörbar in die Öffentlichkeit tragen wollen.
Inhaltlich soll der Aktionstag das Urteil, den Prozess und die Manöver von Gericht, BAW und Geheimdiensten thematisieren; ebenso wichtig sind uns jedoch die im Kontext des Prozesses kriminalisierten Themen, insbesondere Antikriegsthemen, die beständigen Verschärfungen der sozialen und politischen Verhältnisse in diesem Land und damit einhergehende Militarisierung wie Kontroll-, Überwachungs- und Repressionsmechanismen. Wir freuen uns zu diesem Tag über Grußbotschaften, dokumentierte dezentrale Aktionen, aber auch über längere Texte zu den genannten Themen.
Beteiligt euch am dezentralen Aktionstag X zur Urteilsverkündung im mg-Prozess. Kommt zu den Veranstaltungen und Terminen in Berlin. Organisiert Protestkundgebungen in euren Städten und beteiligt euch. Macht Aktionen und schickt sie zur Dokumentation an einstellung@so36.net. Achtet auf weitere Ankündigungen.

Freiheit für Axel, Florian und Oliver
Gegen deutsche Kriegseinsätze
Für neue Abrüstungsinitiativen

Einstellungsbündnis, August 2009

Termine:

12.9.2009 | Demo »Freiheit statt Angst«| 15 Uhr | Potsdamer Platz, Berlin
Tag X | Kundgebung | 8 Uhr | Gerichtsgebäude Moabit, Berlin
Tag X | Demonstration | 19 Uhr | Kottbusser Tor, Berlin

Source: http://einstellung.so36.net/de/1527