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2006-12-26

8 Bosse im Hochsicherheitstrakt

Sascha Möckel* berichtet vom Organisationsstand der Antigipfelbewegung

Die Regierungschefs der acht einflussreichsten Industrienationen treffen schon seit Jahren auf den so genannten G8–Gipfeln zusammen, um öffentlichkeitswirksam ihre „Strategie zu planen“. Nach Seattle, Genua und Gleneagles, Evian, St. Petersburg und nicht zuletzt Köln findet der Gipfel zum zweiten Mal in Deutschland statt: Vom 6.-8. Juni 2007 trifft der Gipfel in einem mit Stacheldraht geschützten Elfenbeinturm „Hotel Kempinski“ in Heiligendamm, bei Bad Doberan zusammen, 30 km westlich von Rostock. Bei KritikerInnen gilt der Gipfel als zentrale Schaltstelle der neoliberal ausgestalteten Globalisierung. Als Themen werden zum Beispiel Energiefragen, die Situation in Afrika, Eigentumsrecht, Transparenz der Finanzmärkte und Investitionsfreiheit behandelt , wobei diese Themen, wie die Erfahrung zeigt, schnell durch aktuelle Themen überlagert werden könnten.

Ein paar Eckdaten: Es werden 100.000 DemonstrantInnen und 20.000 PolizistInnen erwartet. Ein 13 Kilometer langer, 2½ Meter hoher und 15 Millionen Euro teurer Zaun macht nur einen geringen Teil der veranschlagten Gesamtkosten von 110 Millionen Euro aus. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern, welches ja erst „das teuerste Grillfest der Welt“ - den Bush-Besuch - mitfinanzieren durfte, werden voraussichtlich Kosten von 10 Millionen Euro entstehen.

Vorbereitungen zu Protesten laufen in allen außerparlamentarischen Spektren auf Hochtouren. Die Mobilisierung wird von vielen Einzelpersonen und Direct - Action - Netzwerken organisiert. Um nur einige zu nennen: Globalisierungsgegner aus aller Welt, christliche und Antifa/-ra Gruppen, diverse NGO’s wie attac, Weed (World Economy, Ecology & Development) oder Dissent. Weiter: Linksradikale, das Rostock-Bündnis**, das No-Lager-Netzwerk, die Buko (Bundeskoordination Internationalismus) und Gewerkschaften. Das Umfeld der Linkspartei, inklusive der Jugendverband ’solid, versucht ebenfalls auf den Zug aufzuspringen, obwohl eine gewisse Schizophrenie nicht zu leugnen ist: Von der (kürzlich noch) rot-roten Regierung wurden einerseits verschärfte Polizeigesetze verabschiedet und andererseits Solidaritätsbekundungen ausgesandt.

Die Blockade der Zugänge zum Gelände und die Erzeugung von Öffentlichkeit für die Aktionen sind einige der vielfältigen Protestaktionen, mit denen gleichzeitig neue Vernetzungen entstehen sollen. Geplant sind ferner ein Gegengipfel, Massenblockaden und Großdemonstrationen. U2 und Herbert Grönemeyer wollen in einem Konzert - ähnlich wie vor 2 Jahren in Schottland - die Stimme gegen die Armut erheben. In einer Pressemitteilung stellte aber Grönemeyer klar, dass er mit den Protestgruppen nicht in Verbindung gebracht werden möchte, was für Unmut sorgt.

Auch sonst werden die üblichen Spiele gespielt, die Polizei sieht es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an „die friedlichen von den gewalttätigen Demonstranten zu trennen“, wie der Einsatzleiter Abramowski kürzlich auf einer Pressekonferenz mitteilte. Innerhalb der Protestbewegung ringen Akteure um Einflussnahme auf Protestformen.

In Dresden beginnt die Mobilisierung nur schleppend. Es gibt zwar ein Netzwerk in der APO (Außerparlamentarische Opposition), aber das scheint (noch) ziemlich inaktiv zu sein. Gewerkschaften und Parteien schieben die dringend notwendigen Aktivitäten vor sich her. Die WIR-AG, das Büro von Bonk, Knoche, Kipping (Linkspartei Abgeordnete) in der Neustadt, bot zwar im November eine Vorstellung des von Katja Kipping und Christine Buchholz herausgegebenen „Buchs zum Gipfel“ an (siehe SO! Tipp in SO! 11/2006), doch sonst ist noch nicht viel zu spüren.

Weitere Informationen findet Mensch auf www.gipfelsoli.org.

*Sascha Möckel beteiligt sich an der Anti-G8-Mobilisierung und freut sich über Hinweise oder eine Kontaktaufnahme

**Rostock-Bündnis/ Rostockbündnis: NGO-Plattform für Aktionsnetzwerk Heiligendamm 2007, das sich bisher hauptsächlich aus Umwelt- und Entwicklungsorganisationen zusammensetzt und ein loser Zusammenschluss aus Friedensinitiativen, linken Bewegungen und Einzelpersonen ist, Anm. T.S.

[http://www.linke-bildung-kultur.de/index.php/archives/2006/12/14/8-bosse-im-hochsicherheitstrakt/#more-331|]