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2007-02-08

Gedanken zur Kampagne gegen die Natokonferenz

Die Kampagne gegen die Nato-Sicherheitskonferenz kommt in ihr 6. Jahr. Seit 2002 können sich die Kriegsstrategen, Rüstungsmanager und Waffenlobbyisten nicht mehr ohne ein riesiges Bullenaufgebot versammeln. Die SiKo delegtimiert sich noch stärker durch die aktuellen Äußerungen Horst Teltschiks, der sich öffentlich über die Demokratie beschwert und zu verstehen gibt, dass Demonstrationen in einer von ihm gewünschten Diktatur gar nicht erst stattfinen könnten. Der folgende Artikel gibt einen Rückblick auf vergangene direkte Aktionen gegen die SiKo, beleuchtet die Rolle der Nato-Sicherheitskonferenz und versucht einen Ausblick auf den G8-Gipfel, sowie zukünftige Mobilisierungen.

In Bewegung bleiben

Kurzer Rückblick

Am 26.1.2007 brannte das Auto von Herbert Aly, Vorstand bei Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) in Hamburg-Groß Flottbek aus. Bei einem weiteren Thyssen Krupp-Vorstand für U-Boote (auch TKMS) wurde das Haus und Auto mit Farbe und Steinen angegriffen (siehe Dokumentation des Aktionsschreiben in der Interim 649 oder http://dissentnetzwerk.org/node/48 ). Zu den Aktionen bekannten sich Revolutionäre Anti-Militaristische AktivistInnen (RAMA). Sie sehen ihre Aktion „als Zeichen der Verbundenheit mit der Kampagne gegen die Sicherheitskonferenz und als Beitrag für eine Mobilisierung gegen den G8-Gipfel (…)“. Bereits vor einem Jahr am 5.1.2006 brannten 2 Transporter der Kriegsausrüstungsfirma Imtech Deutschland in Hamburg aus. Damals bekannte sich eine Militante Antimilitaristische Initiative (M.A.M.I.) zu der Aktion. Sie grüßte mit dieser Aktion „die GenossInnen, die es inzwischen im 5.Jahr in Folge geschafft haben, diesem MörderInnentreff zu einem Angriffspunkt antimilitaristischer und systemantagonistischer Gruppen zu machen.“ (siehe Zeck 131). Am 4.2.2004 wurden mehrere Brandsätze unter Fahrzeuge einer Mercedes-Benz-Niederlassung in München gelegt. Die Brandsätze zündeten durch einen technischen Defekt nicht. Eine Initiative der Maxwell-Schreiber-Group bekannte sich zu dieser „Intervention“. Das Schreiben endet mit dem Aufruf: „No pasaran – die Kriegsplaner dürfen nicht durchkommen! Blockiert und sabotiert die Kriegskonferenz in München! (…)“. Alle Papiere beschreiben detailliert die Militarisierung in Europa und Deutschland und beleuchten die angegriffenen Konzerne. Begleitet wurde die Siko in den vergangen Jahren durch verschiedenste Aktionen in München selbst (link), aber auch bundesweit kam es immer wieder zu Soliaktionen.

Die Brisanz und Rolle der NATO-Sicherheitskonferenz in München

Rüstungsfirmen sämtlicher Coleur geben sich jährlich seit 1962 in der ursprünglich als „Wehrkundetagung“ genanten und später in „Sicherheitskonferenz“ umgelogenen Veranstaltung ihr „Stell-Dich-ein“. Unter ihnen waren in den vergangen Jahren unter anderen folgende Konzerne: AEG-Europaen Advisory Group, BDI (Bund der Deutschen Industrie), BMW (Herbert Quandt Stiftung), CNC AG – Metallverarbeitung, Booz Allen Hamilton, Wirtschafts-Institut, Diel & Co – Lenkwaffen, Howaldswerke – Deutsche Werft AG, U-Boote, Industrieanlagen Betriebs-Gesellschaft mbH, Kraus-Maffei-Wegemann, Panzer, Siemens AG-Elektronik, Kommunikationstechnik, Rheinmetall AG, Rolls Royce, …
Die Verknüpfung zwischen Privatwirtschaft und Kriegsplanern könnte deutlicher nicht ausfallen, als in den Finazierungskonferenzen. Die erste fand 2005 statt, dieses Jahr wird es eine weitere geben. Im Anschluß auf die Konferenz, die vom BDI (Bund der deutschen Industrie) und der deutschen Bankengruppe veranstaltet wird, werden die 100 VetretererInnen anschließend in den Bayerischen Hof gekarrt und offiziell begrüßt. Das Kapital weiß schon längst, dass es für die Aufrechterhaltung der globalen ausbeutungsverhältnisse die militärische Absicherung notwendig ist. BDI Chef Rogowski brachte es vor zwei jahren auf den Punkt:“Wer wehrtechnisch nichts zu sagen hat, hat auch außenpolitisch nichts zu sagen“ (Originalzitat). Der verteidigungswirtschaftliche Ausschuß des BDI forderte zudem mit Blick auf die NATO-Konferenz in München in einem Positionspapier die Bundesregierung auf, „die Rüstungsindustrie als strategische Ressource und Instrument einer aktiven Außenpolitik zu begreifen und industriepolitisch zu unterstützen“. Die Rüstungsindustrie und Privatwirtschaft hat längst die aggressive imperalistische Außenpolitik der EU begriffen und erhält bereits Milliardenaufträge (z.B. Siemens) und hofft auf weitere. Die Leitlinien der europäischen außenpolitischen „Sicherheitrichtlinie“ unterscheiden sich in keinster Weise von der aggressiven außenpolitischen Militärdoktrin der USA. In den Leitlinien sind ähnlich, wie bei der USA Präventivkrieg eingeschlossen. Die deutschen Militäreinsätze vor der libanesischen Küste, in Afghanistan, im ehem. Jugoslawien, am Horn von Afrika, im afrikanischen Kontinent, die Bestellung weitere Tornados sind erst Vorzeichen für aktive Militärinterventionen in naher Zukunft überall auf der Welt. Eine Anfrage im landtag bestätigte, dass die Bundeswehr während der SiKo-Tage das Hausrecht im Bayerischen Hof habe, sämtliche Kontrollen etc. werden von ihen durchgeführt. Es handelt sich damit um einen Bundeswehreinsatz im Inneren, der keine gesetzliche Grundlage hat. Das ist den Veranstaltern der SiKo sowieso egal. Das „i-Tüpfchen“ aber setze Horst Teltschik selbst am verganen Mittwoch in einem Interview im Bayerischen Rundfunk ( http://www.br-online.de/bayern-heute/artikel/0702/07-Teltschik/index.xml ). Horst äußerte sich in diesem Interview folgendermaßen: „Es ist die Tragik jeder Demokratie, dass bei uns jeder seine Meinung öffentlich vertreten darf und dass man politisch Verantwortliche in einer Demokratie schützen muss. In Diktaturen würde so etwas nicht passieren“ (Orginalzitat!).
In einem Interview in der Frankfurter Rundschau-Beilage vom 7.2.2007 formulierte er es noch vorsichtig, klagte über die Diffamierung seiner Person und Konferenz und, dass jedes Jahr derselbe Altkommunist hinter den Demos stände. Zudem instrumentalisierte er den 2.Weltkrieg, indem er davon spricht er sei „selbst ein Kriegskind“ und „Flüchtling“, er wisse was „Krieg bedeute“. Mit keinem Wort natürlich erwähnt er den Hintergrund. H.Teltschik ist Sudetendeutscher. Mit Vertreibung meint er nicht die Naziverbrechen des 3.Reichs, sondern der Roten Armee. In einem länger zurückliegenden Interview eines Lokalblattes – H.Teltschik wohnt in einer großen Villa direkt am Tegernsee – spricht er ganz offen, dass die Linken ihn jahrelang um seine Habilitation gebracht hätten und spricht von Schlägereien als Jugendlicher mit Ausländern, um sich als „Sudetendeutscher“ zu behaupten. Das er seine Emotionen nicht ganz im Griff zu haben scheint zeigt das Interview im Bayerischen Rundfunk, wo er die „demokratische Freiheit“ (die in München an diesem Wochende bzgl. Versammlungsfreiheit sowieso nie bestanden hat) offen ablehnt. Das ging dann selbst dem „CSU-Kameraden Podiuk“ (stellvertretender Fraktionschef der Rathaus-CSU) zu weit, dieser bezeichnete die Äußerungen Teltschiks als „völlig unangebracht“, hakt aber nach es wäre der „Druck“ unter dem Teltschik stehe und weil er ständig von einer Szene, „die bis in den linksradikalen Bereich“ reiche, und von „Gewalttätern“ angegriffen werde. Das auch Podiuk Probleme hat weiß jede und jeder bereits vom vergangen Jahr: damals bezeichnete er einige übersprühte Schilder und Parolen an Wänden als „Terror“ und „Gewaltexzesse“ (siehe: http://de.indymedia.org/2006/02/137733.shtml ).

Der Staat macht mobil

Der Staat reagierte auf das breite Bündnis, dass sich bis heute nicht in „gut“ und „böse“ hat spalten lassen (siehe u.a. den aktuellen Bündnisaufruf von über 70 Gruppen und Organisatoren, worin es heißt „(…) Als breites Bündnis unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Gruppen sind wir Teil der weltweiten Widerstandsbewegung gegen soziale Demontage, gegen imperiale Vorherrschaft, gegen Rassismus und Aufrüstung, gegen Folter und Krieg. Wir lassen uns nicht spalten: Unsere Vielfalt ist unsere Stärke.“), in unterschiedlicher Weise. 2002 erfolgte ein Totalverbot. Trotz der Abweisung tausender Demonstrationen und einem Ausnahmezustand über ganz München durchbrachen ca. 10000 DemonstrantInnen das Verbot. Diese Variante der Repression scheiterte, im Jahr 2003 folgte der sozialdemokratische Spaltungsversuch des OB Ude – trotz massiver städtischer Mobilisierung (tausende Plakatständer) und dem bayernweiten „Herankarren“ von DGB-Mitgliedern mit Umsonst-Bussen konnte die Stadt nicht punkten. Zu ihrer, in der Presse als „gute Demo“ genannten Veranstaltung kamen maximal 7000, die „böse“ große Bündnisdemonstration mobilisierte 25000. In fast allen Jahren gab es selektive Durchsuchungen (Kafe Marat oder Infoladen). 2007 folgte der bisher massivste Repressionschlag. Insgesamt 11 Objekte wurde wegen Aufrufen zu Blockaden in Rostock-Laage gerazzt (als Vorwand diente der linksradikale Aufruf „G8 & SiKo angreifen“, sowie die Broschüre „In Bewegung bleiben“) – genaueres, siehe: http://de.indymedia.org/2007/01/166564.shtml . Warum der Staat dieses Jahr so massiv zugeschlagen hat kann an dieser Stelle nicht abschließend eingeschätz werden. In jedem Fall scheinen einige Büttel sich ganz schön den Kopf zu zerbrechen mit der starken Mobilisierungen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm.

Ausblick

Es macht in jedem Fall Sinn die kommenden Jahre die Mobilisierungen gegen die NATO-Kriegskonferenz zu einem Kristallisationpunkt linker Gruppen zu machen. Die letzten Jahre haben die SiKo delegetimiert, Positionen gegen Kapitalismus, Patriarchacht und Krieg in die Öffentlichkeit gestellt und führten zudem zu einer starken Kritik an den staatlichen Angriffen gegen linke Politik ( siehe aktuelle Artikel in der SZ: ). Um wieder mehr Dynamik in die Mobilisierung zu bringen finden wir es zumindestens überlegenswert, die Mobilisierung gegen die NATO-Kriegskonferenz, aber auch gegen den G8-Gipfel in einen größeren lokalen Bezug zu stellen. Beispiele für Militarismus gibt es in jeder Stadt. Von Kriegerdenkmälern, Rüstungsfirmen, öffentlichen Gelöbnissen der Bundeswehr bis hin zu größeren Veranstaltungen wie Veteranentreffen oder die „Traditionstreffen der Gebirgsjäger“ in Mittenwald. Zum G8 gibt es eine ganze Reihe an Verbindungen – selbst so banale Verknüpfungen, wie z.B. die verdi-Kampagne gegen LIDL und Aktionen gegen globale Lebensmittelketten (bietet sich bspw. Zum G8 Aktionstag globale Landwirtschaft an) Es gab in der Vergangenheit bereits bundesweit parallel zur SiKo Aktionen. Dabei war vom Strassentheater, der „Clowns Army“ bis hin zu Angriffen gegen Rüstungsfirmen alles dabei. Eine breite Palette von Interventionsmöglichkeiten also.

In diesem Sinne: G8 & SiKo 2007, 2008, 2009… angreifen!

Einen Überblick sämtlicher geplanter Aktionen findet ihr unter: www.no-nato.de

Vergangene Mobilisierungen lassen unter http://de.indymedia.org/siko/
oder in der Broschüre „In Bewegung bleiben“ ( http://de.indymedia.org/2007/01/167134.shtml ) nachlesen.

[http://de.indymedia.org/2007/02/167867.shtml]


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