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2006-10-05

glocal group Hanau zum Agendavorschlag für das hamburger Treffen

zur inhaltlichen ausrichtung

wir halten die inhaltliche ausrichtung zunächst für die zentrale frage, da davon ja maßgeblich abhängt, wie weit diese g8-mobilisierung tatsächlich das potential hat "längerfristige struktureffekte" zu entfalten, wie ihr es nennt. wichtig ist uns, schwerpunkte herauszudiskutieren, entlang derer sich verschiedene gruppen und spektren aktiv in die mobilisierung einbringen werden. was sind dazu die ersten überlegungen der einzelnen? wo gibt es schon anklingende gemeinsame interessen? wo bietet sich die möglichkeit über diese mobilisierung verschiedene themenstränge miteinander in bezug zu bringen? die von euch aufgezählten beispiele (wasserprivatisierung sowie arbeit und migration) erscheinen uns ziemlich willkürlich benannt und sie waren ja vielleicht sogar so gemeint - um klärung herauszufordern.

in der debatte sollten themenfelder und forderungen etc. vor allem auf zwei ebenen genauer unter die lupe genommen werden: wie lassen sie sich inhaltlich gegen den g8 in anschlag bringen? und wo liegt ihr potential an gegenseitiger bezugnahme, wo liegen die möglichen brücken zwischen verschiedenen bewegungsteilen? also durchaus auch eine strategische diskussion: auf welchen ebenen verdichtet sich gerade sowieso was? wie kann uns da die g8-mobilisierung helfen weiterzukommen? um die debatte ein bißchen anzuheizen, spitzen wir mal auf eine mögliche inhaltliche ausrichtung zu - und sind gespannt, was ihr davon haltet.

globalisierung von unten - aneignung, migration und prekarisierung

wir schlagen "globalisierung von unten" als zentrales motto einer anti-g-8-mobilisierung vor.es signalisiert einen offensiven globalen bezug und steht gegen die immer wieder verbreitete wahrnehmung, wir seien "globalisierungsgegnerinnen". damit fordern wir zudem jede nationalstaatliche oder auch (euro)protektionistische herangehensweise heraus, wie sie ja z.b. in der linkspartei oder teilen der sozialforumsbewegten sehr präsent ist (und von nazis gar nicht zu reden).
"globalisierung von unten" muss allerdings übersetzt und gefüllt werden, und damit in jedem fall über den klassischen (unterstützungs-)internationalismus hinausgehen und sich auf konkrete auseinandersetzungen hier beziehen. deshalb schlagen wir als unterzeile das dreieck "aneignung, migration und prekarisierung" vor.
in diesen drei untereinander sehr komplex verbundenen feldern stecken für uns die wesentlichen gesellschaftlichen auseinandersetzungen (siehe auch unseren text unter http://www.metzgerstrasse-hanau.org/3d/text.html) und sie bieten anknüpfungspunkte in verschiedenste richtungen.

aneignung
als "antwort" auf enteignung und ausbeutung - als treibendes offensiv zu lesendes moment von alltagskämpfen. während hier mit z.b. den umsonst-kampagnen und den "überflüssigen" der bezug zu sozialen auseinandersetzungen gesucht wird, liessen sich auf globaler ebene massenweise geschichten finden, an die anzuknüpfen sich lohnen würde: ob landbesetzungen oder kämpfe gegen wasserprivatisierung in lateinamerika, massenhafter stromklau in südafrika, produktpiraten-märkte in osteuropa...

migration
beeinhaltet auf der einen seite flucht, krieg und vertreibung, die zurichtung der herkunftsländer, neokolonialismus... kürzlich hatte es ja von der bremer nolagergruppe schon eine diesbezügliche anregung gegeben, die im zuge der mobilisierung für letztes wochenende nach mecklemburg-vorpommern diese brücke gesucht hatten. (und sonntag vor dem schweriner innenministerium gab es dann übrigens auch die ansage: 2007 im zuge des g8 werden wir mit tausenden wiederkommen - und die lager schliessen!) im sinne von "globalisierung von unten" würden wir migration aber auch als soziale bewegung, als aneignungsbewegung lesen: menschen die sich dieser zurichtung widersetzen, das ausbeutungsgefälle unterlaufen, die grenzen unterwandern oder -wie aktuell in ceuta und melilla- sogar regelrecht stürmen.

prekarisierung
wäre dahingehend zu thematisieren, dass dieser prozess eben nur in den metropolen (und dort ja auch nur für einen teil der bevölkerung) ein "neueres", sich verbreitendes phänomen ist und im historischen und globalen rahmen schon immer "normalzustand" war. und dass dies keine einfache erfindung aus den kapitalistischen kommandozentralen ist, sondern auch reaktion auf die "flexibilisierung von unten", auf die verweigerungen und fluchten aus dem fabrik- und hausarbeitsalltag.

noch eine zusatzbemerkung: seit geraumer zeit gibt es bemühungen, insbesondere durch die konferenz "die kosten rebellieren" sowie den euromayday, die querverbindungen zwischen prekarisierung und migration zu thematisieren bzw. die dazu arbeitenden initiativen aus antirassistischer und gewerkschaftslinker in intensiveren austausch zu bringen. im kommenden jahr wird es möglicherweise mit einer kombination aus "kosten-rebellieren-II" und euromayday II weitergehen (wozu bei einem treffen mitte oktober dazu eine vorentscheidung fallen wird). und dabei wird sich sicherlich auch die frage auftauchen, welche schubkraft sich für diese prozesse auch durch eine g8-mobilisierung erhofft wird bzw. wie sich euromayday und g8-mobilisierung aufeinander beziehen könnten.

zusätzliche schwerpunktsetzung osteuropa?
angesichts der tatsache, dass der nächste g-8 in st. petersburg stattfinden wird, stellt sich für uns die frage, ob in der angehenden mobilisierung nicht ein besonderer schwerpunkt auf osteuropa gesetzt werden sollte. die kontakte haben sich in den letzten jahren ja u.a. durch nobordercamps, diverse touren und gegenseitige besuche verstärkt. aneignung, migration und prekarisierung ließe sich auch hier, vom eigenmächtigen kohleabbau über die arbeitsmigration oder das osterweiterte grenzregime bis hin zu den unterschiedlichen arbeitskämpfen, auf verschiedenste prozesse und konfliktualitäten beziehen.

schlußbemerkung:
zwei bereiche fielen uns auf, die in unseren bisherigen ausführungen und auch in "unserem inhaltlichen dreieck" nicht ganz so einfach querzuverbinden sind:
-krieg (innen und außen)
-ökologie/ neue technologien
wahrscheinlich gebe es noch mehr themenbereiche, die fehlen. aber uns wäre es wichtig für die inhaltliche mobilisierung, nicht einen großen themenjahrmarkt aufzumachen, sondern auf bestimmte themenfelder zu focussieren und eben nach den brücken zwischen den bereichen zu suchen.
darüber zu diskutieren, fänden wir jedenfalls die wirklich spannende erste runde. und daher nochmal der vorschlag: drei volle stunden - ruhig in kleineren arbeitsgruppen - aber eben konzentriert an diesen fragen.
wir freuen uns auf ein spannendes erstes treffen,
liebe grüße,

die glocals aus hanau