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2005-10-21

nolager Bremen zum Treffen in Hamburg

wir möchten ebenfalls - wie schon die hanauer/innen - einige anmerkungen zum berliner agenda-vorschlag fürs nächste wochenende in hamburg machen.

(...)

zum inhaltlichen:

wir möchten an dieser stelle weder ein motto noch konkrete schwerpunktsetzungen vorschlagen. stattdessen möchten wir einige der probleme bzw. kriterien festhalten, entlang derer wir bislang die frage der inhaltlichen ausrichtung diskutiert haben:

a) gemischtwaren-laden vs. inhaltliche zuspitzung

klar ist: eine breite protestbewegung gegen den g8, an der die unterschiedlichsten menschen, gruppen und sozialen bewegungen mit von der partie sein sollten (was wohl in unser aller interesse liegen dürfte), wird sich nicht auf einen gemeinsamen nenner bringe lassen. das zu erwarten wäre weder realistisch noch klug. und doch: vielfalt kann auch zur schwäche werden, und zwar dann, wenn die öffentlichkeit nicht mehr erkennt, worin eigentlich ‚unser' anliegen besteht (außer halt zu den leuten zu gehören, die ohnehin immer gegen alles sind). diese erfahrungen haben manche von uns z.b. auf dem frankfurter (2001) und kölner (2003) grenzcamp gemacht. demgegenüber würden wir - vor dem hintergrund unserer inzwischen 3jährigen nolager-erfahrungen - sagen, dass es für die vermittlung sowohl nach ‚innen' als auch nach ‚außen' politisch nützlich (gewesen) ist, mit ‚nolager' einen konkreten politischen focus (gehabt) zu haben.
in diesem sinne möchten wir vorschlagen, dass ‚wir' versuchen sollten, uns auf einige zentrale schwerpunkte zu verständigen. das dürften sicherlich nicht solche relativen) mini-themen sein wie ‚nolager'. wir denken eher an großthemen bzw. -forderungen wie ‚schuldenstreichung', ‚reparationen', ‚wto abschaffen', ‚soziales existenzgeld weltweit', ‚globale bewegungsfreiheit' etc. in diesem zusammenhang finden wir die hanauer dreieinigkeit aus "aneignung, migration und prekarisierung" im übrigen hilfreich, bietet sie doch für die gemeinsame suchbewegung sinnvolle anhaltspunkte.
ach ja: wenn wir von ‚zentralen schwerpunkten' sprechen, dann meinen wir nicht, dass andere themen nicht verhandelt werden sollten bzw. dürften. nein, natürlich nicht! alle sollten mit ihren steckenpferden am start sein, unser anliegen ist einzig, dass wir aus den genannten gründen auch über einige (wenige) zentrale themen und forderungen verfügen sollten.

b) nord/süd-konflikt vs. sozialpolitische themen

das ‚empire', der ‚autoritäre neoliberalismus' oder wie immer mensch dieses ‚ding' nennen möchte, ist global. vor diesem hintergrund ist es natürlich richtig bzw. notwendig, dass mensch die herrschenden verhältnisse aus unterschiedlichen perspektiven in frage stellt bzw. angreift. konkret: es gibt keinen privilegierten standpunkt - der kampf z.b. gegen die wto geht alle menschen an, ob im süden oder norden. er umfasst den kampf gegen den abbau sozialer und politischer rechte im norden genauso wie den kampf um wasser oder gegen biopiraterie im süden. und doch: wir fänden es falsch, würden die unterschiede zu sehr eingeebnet werden. so wie prekarisierung für unterschiedliche menschen unterschiedliches bedeutet (die berühmte programmiererin hat einfach andere sorgen als die papierlose haushaltshilfe), so gibt es auch im globalen rahmen ein krasses nord-süd-gefälle.
dies sollte unseres erachtens bei der debatte um die inhaltliche ausrichtung berücksichtig werden. konkret fänden wir es durchaus angemessen, wenn die globale nord-süd- (bzw. west-ost)problematik ein relativ stärkeres gewicht bekäme als nord-immanente themen. wir betonen das, weil dies unserers erachtens beim diesjährigen (dissent-)g8-protest nicht immer der fall gewesen ist. wenn mensch einmal davon absieht, dass dort (außer bei einigen wenigen aktionen) ohnehin nicht all zu viele inhalte ventiliert wurden, so hat es in schottland kaum bezug auf die globalisierungskritischen bewegungen im süden gegeben - weder auf inhalte noch forderungen bzw. slogans á la "die welt ist keine ware".
apropos "die welt ist keine ware". auch wenn es sich bei diesem und verwandten slogans - etwa: "eine andere welt ist möglich" - um slogans handelt, die bereits politisch besetzt sind (nicht zuletzt durch attac), wir finden es durchaus überlegenswert, bei der frage des zentralen mottos bezugnahmen bzw. anleihen bei anderen bewegungen zu machen. zumindest in klangästhetischer hinsicht fänden wir das reichlich attraktiver als das von hanau (experimentell vorgeschlagene) motto "globalisierung von unten"...

c) breites vs. weniger-breites bündnis

wir waren etwas erstaunt, dass diese zentrale frage (schließlich gibt es ja auch das bündnisprojekt der interventionistischen linken) gar nicht direkt im agenda-vorschlag aus berlin auftaucht. wir denken mal, dass dies nicht völlig zufällig ist, und doch finden wir, dass wir dieser frage auf entspannte (!) weise von anfang an unsere aufmerksamkeit widmen sollten.
wir denken, dass sich viele der damit verknüpften fragen am besten zusammen mit den inhalten diskutieren lassen. schließlich hängt es sehr stark von der inhaltlichen ausrichtung ab, mit wem mensch es als potentiellen bündnispartner/innen zu tun hat bzw. zu tun haben will. so stellt sich bei sämtlichen nord-süd-themen insbesondere die frage, wie mensch es mit attac, weed und co hält, bei sozialpolitischen fragen dagegen kommt vor allem die frage auf, welches verhältnis mensch zu linken gewerkschafter/innen oder gar zur linkspartei einnehmen möchte. wir sollten diese frage auf keinen fall erst in der abschlussrunde am sonntag diskutieren, wir denken stattdessen, dass sie je nach diskussionverlauf ggf. auch früher auf die tagesordnung kommen sollte.

soviel von unserer seite. herzliche grüße,

nolager bremen