Vorschlag der Berliner Gruppe Six Hills
Wir haben oft darüber diskutiert welchen Namen wir für die Organisierung favorisieren. Zunächst schien uns die Organisierung unter "dissent!" sehr plausibel: "dissent!" wurde gegründet als eine Organisierung, die auch nach dem G8 2005 Bestand haben soll (das tut sie im übrigen auch). Für Viele sind die Proteste in Schottland eng mit diesem Begriff verbunden.
Durch die Fortführung unter diesem "Label" würden wir auch den Anspruch von "dissent!" aufgreifen, kontinuierlich zu arbeiten.
Es böte die Möglichkeit, ein tragfähiges internationales Netzwerk für zukünftige Mobilisierungen aufzubauen (bisher bestanden die Bündnisse für Aktivitäten gegen WTO, G8 oder EU nur bis zum Ende der Gipfel, höchstens bis alle Leute aus dem Knast entlassen waren). Diese Kontinuität herzustellen ist auch die Idee der in Hamburg initiierten AG "Internationale Mobilisierung"; hier jedenfalls mindestens für 2006 und 2007.
In vielen, wahrscheinlich allen Ländern außerhalb Deutschlands wird der Begriff "linksradikal" zudem überhaupt nicht verwendet; dort gibt eher Unterscheidungen zwischen anarchistischen oder kommunistischen, vielleicht auch emanzipatorischen, antiautoritären oder dogmatischen Gruppen. Daher plädieren wir dafür, der immerhin internationalen Mobilisierung nicht einen deutschen (oder anderen) Abgrenzungsstempel aufzudrücken indem das Ganze "Linksradikales Bündnis" (womöglich wirklich als deutschsprachiger Begriff) genannt wird.
Die Kritik (von uns und anderen) an dem Namen "dissent!" war zum Beispiel, dass es in Großbritannien lediglich eine Organisierung innerhalb weniger radikaler Spektren und für viele linke Gruppen nicht einladend gewesen sei. Zudem stünde die "dissent!"-Organisierung für Scheitern. Positiv ausgedrückt: Wenn wir uns in die Tradition vorangegangener Organisierungen stellen wollen, warum nicht weiter zurückgehen?
Das einzige was uns dazu als Bündnis nennenswert einfiel war das "Direct Action Network" in Seattle. Es war ein Bündnis zahlreicher linker, undogmatischer und anarchistischer Gruppen. Als deren Demo angegriffen wurde, eilten ihnen TeilnehmerInnen anderer Demonstrationen zu Hilfe und es kam zu den Riots wie wir sie kennen.
Leider ist der Begriff "Direct Action" eng mit der anarchistischen Bewegung verknüpft, so dass er für eine Mobilisierung zu 2007 wiederum viele Gruppen und Personen abstoßen würde. Zudem wollen wir ja explizit nicht nur Action, sondern auch Words: Wie die Leute von der Rhein/ Main-Vorbereitungsgruppe schreiben, bietet die frühe Organisierung die Chance, kontroverse Debatten innerhalb der segmentierten Linken wirklich auszutragen.
Also: Auch wenn "dissent!" in unseren Ohren holprig klingt (bzw. mit dem Ausrufezeichen holprig zu lesen ist) und vielleicht nicht der schönste Begriff ist: Es gibt ihn, er hat eine Geschichte und viele Leute haben sich an der Mobilisierung beteiligt - international. Mag sein dass sich innerhalb Großbritanniens eher ein kleines, vielleicht marginales Spektrum unter "dissent!" organisiert hat. In Deutschland hat "dissent!" jedenfalls sehr viele verschiedene Gruppen und Einzelpersonen angesprochen (eine Anekdote: es gab sogar eine Gruppe britischer "Christen", die sich innerhalb "dissent!" organisierten. Erwartungsgemäß gab es darum viel Streit).
Zur Kritik, dass "dissent!" für Scheitern stünde, ein Fußballvergleich: Es ist ein Reflex, nach dem ersten verlorenen Spiel sofort den Trainer auszutauschen.
Sehen wir es doch eher als ein Training für 2007!
Six Hills, Dezember 2005
six_hills@mail.so36.net