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2006-03-12

Selbstverständnis - Diskussionsbeitrag

Wir verstehen uns als ein Bündnis von Einzelpersonen und Gruppen aus linken Zusammenhängen in Hamburg und Umgebung. Das Bündnis trifft sich regelmäßig am 3. Donnerstag im Monat in der Chemnitzstr. "Alte Feuerwache". Unser gemeinsames Ziel ist den G8 2007 anzugreifen, zu stören und zu verhindern. Die Mobilisierung, Vorbereitung und Aktivitäten abzustimmen und zu koordinieren, sowie uns gegenseitig darin zu unterstützen. Das Bündnistreffen fungiert als Basis, um eine tragfähige und offene Struktur in Hamburg und darüber hinaus aufbauen zu können.

Wir sehen uns als Teil eines bundesweiten Netzwerkes, das sich unter den pga-eckpunkten zusammengefunden hat (weiteres i. d. zeck nr.129 vom November/ Dezember 05).

Hamburger anti-G8-Bündnis

Kapital - MUSS WEG ! Staat - MUSS WEG !

Die führenden sieben Industrienationen und Russland beschließen, bei ihren jährlichen Treffen, dem G8-Gipfel, in ihrer Tradition als Weltmächte, Strategiepläne. Sie beheimaten die einflussreichsten und umsatzstärksten Unternehmen der Welt1, deren Interessen sie, auf Kosten aller Menschen, vertreten.
So wird im Namen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland, und den USA, die fast 70% des Weltsozialprodukts erwirtschaften, eine neoliberale Umstrukturierung der Wirtschafts- und Sozialsysteme vollzogen. In allen sozialen Bereichen wird privatisiert2, der Wert eines Menschen über dessen Leistungsfähigkeit definiert. Die Arbeitsverhältnisse werden immer prekärer, weil profitable Unternehmer ArbeiterInnen entlassen3, der Staat ArbeiterInnenrechte abbaut oder verhindert und so die davon betroffenen Menschen in existenzbedrohende Situationen bringt.
Diese Entwicklung wird durch die bürgerlichen Parlamente getragen und mitbestimmt, durch die Polizei nach Innen abgesichert und nach Außen durch Armeen (Nato / WEU ) durchgesetzt.
Angetrieben von der Idee der Gewinnmaximierung, die durch Lobbyisten vertreten und von den MainStream-Medien4 mitgetragen wird, reicht der Einfluss der G8 weit über die eigenen Grenzen und Freihandelszonen hinaus. Dieser zeigt sich u. a. in der Weltbank (WB) und den internationalen Währungsfonds5 (IWF), bei denen die G8-Staaten die Hälfte der Stimmanteile halten. Die Weltwirtschaftsvorstellungen der G8 finden sich auch in den Liberalisierungs-gesetzen6 der Welthandelsorganisation (WTO) wieder. Diese Gesetze zielen auf freien Handel, Deregulierung, Privatisierung und Patentierung sämtlicher Güter, Ressourcen, Lebewesen und Ge danken ab. Tödliche Armut und Hunger7 sind logische Konsequenzen des Kapitalismus. Postkoloniale, administrative und kapitalistische Produktionsweisen diktieren die gegenwärtige Situation in weiten Teilen Afrikas, Süd- und Mittelamerikas und Asiens.
Rassistische Ausgrenzung wird auch durch die "Festung Europa, den Grenzwall zwischen Nordamerika und Mexiko oder durch Abschiebelager wie in Fürth, Frankfurt oder Melilla forciert.
Daraus folgern wir:
1. eine klare Ablehnung von Kapitalismus, Imperialismus und Feudalismus; und aller Handelsabkommen, Institutionen und Regierungen, die zerstörerische Globalisierung vorantreiben.
2. Wir lehnen alle Formen und Systeme von Herrschaft und Diskriminierung ab, einschließlich aber nicht beschränkt auf Patriarchat, Rassismus und religiösen Fundamentalismus aller Art. Wir anerkennen die vollständige Würde aller Menschen.

IST-EIN-ZUSTAND

Überall finden sich Beispiele für Unterdrückung und Ausgrenzung, teilweise sogar mit offener Gewalt. Dieser Angriff, egal ob aus rassistischen, patriarchalen /sexistischen oder anderen Gründen, zielt in seiner Intoleranz und Diskriminierung auf alle Menschen, insbesondere aber auf Kinder, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, anders lebende und denkende Menschen und Menschen mit einer bestimmten sexuellen oder religiösen Orientierung ab.
Dieses verstehen wir als Struktur und Methoden der Unterdrückung, die teilweise vom Rechtssystem mitgetragen werden (z.B. Asylgesetzgebung, §218, Abschiebungen).
Dem immer entgegenzustehen ist schwer, wegschauen alltäglich und die Teilnahme an diesem asozialen Ganzen wird ermöglicht und belohnt. Der tägliche Konsum und die unumgängliche Teilhabe an diesem System, bis hin zum Zwang zur Wirtschaftlichkeit auf Kosten anderer, kotzt uns an.

Utopie

Die Menschenwürde, die Idee, dass jede/r Mensch aufgrund seiner/ihrer bloßen Existenz einen sinnstiftenden Wert für die Gesellschaft hat, bedarf existentieller Grundvoraussetzungen des Überlebens. Deswegen fordern wir den freien Zugang zu Wasser, Nahrung und Wohnung, die Möglichkeit auf geistige und freie Entfaltung, Bewegungsfreiheit sowie Bildung. Einfach alles für alle. Wir zielen auf Um- und Selbstorganisation, Selbstbestimmung und zwar frei von jedem Herrschaftszwang, dezentral und autonom. Dabei wollen wir unser praktisches Handeln respektvoll an der Vielfältigkeit der Menschen, der Möglichkeiten und Ideen orientieren. Für eine freie Welt ohne Grenzen, für einen verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit den Ressourcen.

Praxis

Während hinter verschlossenen Türen über Krieg und Frieden verhandelt wird, ist ihr Frieden unser Krieg, deswegen beanspruchen wir:
3. eine konfrontative Haltung, da wir nicht glauben, dass Lobbyarbeit einen nennenswerten Einfluss haben kann auf undemokratische Organisationen, die maßgeblich vom transnationalen Kapital beeinflusst sind; dies beinhaltet
4. einen Aufruf zu direkten Aktionen und zivilem Ungehorsam, Unterstützung für die Kämpfe sozialer Bewegungen, die Respekt für das Leben und die Rechte der unterdrückten Menschen maximieren, wie auch den Aufbau von lokalen Alternativen zum Kapitalismus und
5. eine Organisationsphilosophie, die auf Dezentralisierung und Autonomie aufgebaut ist.
Wir sehen uns als Teil der Bewegung, die in Seattle, Prag, Göteborg oder Genua sichtbar wurde, in der sich verschiedene kulturelle und politische Hintergründe begegneten und jede der vielen unterschiedlichen Stimmen gleich berechtigt sprechen konnte. Im Bewusst sein unseren eigenen Ansprüchen nicht immer absolut gerecht werden zu können, werden wir konsequent und reflektierend, aber nicht dogmatisch die Verhältnisse verändern. Wir begrüßen und unterstützen aktiv und passiv Revolten, den lokalen Aufbau von Alternativprojekten, gesellschaftliche Umorganisierungen und soziale Kämpfe, wie die lokalen Weltsozialforen, wie der Zapatistas in Mexiko, die Landlosenbewegung in Brasilien, Flüchtingsbewegung weltweit (z. B. Woomera in Australien) , antikapalistische Kämpfe in Asien (aktuell WTO Hongkong) und die Durchsetzung von Freiräumen (z.B. soziale Zentren). Wir befürworten verschiedenste Aktionen, die eine radikale Kritik beinhalten und werden auf dem Weg nach Heiligendamm 2007 und darüber hinaus, aus einem Füllhorn kreativer Aktionen schöpfen. Wir setzen alles daran agierend und nicht reagierend in die Offensive zu gehen, und dabei eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Wir werden den G8 Gipfel stören und dieses Sinnbild, der antidemokratischen Grundhaltung patriarchaler kapitalistischer Herrschaft, in einer Flut unterschiedlichster Proteste untergehen lassen.
Wir fordern nichts von der Gruppe der großen Sieben und Russland - für uns kann dieses unlegitimierte Treffen kein Ansprechpartner sein. Wir erhoffen uns nichts von dem System, dass die G8 vertreten, außer den Untergang an seinen eigenen Widersprüchen.

Kontakt: info-antig8-hh [at] riseup.net
Termine: jeden 3. Donnerstag im Monat in der Chemnitzstraße 3-5 ab 19h
GnuPG / PGP Schulungen: Können allen Gruppen angeboten werden, einfach eine email an: gpgpgp@nadir.org
Internationales Vorbereitungscamp: 04.-13. 08. 2006
www.camp06.dissentnetzwerk.org

Infos unter:
www.gipfelsoli.org
http://dissentnetwork.org/
de.indymedia.org/g8
ViSdP.: M. Weber, Handelsgasse 7, 22764 Hamburg

Fußnoten:
1 nur 5 der 50 größten Firmen kommen nicht aus den G8-Ländern, aber aus Europa
2 wie in Nicaragua Wasser oder in Heiligendamm Grund und Immobilien
3 z.B. kündigte die deutsche Bank 6400 Angestellten bei einem Gewinn von 4,1 Mrd. €
4 z.B. Berlusconi (5 Milliarden Euro Umsatz), Murdoch (6,1 Milliarden Dollar) oder Bertelsmann (16,8 Milliarden Euro).
5 beide unterstützen umwelt- und sozialunverträgliche Projekte
6 GATS (General Agreement of Trade in Services), TRIPS (Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums) und MAI (multilaterales Abkommen über Investitionen)
7 850 Mio. Menschen leben unterernährt

(März 2006)