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2007-05-17

antifa schwerin-mitte und komplex-schwerin: let them pass! warum wir nicht gegen den g8-gipfel protestieren

let them pass! warum wir nicht gegen den g8-gipfel protestieren /// ein text der antifa [affect] schwerin- mitte und dem komplex-schwerin.de [zentrum für kritik & polka]

anfang juni finden sich die acht einflußreichsten staatschefs der welt und ihr gefolge auf dem g8- gipfel im behaglichen ostseekaff heiligendamm ein. bereits seit einigen monaten formieren sich unzählige bündnisse aus einem breiten antiimperialistischen spektrum und mobilisieren zum protest gegen die „menschenverachtende politik“ der teilnehmerstaaten in die ostdeutsche provinz. [1]

klingt nach vernünftiger kritik am kapitalismus in praktischer form denkst du jetzt. das ganze mit viel action vorgetragen und gleich hier um die ecke. eine ehren- und lohnenswerte sache also, und du fragst dich nun wo das problem ist?!

wenn wir dir erzählen, daß auch die nachwuchsorganisation der npd in ihrem jahresausblick zu protesten gegen den g8- gipfel aufruft und sich die npd mit einer bereits angemeldeten demonstration in schwerin am zweiten juni als „einzige authentische anti-globalisierungspartei“ zu profilieren versucht, dann solltet du stutzig werden.

so, whats wrong?!

antikapitalistische und antiimperialistische positionen innerhalb der rechten szene sind keine modeerscheinung, sondern finden sich bereits in der ideologie des nationalsozialismus. leider auch keine neuerung sind die kaum zu negierenden ähnlichkeiten von antiimperialistischen und antikapitalistischen linken und rechten standpunkten. diese sind nicht nur oberflächig und beruhen lediglich auf terminologischen gemeinsamkeiten, sondern gehen tiefer, sind struktureller natur und machen auch vor personellen überschnei- dungen oder übereinkünften nicht halt. der wechsel des wasg- vorstandmitgliedes andreas wagner zur npd im jahr 2006 wurde von oskar lafontaine lediglich als „petitesse am rande“ gedeutet, während neonazis sich in den letzten jahren ungestört an mehreren linken, antiimperialistischen demonstrationen beteiligten. [2]

linke organisationen, verbände, parteien oder sogar spitzenpolitiker begeben sich mit ihren argumentationen, sprachlichen bildern und symboliken zur kapitalismuskritik immer wieder in gefährliche nähe zum nationalsozialismus. die tiervergleiche mit „parasiten“, „blutsaugern“ und der von franz müntefering (spd) geprägte begriff vom „heuschreckenkapitalismus“ erlangten hierbei traurige berühmtheit. das linke bündnis attac bedient sich auf seiner internetseite zur erläuterung der g8 des bildes eines kraken. [3] eine ähnliche abbildung veröffentlichte die nazi- zeitung „der stürmer“ bereits 1938. der einzig nennenswerte unterschied: der krake dort war durch einen davidstern als jüdisch gekennzeichnet. [4]

and so on..

die verkürzte kapitalismuskritik von links unterscheidet wesentlich zwischen dem guten und dem bösen, weltumspannenden kapital der großen firmen, banken und investoren. der kapitalismus wird nicht seiner eigenart entsprechend als weltweit fungierendes, totalitäres system betrachtet, sondern als die herrschaft von wenigen über viele. [5] dabei stehen die „parasiten“, „hintermänner“ oder eben die g8 für die wenigen, das kleingewerbe, handwerk - der nette bäcker von nebenan – sowie alle „werktätigen, erwerbslosen, rentnerinnen und studentinnen“ für die vielen. [6] der kapitalismus bleibt somit lediglich ein verteilungsproblem, in dem eine dünne, nebulöse „parasitenschicht“ von kapitalisten den ohnmächtigen arbeitern ihren gerechten lohn vorenthält.

diese differenzierung von links gleicht dabei im grundsatz der unterscheidung der nationalsozialisten in „schaffendes“ und „raffendes“ kapital. diese differenzierung ist gleichermaßen falsch und nicht in der lage das abstrakte system des kapitalismus auch als solches zu begreifen. in folge dessen wurde der kapitalismus und seine auswüchse von den nazis per se als jüdisch identifiziert, das ungreifbare somit personifiziert und fassbar gemacht. wollten die nazis den kapitalismus überwinden, mußten sie sich in ihrer rassistisch- antisemitischen wahnvorstellung lediglich des inter- nationalen judentums entledigen. die verkürzte, personifizierende kapitalismuskritik hat unweigerlich zur größten barbarei der menschheit geführt - der industriellen massenvernichtung von sechs millionen juden und jüdinnen.

.. and on

die weltsicht des antiimperialismus ist stets bipolar. handelnde weltpolitische charaktere werden hierbei in „gut“ und „böse“ auseinanderdividiert. eine feindbildbestimmung wird dabei jederzeit einer anständigen kritik am herrschenden system vorangestellt. das zentrum unserer materialistisch- egoistischen welt wird nach dieser ideologie in den usa verortet. viele vermeintlich von dort nach europa und in die welt exportierten kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen neuerungen und ihre möglicherweise negativen auswirkungen werden nur allzu oft zu „amerikanischen verhältnissen“ verklärt. dabei sind „politische handlanger“ des „großen satans“ fast wie selbstver- ständlich demselben stigma unterworfen. gerne wird in linken wie in rechten kreisen der politische und wirtschaftliche einfluß des staates israel oder einer „jüdischen lobby“ an der „amerikanischen ostküste“ betont. ein nicht unwesentlicher teil der internationalen linken vermutet den staat israel und seine institutionen als wahre drahtzieher und profiteure der anschläge vom 11. september 2001. die halluzinierte jüdische weltverschwörung ist aktueller denn je.

„gut“ gesinnt zeigt sich die internationale linke hingegen gegenüber jenen, die der kapitalistischen weltordnung, ihren hegemonialen strukturen und ihren staatlichen stellvertretern den kampf angesagt haben. dazu gehören neben sozialistischen vorzeigestaatschefs aus lateinamerika und ihren unheimlichen allianzen [7] auch solche bewegungen, die euphemistisch als „befreiungs- und widerstands- bewegungen“ bezeichnet werden. [8] gemeint sind dabei gruppen wie al- qaida oder die hamas und hisbollah, welche sich mit ihrem terror gegen die westliche welt, ihre moderne lebensart oder den staat israel und alles jüdische in den augen der internationalen linken verdient gemacht haben.

come on

antiimperialismus und antikapitalismus von links und rechts meinen daher nur allzu oft dasselbe: antiamerikanismus, antisemitismus und antizionismus. wenn diese positionen - egal von welcher seite - unter einem antikapitalistischen deckmantel medienwirksam vor unserer haustür vorgetragen werden, so werden wir dies nicht unbeantwortet lassen. auch wenn – oder gerade weil - viele antiimperialistische gruppen und bündnisse bereits gegen den naziaufmarsch in schwerin mobilisieren, jedoch die strukturelle und argumentative verwandtschaft ihrer positionen mit denen von rechts außen fortwährend leugnen, ist es wichtiger denn je, an diesem tag flagge zu zeigen.

nach heiligendamm jedenfalls, fahren wir höchstens in den urlaub.

für eine umfassende kapitalismuskritik,

gegen die reaktionäre antiimperialistische logik!
nazidemo in schwerin am 02. juni 2007 verhindern!
gegen jeden antisemitismus - solidarität mit israel!

antifa [affect] schwerin mitte,
komplex-schwerin.de [zentrum für kritik & polka]

read on:

“coole kids tragen kein palituch“

http://www.infoladen.net/koeln/casablanca/docs/Coole%20Kids.pdf

„nationalsozialismus und antisemitismus -
ein theoretischer versuch“ moishe postone, 1982
http://www.komplex-schwerin.de/kritiknationalsozialismus.htm

„grundlagen der kapitalismuskritik“ junge linke hannover, 2002
http://www.komplex-schwerin.de/kritikgrundlagender.htm

quellennachweis:

[1] http://www.g8-2007.de
[2] z.b. „nein zu bushs krieg gegen den irak“ attac münchen, 2002
offener brief der aas vom 18.10.2004 www.komplex-schwerin.de
[3] http://www.attac.de/heiligendamm07/pages/was-ist-g8.php
[4] http://www.nahost-politik.de/hetze/karikaturen/arabis5.GIF
[5] „sie sind g8. wir sind 6.000.000.000!“ http://www.sozialismus.info
[6] http://www.eustruggle.net/G8/media/G8flyer.pdf
[7] „chavez hat einen neuen bruder“ http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5762936,00.html
[8] http://www.eustruggle.net/G8/media/G8flyer.pdf

[http://www.komplex-schwerin.de/index02062007.htm]