Nachbereitungspapier von einigen Leuten aus der NoG8 Gruppe Kiel zur Podiumsdiskussion am 09.04.07 in der Roten Flora, Hamburg
In der Veranstaltung über Sinn und Unsinn der G8 Mobilisierung sind unserer Ansicht nach viele interessante Punkte gestreift worden. Auch waren noch einige Fragen, insbesondere aus den Zuschauerreihen, offen. Im Folgenden möchten wir unsere Argumentation etwas ausführlicher als bisher darlegen und so versuchen auf einige offene Fragen nochmal indirekt Bezug zu nehmen.
kleinere und grössere Sauereien
Die G8 sind Scheisse. Die G8 Staaten betreiben offen und ganz bewusst eine menschenverachtende und zerstörerische Politik. Die zerstörerische Politik der G8 betrifft und bedroht uns im Alltag, genauso wie uns der Kapitalismus im Alltag bedroht. Aus Platzgründen an diesem Punkt nur zwei konkrete Beispiele:
Erstens Folter: Die G8 Staaten deckeln oder fördern alle weltweit eine Politik der Folter. Folter soll einschüchtern, abschrecken, die vermeintliche Sicherheit erhöhen oder rächen. Wo gefoltert wird, ist theoretisch jedeR betroffen. Folter betrifft auch immer auch die Kämpfenden in sozialen Bewegungen. Also ist die zunehmende Legitimierung von Folter eine Bedrohung für alle Menschen und auch für emanzipatorische Politik.
Das zweite Beispiel Sozialkürzungen: Gemeint sind die weltweiten Kürzungen im Sozialen Bereich. Diese Politik betrifft und bedroht viele und auch uns im Alltag: Kürzungen im Sozialen Bereich kotzen uns natürlich an, weil wir dann mehr Stress mit dem Sozi haben oder mehr Druck vom Chef bekommen. Nur leider geht unser tagtägliches NEIN sehr häufig im Betriebsgeräusch des Kapitalismus völlig unter.
G8 & Kapitalismus
Auch wenn die politischen Entscheidungen und deren Folgen weltweit ihre Spuren hinterlassen, sind die G8 Staaten oder deren FührerInnen aber natürlich nicht allmächtig oder die “Herrscher der Welt”. Dennoch bestimmen diese acht der reichsten Länder dieser Erde die Agenda der Weltordnung nicht unwesentlich mit. Und natürlich setzen sie als acht der reichsten Staaten im klassenkämpferischen Sinne von Oben alles daran diesen Status zu erhalten und auszubauen. Die militärische Kontrolle von Flüchtlingsbewegungen sowie die hegemoniale Politik der “Absicherung von Rohstoffen” durch militärische Interventionen sind immer auch Ausdruck einer Politik der Vormachtsstellung. Der Verbund “G8” funktioniert als Machtknotenpunkt internationaler Hierachien und betreibt eine hegemoniale Politik zur Erhaltung ihres Status als reichste Länder. Die G8 sind also nur im Zusammenhang mit globaler Herrschaft insgesamt zu verstehen. Ausbeutung und Unterdrückung sind Wesensmerkmale des Kapitalismus. Politik der es um die Abschaffung von Ausbeutung und Unterdrückung insgesamt geht, muss radikaler und grundsätzlicher ansetzen. Es bringt nichts die G8, die ein Symptom der globalen Weltordnung sind, zu reformieren oder abzuschaffen. Daraus folgt, dass es bei radikalen Aktionen gegen den G8 Gipfel letzlich nicht alleine um die Politik der G8, sondern um die Verhältnisse insgesamt gehen muss. Nicht die G8 Staaten oder gar deren menschenverachtende Politik allein sind der Fehler, der globale Kapitalismus und die weltweit wirksamen Unterdrückungsmechanismen insgesamt sind es. Emanzipatorischer Politik muss es letztenendes um eine alles-umwälzende-Revolution und nicht um diesen oder jenen Einzelaspekt im Bestehenden gehen. Dennoch bergen die kleinen und grösseren Sauereien, an denen die G8 Staaten ihren dicken fetten Anteil haben, die Möglichkeit, Herrschaft an vielen konkreten Beispielen als das anzuprangern was sie ist: nämlich zerstörerisch und menschenverachtend – also Scheisse! G8 Gipfeltreffen, bei dem hohe RepräsentantInnen von Staat und Kapital ihre gemeinsame Ziele formulieren, sind Kristallisationspunkte globaler Herrschaft und damit auch Orte von möglichem Widerstand.
Mythen
Die einheitliche Globalisierungsbewegung, als homogenes politisches Subjekt gab und gibt es nicht. Der Unterschied zu irgendwelchen anderen Großmobilisierungen besteht bei „der Globalisierungsbewegung“ in ihrer internationalen Zusammensetzung und den Anlässen ihres Auftretens: Dieses Sammelsurium verschiedenster Strömungen, welches hin und wieder zu Gipfeln zusammenkommt, trägt konsequent der Tatsache Rechnung, dass der Kapitalismus ein globales Herrschaftssystem ist. Es weist darauf hin, dass Widerstand nur global gedacht werden kann, als gemeinsamer Kampf der emanzipatorischen Kämpfe und Bewegungen.
Reformismus
Reformismus meint die langsame Umwandlung der Gesellschaft durch Gesetze und Reformen hin zu einer vermeintlich besseren Gesellschaft. Meist fällt in diesem Zusammenhang der Sozialismus als Reformziel. Zum grundsätzlichen Problem von Herrschaft gehört aber, dass mensch sie nicht wegreformieren kann. Alle Reformbestrebungen hatten letzlich zum Ziel und zur Folge soziale Kämpfe & Bewegungen einzubinden, zu kontrollieren, zu befrieden und ihres revolutionären, subversiven und unkontrollierbaren Kerns zu berauben. Reformbestrebungen hatten also zur Folge Herrschaft zu zementieren; sie haben meist alles nur noch schlimmer gemacht. Reformen, Appelle oder Wahlen bringen also nix und wir werden uns auch nicht einlullen lassen! Daraus folgt für uns eine kritische, widerständige und unkontrollierbare Praxis – nicht nur zum G8 Gipfel.
Revolution
Wir haben nicht das Patentrezept dafür, wie die Menschen aus der ganzen Scheisse rauskommen sollten. Wir denken aber Reformen bringen es schonmal auf keinen Fall . Wir setzen auf die Revolution. Natürlich sehen wir viele Gefahren, die mit einer Revolution einhergehen. Kurz, die Gefahr, dass alles nur noch beschissener wird. Aber letztenendes muss mensch sich an diesem Punkt entscheiden, das Bestehende zu erhalten und sich einzurichten oder Revolution. Unter Revolution verstehen wir einen Prozess, einen allgemeinen Aufruhr in dem Politiker und Bonzen zur Hölle gejagt, Bürokraten ihres Jobs enthoben, Betriebe kollektiviert oder zerschlagen, Institutionen zu Feinstaub verarbeitet und Kapitalismus, Rassismus, Patriarchat oder andere Unterdrückungsmuster von Grund auf zertrümmert werden. Den Zynismus des Zuschauens oder des passiven pseudokritischen Kommentierens machen wir nicht mit! Das Elend und die Tausenden, die weltweit täglich verrecken, erfordern mehr als abstrakte Kritik, nämlich radikale und direkte Aktion! Denn unsere Vorstellung von Zusammenleben in einer anarchistischen Gesellschaft ist ein gänzlich andere, als das Leben in der jetzigen Gesellschaft. Wir wollen eine eine befreite Gesellschaft als Zusammenschluss freier und gleicher Menschen. Das heisst eine klassenlose Gesellschaft ohne Staat, Nation oder Hierarchien. Das ist auch noch keine konkrete Utopie und auch kein Masterplan, sondern eher eine grobe politische Zielsetzung, die uns vorerst völlig reicht , weil wir denken, dass die Revolution sich letzlich ihre Verhältnisse selbst schaffen wird. Wir sehen unseren politischen Sinn eher darin, die Vorraussetzungen dafür zu verbessern, dass die ganze Kacke ins wanken kommt. Vielleicht ist die Signalwirkung eines massenhaften Widerstandes gegen den Gipfel ein Schritt in diese Richtung.
Intervention und Zuspitzung
Intervention alleine ist wenig fortschrittlich, denn intervernieren meint nicht mehr als in das Bestehende einzugreifen. Intervention meint also Eingriff. Im Prinzip greifen wir, wie „TOP“ richtig festellte, immer ein wenn wir Politik machen. Doch das interessante an der Diskussion um “Intervention” ist unserer Ansicht nach das Nachdenken über die reflektierte Gestaltung des Eingreifens. In Anbetracht der Schwäche anarchistischer Poltik denken wir, dass wir voerst nicht in der Lage sind in einen ernsthaften revolutionären Prozess zu kommen. Zur Zeit ist es bisweilen von Vorteil für Linksradikale strategische Bündnisse mit der Zivilgesellschaft zu machen, z.B., um Nazis kräftig in die Schranken zu weisen, um soziale Konflikte radikal zuzuspitzen und um hin und wieder mal die Machtfrage zu stellen, um die eigenen Vorrausetzungen zu verbessern. Und wenn man kackenfrech seine politischen Standpunkte formulieren kann und wenn man sich dadurch nicht “ins-Boot-holen” lässt, dann denken wir sollte man das auch tun, schon der strategischen Vorteile wegen. Und dann ist es auch im Grunde egal ob man neben seinem eigenen Aufruf auch noch auf wischi-waschi-Eckpunkte mit anderen linken Gruppen einigt, wenn kein allzu grober Unfug drin steht. Klingt toll? Ist es auch nicht. Denn das ist natürlich alles scheiße in der Praxis. Und da ist auch nichts “Friede Freude Eierkuchen” (Gruppe 8.Mai), weil solche strategischen Bündnisse immer vor allem auch Bauchschmerzen und Nervereien bedeuten. Wir denken aber, dass sozialrevolutionäre Politik soziale Konfliktfelder ausmachen sollte, die sich zur Zuspitzung eignen. Wir sehen in naher Zukunft vor allem soziale Konfliktfelder um die Verteilung von Macht und Reichtum (z.B. Privatisierungen, der Ausbau von Kontrolle und Überwachung, Kriege um Rohstoffe), um die ökologische Katastrophe oder um die Einschränkung globaler Bewegungsfreiheit (z.B. durch die Abschottung der reichen Länder des Nordens gegenüber den armen Ländern den Südens). Kurz gesagt: Es muss, wenn wir eingreifen, darum gehen, die berechtigterweise vorhandene Wut und moralische Empörung gezielt in emanzipatorische und revolutionäre Bahnen zu bringen. Möglichkeiten der Zuspitzung entlang bestehender Konflikfelder sind beim G8 Gipfel aufgrund der thematischen Zusammenführbarkeit verschiedenster Kämpfe reichlich gegeben.
Negation?
Negation ist zur Zeit ein Trendbegriff in der radikalen Linken. Negation meint die totale Verneinung und Ablehnung. Das ist zunächst sehr aufklärerisch. Weist das doch darauf hin, dass das Bestehende schon grundlegend scheisse ist und mit Ablehnung und Verneinung zu beantworten ist. Aber nur Negation? So einfach, denken wir, ist es dann auch nicht. Der Streit zwischen der Gruppe 8.Mai und TOP belief sich in diesem Punkt vor allem darin, wie und wo und was zuerst negiert werden soll. Beide haben recht und unrecht zugleich, weil Negation alles ablehnen muss. Insofern ist diese Frage schwer zu beantworten, wann und wo Theorie und Praxis ansetzen sollte, weil einzig dem Prinizip der Negation nach alles gleichermaßen abzulehnen ist.
Kritik, Konstruktion und Dekonstruktion
Wir denken – und das ist sicher der Unterschied zwischen „Ums Ganze“, „8.Mai“ und uns – dass ein starker anarchistischer Widerstand nicht abzulehnen, sondern etwas positives ist und aufgebaut werden sollte. Uns geht es bei dieser Frage nach der Methode, mehr um kritische Konstruktion und kritische Dekonstruktion, als nur um Negation. Mit Dekonstruktion meinen wir letzlich die Revolution, also die Zersetzung, Zerbröselung und Umwälzung der bestehenden Verhältnisse. Mit Konstruktion meinen wir z.B. den Aufbau von Widerstands- und Solidaritätsnetzwerken, von revolutionärer anarchistischer GEGENmacht. Kritisch muss das ganze sein, um sagen zu können warum wir was machen und um Hierarchien oder Unterdrückungsmechanismen in der eigenen Bewegung zu kritisieren und zu dekonstruieren. Wir verstehen anarchistische GEGENmacht als etwas kämpferisches und kritisches und nicht als irgendein Multitude oder ein breites Bündnis. Als eine Kraft, die grundsätzlich gegen jede Macht gerichtet ist und letzlich alle Herrschaftsverhältnisse zersetzen und hinwegfegen muss (Dekonstruktion). Zentrale Zielsetzungen einer starken anarchistischen Bewegung sollten Hierarchiefreiheit und Autonomie, die sich insbesondere in Selbstverwaltung und Selbstbestimmung ausdrückt, sein. Als konstruktive Praxen, die es in Zukunft verstärkt weiterzuentwickeln gilt, betrachten wir: Den Auf- und Ausbau autonomer und hierarchiefreier Widerstandsnetzwerke, die Aneignung von Widerstandsorten (z.B. Squats, Hausprojekte, kollektivierte Betriebe) und vor allem einer verstärkten Zuspitzung von sozialen Entwicklungen und Bewegungen. Wir sehen vor allem die Vernetzungsprozesse im Vorfeld des Gipfels als ein Element längerfristiger Organisierung.
Solidarität
Etwas, das mit jeden ernsthaften Widerstandbemühungen einhergehen sollte ist Solidarität. Worthülsen alla “Wo`s Repression gibt, gibts auch Solidarität” (8. Mai), gepaart mit allgemeinen Gesetzen über einen abstrakten Zustand von Solidarität reicht meist nicht. Und: Nein da geht es nicht um Kuschelgefühle. Es geht um ganz handfeste Dinge, z.B. darum dass Leute vorm Knast stehen, wenn GenossInnen drinnen sitzen oder darum, dass Kohle aufgetrieben wird. Oder es geht darum, dass mensch schnell nach Kopenhagen fährt, oder ein SoliKonzert organisiert wenn das Ungdomshuset geräumt werden soll. Wir finden, dass Solidarität etwas positives ist, etwas was wir prinzipiell begrüssen. Aber natürlich muss auch Solidarität kritisch hinterfragt werden, z.B.: Wie war die inhaltliche Ausrichtung? Gab es genug handfeste Unterstützung?
Grenzenlosigkeit
Das spannende und besondere der Gipfelproteste besteht für uns vor allem in ihrem starken internationalen Charakter und dem damit verbundenen Austausch mit AnarchistInnen aus anderen Ländern. Auch bei uns in der Gruppe sind wir uns uneins darüber, inwieweit der Begriff des Internationalismus schon die Existenz von Nationen anerkennt oder nicht. Dennoch sehen wir die Tendenz in vielen linksradikalen Kreisen „Internationalismus“ ausschliesslich als Begrifflichkeit zu kritisieren. Dahinter steckt jedoch ein stark vernachlässigtes und wichtiges Politikfeld. Es geht letztlich um die Idee der Grenzenlosigkeit, was Austausch, Diskussionen und gemeinsame Widerstandspraxen angeht. Einig sind wir uns, das wir die Idee der Grenzenlosigkeit, das was hinter der Idee des neuen Internationalismus steht, nach wie vor für ein notwendiges Element linksradikaler Politik halten. Wenn wir von Grenzenlosigkeit sprechen, meinen wir im Kern also um die von den Zapatisten vorgeschlagene Idee eines neuen Verständnisses der weltweiten emanzipatorischen und revolutionären Kämpfe, die eher von einem “miteinander kämpfen”, als von einem “für einander kämpfen” ausgeht. In Anbetracht des globalen Kapitalismus bedarf es globalisierten Widerstandes. Wir werden schon deshalb nach Heiligendamm fahren, weil viele GenossInnen aus aller Welt dort sein werden, um zu diskutieren und Widerstandspraxen auszutauschen und gemeinsam massenhaften Widerstand zu leisten.
Die Sache mit dem Gipfel
Neben unserer berechtigten Wut auf das Schweinesystem geht es uns beim Widerstand gegen den G8 Gipfel in aller erster Linier darum, die Vorraussetzungen für das Entstehen einer revolutionären und anarchistischen Bewegung zu verbessern. Vielleicht verbessert der Widerstand zum G8 Gipfel unsere Bedingungen Politik zu machen. Damit wäre diesbezüglich schon viel erreicht. Das könnte z.B. schon dadurch geschehen, wenn es entlang von geschaffener Vernetzung möglich wird, nach dem Gipfel Schwung mit in Alltagskämpfe oder Strukturen mit zu nehmen. Kurz: Wir sehen eine Chance beim Widerstand im Sommer darin Handlungsspielräume zu erhöhen. Das kann z.B. auch dadurch geschehen, dass nach dem Gipfel vielleicht mehr Leute Lust haben linksradikale Politik zu machen. Es geht uns in diesem Zusammenhang mehr um Aufklärung, als um Agitation. Aufklärung heisst für uns radikale Fragen, also insbesondere die Frage nach der Herrschaft zu stellen: Warum und wie die Welt so falsch eingerichtet ist, wie sie ist und (liebe Gruppe 8. Mai) wie die Menschen da eigentlich raus kommen. Inhaltliche Zuspitzung sollte also aufklären, also die herrschenden Zustände kritisieren und Auswege aufzeigen. Auch Praxis kann (z.B. beim G8 Gipfel) aufklärerisch sein. Dann wenn praktisch auf der Strasse zugespitzt – also die Machtfrage gestellt wird! Die Frage also, wie die Entscheidungsbefugnisse in dieser Gesellschaft verlaufen, wie Macht und Reichtum verteilt ist und wer sich hier eigentlich im Zweifelsfall wem unterzuordnen hat. Das ist dann auch keine abstrakte Frage mehr, sondern eine ganz konkrete Frage. Es geht uns bei der Sache mit dem Gipfel also auch darum Herrschaftsverhältnisse, die häufig ohnehin weit im Dunkeln liegen, breit sichtbar und damit kritisierbar und angreifbar werden zu lassen. Wir denken, dass eine revolutionäre Bewegung nicht alleine bei Infoveranstaltungen und in Theorieszirkeln aufgebaut wird, sondern immer auch ein lebendiger, kritischer, kollektiver und vor allem kämpferischer Prozess ist. Kollektive Widerstandserfahrungen wie beim G8 Gipfel sind sicher auch immer ein spanndender Grund Politik zu machen, erst recht wenn das Ganze mit grenzenlosem Austausch verbunden ist.
Place, Time and Verkürzung
Die philosophische Debatte um den prinzipiell richtigen oder falschen Ort für Widerstand hilft in diesem Zusammenhang nicht weiter. Der Weltwirtschaftsgipfel der G8, als ein Kristallisationspunkt globaler Herrschaft, bietet die Chance einer massenhaften Kritik- und Kräftebündelung. Wenn es bessere oder schlechtere Orte und Anlässe für Widerstand gibt, dann macht das den G8 Gipfel zu einem besseren Ort. Und um nichts schön zu reden: Natürlich bietet er (wie jeder Ort) auch Anknüpfungspunkte für Verkürzungen wie: “Bush, Putin und Merkel die Weltherrscher und der Grund allen Übels”. Wir denken aber, dass statt frustrierten Rückzugs offensive Aufklärung angesagt ist. Wir werden dieses Politikfeld nicht kampflos den bürgerlichen Kräften überlassen! Auf keinen Fall aber darf eine „Kritik“ der Verkürzungen so weit getrieben werden, dass bestehende Machtverhältnisse, Klassen oder Hierachien ebenfalls verschleiert werden, nur weil „alle irgendwie im Kapitalismus gefangen“ sind. Liebe Gruppe 8. Mai: Unter Herrschaftsverhältnissen sind nicht alle Menschen gleich, sonst wäre es keine Herrschaft. Und natürlich sind Bush, Merkel und Putin Schweine, weil sie das machen, was sie nunmal machen und weil sie sich auch bewusst dafür enschieden haben, diesen scheiss Job zu machen!
Warum in die Region Rostock/Heiligendamm fahren?
Wenn es zu Beginn des Gipfels massenhaften Widerstand gibt, dann am wahrscheinlichsten in der Region Rostock/Heiligendamm. Zumindest ist das unsere Einschätzung, da sich abzeichnet, dass viele GenossInnen zunächst dort sein werden. Alleine wegen der Schlafplätze werden die GenossInnen aus aller Welt zunächst eher dort, als woanders sein. Der EU/Asien Gipfel in Hamburg wird vielleicht ein netter Auftakt, aber wir denken, wenn es gut läuft, ist das auch erst der Auftakt. Wir sind der Ansicht, dass eine Strategie, die einseitig auf dezentrale Aktionen ausgelegt ist eher die Gefahr birgt Schlagkraft zu zerfasern. Der Gipfel 1999 in Köln ist unserer Ansicht nach ein solches Negativbeispiel. Aber vielleicht irren wir ja auch und es muss ja auch niemand nach Heiligendamm fahren. Nadelstiche im Hinterland sind immer nett und wichtig. Wir denken aber, um Kräfte zu bündeln, sollte das Hauptaugenmerk zunächst auf der Region Rostock/Heiligendamm liegen. Und wenn da kein Widerstand möglich ist, dann geht’s eben gemeinsam woanders hin. See you on the barricades!
für ganz viel Widerstand…
für einen ganz langen Atem…
für eine Herrschaftsfreie Welt!
[Einige Leute aus der NoG8 Gruppe Kiel, April 2007]