Die Interventionistische Linke zu einigen Aspekten der Anti-G8-Mobilisierung
Auch wenn die Vielfalt sozialer Kämpfe prinzipiell keine bestimmbare Grenze
hat, verdichten sich Revolten und Alternativen stets in besonderen
Auseinandersetzungen. Für die Interventionistische Linke (IL) war die
Beteiligung an den Protesten gegen den G8-Gipfel von Heiligendamm das erste
große und gemeinsame Projekt. Mit allen anderen Spektren der Bewegung haben
wir den Kadern der herrschenden Klasse kräftig in die Propagandasuppe
gespuckt. Der Gipfel von Heiligendamm wird in Deutschland sicherlich der
letzte dieser Form gewesen sein: noch einmal 100 Mio. Euros, nur um über das
Wetter zu reden?
Vielen ist heute deutlicher, dass das G8-Projekt welthistorisch nichts mehr
reißen wird, dass der vom Sozialkrempel aus Zeiten der Systemkonkurrenz
befreite Kapitalismus jetzt einfach macht, was er am besten kann: die von
ihm beherrschten Gesellschaften immer wieder ordentlich durchrütteln, Kriege
führen und ganze Kontinente verwüsten – das volle Programm. So hat
Heiligendamm seinen Teil zum wachsenden Hegemoniedefizit der Großen
Koalition und ihres Oppositionspendants beigetragen: fast 50 Prozent der
Leute halten sich diffus für „links“, nur noch 10 Prozent meinen, die SPD
sorge sich „um Gleichheit in der Gesellschaft“. Das ist erfreulich, auch
wenn wir nicht vergessen, dass 80 Prozent schon „mit der Arbeit von
Bundespräsident Köhler zufrieden“ sind, wenn der ab und an den eigenen
Politikbetrieb anblafft.
Wer mit wem und wie
Im Folgenden reden wir von uns und unseren eigenen Erfahrungen. Wir tun dies
zur Selbstverständigung und weil wir von allen Seiten dazu aufgefordert
werden. Von denen, denen wir nicht „friedlich“ genug waren und für die wir
„ordnungspolitisch“ versagt haben. Von denen, die uns umgekehrt für
„Abwiegler“ halten. Von denen nicht zuletzt, mit denen wir in der
zweijährigen Mobilisierung und vor Ort erfolgreich und solidarisch
zusammengearbeitet haben.
Auch wenn andere sich längst gemeldet haben, kommt unsere Einschätzung der
Protesttage nicht zu spät. Tatsächlich sind wir mit unserer Diskussion
längst nicht am Ende, haben damit erst begonnen. Das ist nicht relativierend
gemeint, sondern unterstreicht den fragmentarischen Charakter unserer
Äußerungen: die Anti-G8-Mobilisierung war schließlich der erste Praxistext
unseres Projekts einer interventionistischen Linken. Der für uns
entscheidende Maßstab der Kritik ist die Orientierung auf eine Politik, die
von links her auf gesellschaftlich relevante Interventionen in (die
Doppelung ist gewollt) gesellschaftlich relevante Auseinandersetzungen
zielt. Dazu bedarf es einerseits offener und breiter Bündniskonstellationen
und andererseits einer Zuspitzung gesellschaftlicher Konflikte in
antagonistischer Perspektive.
Der Anti-G8-Protest war die seit Jahren die größte Mobilisierung der
radikalen Linken in Deutschland. Gemeinsam mit moderaten Linken und mit
GenossInnen und AktivistInnen aus anderen Ländern haben wir den Gipfel
effektiv blockiert und mit der Demonstration, in den Camps und während der
Aktionstage eine rebellische Welt lebendig werden lassen:
Globalisierungskritik wurde Massenpraxis.
Staatstragende Meinungsmache und gezielte Repression wollten das schon im
Vorfeld verhindern. Eingetreten ist das Gegenteil: die bundesweiten
Hausdurchsuchungen nach § 129a („Gründung einer terroristischen Vereinigung
zur Verhinderung des G8-Gipfels“) stärkten die kämpferische Ausrichtung der
Bewegung. Dabei blieben die Polizeiübergriffe kein Privileg der Rostocker
Samstagsdemonstration. Trotz des medialen Versuchs, die „Friedfertigkeit“
der Blockaden gegen die Demonstration auszuspielen, kam es zu den meisten
Schwerverletzten nicht am Samstag, sondern am Donnerstag, als die Polizei
die AktivistInnen am Westtor des Sicherheitszaunes mit Knüppeln, CS-Gas und
Wasserwerfern angriff. Hunderte saßen tagelang in den Hundezwingern der
Staatsgewalt, auch nach Rostock kam es zu Hausdurchsuchungen. Nicht zu
vergessen schließlich der tendenziell übergeschnappte Polizeichef, der zur
militärischen Luftaufklärung mal eben Bundeswehr-Tornados über das Camp in
Reddelich schickte.
Der 2. Juni
Unbemerkt blieb beinahe, dass die Rostocker Demonstration am 40. Jahrestag
der Erschießung Benno Ohnesorgs statt fand – symbolisches Datum für den
Aufbruch einer emanzipatorischen Linken, materieller Beleg aber für die
Bereitschaft der Polizei, gegen „Staatsfeinde“ mit allen Mitteln vorzugehen.
Wie werden wir (und nicht nur wir) den 2. Juni 2007 erinnern, der schon
deshalb zum Erfolg wurde, weil an der Demonstration 80.000 Menschen
teilnahmen? Umstritten sind die als solche längst bekannten Geschehnisse am
Stadthafen: ein zerstörtes Polizeiauto, Steinwürfe, die auch eigene Leute
trafen, Bullenangriffe, die zurückgeschlagen wurden, DemonstrantInnen, die
genervt oder verängstigt weg gingen. Gedeutet wird all’ das in einer
Vielzahl von Geschichten. Geschichten von Desorientierung und Übermut,
Ohnmacht und Kollektivität, Freude und Angst. Für die einen sind es die
„Krawalle von Rostock“, für die anderen der Tag, an dem die Bullen mal
wieder rennen mussten und die Staatsmacht für einen Moment die Kontrolle
verlor. Für die einen hat der „Schwarze Block“ die Polizei angegriffen, für
andere die Polizei provozierend angefangen und die passende Antwort
bekommen. Und für wieder andere sind klirrende Schaufester bei einem solchen
„Großereignis“ eine notwendige Bildstörung, ob man das nun schätzt oder
nicht. Sichtweisen und Geschichten, die weit auseinander klaffen und sich zu
einem guten Teil auch widersprechen.
Die Diskussion durchzieht und polarisiert auch die IL. Um es zugespitzt und
provozierend zu sagen: Wir sind „Krawallanten“ und „Abwiegler“ in einem,
sind der Schwarze Block und die Deeskalationscombo. Unsere teils
widersprüchlichen Aussagen und unsere Fehleinschätzungen müssen auch vor
diesem Hintergrund gelesen werden.
Wir waren eine gewichtige Stimme in der Demoleitung und wollten mit dem
offenen Make capitalism history-Block die Vielfalt unseres Zusammenhangs
präsentieren, als gemeinsame Initiative für eine linksradikale, weil
antagonistische Strömung im breiten Bündnis des Anti-G8-Protestes.
Keine Frage, dass wir die gemeinsame Absprache des Vorbereitungskreises
trugen und unterstützten, nach der Auseinandersetzungen auf der
Demonstration vermieden werden und von uns deswegen auch keine Angriffe
ausgehen sollten. Die unmissverständliche Zustimmung zum Bündniskonsens
schloss ein, dass wir immer gesagt haben, im Fall von Angriffen der Polizei
auf militante Gegenwehr nicht zu verzichten. Keine Zusage trafen wir über
Kleiderregeln. Obwohl es keinen Beschluss gab, uns zu vermummen, haben das
viele von uns getan: eine Abstimmung mit den Tüchern, die, das müssen wir
auch feststellen, anziehend und ausgrenzend zugleich wirkte, auch für einige
von uns.
Keine Frage nun aber auch, dass sich GenossInnen aus dem Block Make
capitalism history bewusst für Steine entschieden haben. Wir sind nun
allerdings nicht der Generalvertreter aller Linksradikalen, auch wenn das
viele im Bündnis meinten. Das eigentliche Problem am Rostocker 2. Juni
bestand für uns dabei nicht darin, dass es überhaupt Auseinandersetzungen
mit der Polizei gab, dass Scheiben klirrten und Steine flogen. Problematisch
war, dass jedenfalls für eine bestimmte Zeit keiner der Akteure „das Ganze“
im Blick behielt: die Reihen geschlossen zu halten und die Demonstration
auch gegen die Staatsgewalt zu Ende zu bringen. An einer Stelle fand ein
nettes Konzert statt und an anderer Stelle flogen die Fetzen. Statt die
Reihen zu schließen, wurde der KAVALA und ihren Hundertschaften immer wieder
die Gelegenheit gegeben, brutal in die Demo reinzugehen, während sich andere
schon zu dieser Zeit mit wohlfeiler Distanzierung und Verharmlosung der
Polizeigewalt in Szene setzten.
Besonders bitter für uns, dass auch einige von uns öffentlich (und andere in
weniger öffentlichen Diskussionen) bruchlos in die Distanzierung
einstimmten. Im Ergebnis fehlte uns in der einen Situation die Wachsamkeit
und in der anderen der kühle Kopf. So ist eine Demo eben erst nach der
Abschlusskundgebung zu Ende. Doch lösten sich, als unser Block am Stadthafen
ankam und dem entgegenkommenden zweiten Zug begegnete, die Demospitze und
auch ein Großteil unserer Reihen auf, obwohl eine polizeiliche Reaktion auf
den demolierten Einsatzwagen nicht ausgeschlossen war. Danach brauchten wir
viel zu lange, um unsere kollektive Handlungsfähigkeit wieder herzustellen
und der Verantwortung für unseren Block und die ganze Demonstration gerecht
zu werden. Trotz dieser Selbstkritik bleibt festzuhalten, dass es uns mit
vielen anderen zuletzt gelang, zum Schutz der Demonstration Ketten um den
Versammlungsplatz zu bilden und damit Fortsetzung und Abschluss von Konzert
und Kundgebung zu ermöglichen.
A-Anti-Anticapitalista!
In den Tagen nach der Großdemonstration setzte sich die vertrauensvolle
Zusammenarbeit der letzten Jahre gegen die Abgrenzungsreflexe durch. Dabei
waren viele Leute auch aus den IL-Gruppen, aus den Reihen der verschiedenen
Bündnispartner und in den Camps zunächst in doppelter Hinsicht verunsichert.
Zum einen über die Grundlage, auf der wir uns über Gemeinsames und
Trennendes verständigen und Absprachen eingehen, um weiter offensiv handeln
zu können. Verunsichert zum anderen über das Verhalten eines
Polizeiapparats, der für massive Gewalt gegen DemonstrantInnen weitgehend
öffentliche Rückendeckung zu haben schien.
Die gemeinsamen Diskussionen waren mitentscheidend, sich nicht entmutigen zu
lassen. Dafür war es notwendig und richtig, nicht nur intern, sondern auch
öffentlich zu sagen, dass wir die Zuspitzung am Samstag in dieser Form nicht
geplant hatten (ein Großteil der Demonstration war noch gar nicht
angekommen). Es ist uns jedoch nicht gelungen, deutlich zu machen, dass wir
damit eine konkrete Situation kritisierten, ohne uns generell von einer
Aktionsform oder gar einem Teil der DemonstrantInnen zu distanzieren. Zwei
Beispiele nur. Es war idiotisch, sich nach dem Samstag öffentlich von „den
Autonomen“ zu distanzieren, schon deshalb, weil wir auch die Autonomen sind.
Ebenso idiotisch war, ausgerechnet gegenüber der Springer-Presse
kleinbürgerliche Ressentiments zu bedienen und von „einer wilden Mischung
aus Hooligans, Jugendlichen aus der Gegend und Leuten aus dem Ausland“ zu
quatschen. Im Sinne der alten Weisheit des Vorsitzenden Mao, nach der einE
jedeR vor der eigenen Haustür kehren und sich zuerst an die eigene Nase
fassen soll, waren wir da offenbar selbst von Repräsentationsproblemen
getrieben.
Im Ergebnis ergab das den scheinbaren Gleichklang eines Distanzierungschors,
in dem Tenöre aus anderen Reihen dann nicht einmal davor zurückschreckten,
GenossInnen („Straftäter“) bei Bedarf der Polizei ausliefern zu wollen.
Bezeichnenderweise waren das dann aber dieselben, die in den folgenden Tagen
fassungslos über den Mut und die Entschlossenheit der AktivistInnen
staunten. Tausende blieben oder kamen während der Aktionswoche wieder an die
Küste. Keine Intrigen und Horrorszenarien konnten das gewonnene
Selbstvertrauen in Frage stellen, eine Absage der Blockaden kam gar nicht in
Frage. Die Belagerung des Gipfels wurde zum Riesenerfolg – und zum
emanzipatorischen Bildersturm: Unzählige AktivistInnen ließen die Robocops
rechts liegen, besetzten die Zugangswege vor dem Sperrwall und machten die
G8-Show hinterm Zaun für zwei Tage einfach dicht.
Dass diese kollektive Selbstermächtigung in ihrer politischen Perspektive
über das unmittelbare Ergebnis hinausweisen kann, ahnt der konservative
Klasseninstinkt naturgemäß am besten. „Schlimmes ist geschehen“, resümierte
der Leitartikler der FAZ den „Erfolg von Heiligendamm“ und machte folgende
Feindmarkierung: „Es geht um Organisationen, die ‚begrenzte
Regelverletzungen’ für legitim halten, diese Strategie geradezu zum Programm
erhoben haben und damit in den Rechtsstaat eine Bresche schlagen, die dann
diejenigen nutzen, denen es um entgrenzte Regelverletzung, also um schiere
Gewalt, geht. Man sollte es in Deutschland wissen: auf die ‚Gewalt gegen
Sachen’ folgt die ‚Gewalt gegen Personen’, das heißt: der politisch
motivierte Mord.“ Richtig daran ist nicht die zuletzt unterstellte
Kausalität als vielmehr der Verweis auf die Bedeutung massenhafter
Grenzüberschreitung: die Sachen wieder gemeinsam in unsere Hände zu nehmen,
in gesellschaftliche Auseinandersetzungen eingreifen, aus gemeinsamen
Erfahrungen Solidarität zu organisieren und gegen Staat und Kapital richten
– eine, zwei, viele Breschen schlagen.
Mobilisierung des Gemeinsamen
Dabei weist die „Choreographie des Widerstandes“ noch in einer anderen
Perspektive über den unmittelbaren Erfolg hinaus. Sie zeichnete sich vor
allem anderen nämlich dadurch aus, dass Demonstration, Aktionstage,
Alternativgipfel, Camps und Blockaden ohne die großen Apparate linker
Gewerkschaften und Parteien organisiert wurden, die in anderen Ländern
Europas dafür „zuständig“ sind. Die Gewerkschaften waren, sieht man von
wenigen linken Funktionären ab, an den Protesten kaum interessiert, die neue
Linkspartei ist jedenfalls aktuell nicht bewegungsorientiert und attac, der
größte Akteur neben der radikalen Linken, verfügt über weniger Ressourcen
als viele meinten. So entsprang das ganze Geschehen einer Basismobilisierung
im besten Sinn des Worts, ohne Sponsoring und Hauptamtliche, gestützt allein
auf die Erfahrung und den Einsatz der AktivistInnen selbst. Das bewiesen
während der Gipfeltage nicht nur die großartige Camp-AG, sondern im Vorfeld
schon die dissent-Infotour und die internationalen linksradikalen
Vernetzungstreffen, die europaweit für die Protesttage mobilisierten.
Es ging aber auch nicht ohne die Zusammenarbeit aller Teile der Bewegung,
die quer zu scheinbar unüberwindlichen Widersprüchen das gemeinsame Handeln
in die erste Reihe rückte und von der radikalen über die moderate Linke und
attac bis zu einigen NGO’s reichte. Das lief nicht ohne harte Kompromisse:
Das „Hannoveraner Treffen“ ließ nicht mehr zu als eine technische
Koordination ohne gemeinsame politische Grundsätze und gemeinsame Kasse.
Dabei mussten wir uns als Bewegungslinke eines miesen Klientelismus
erwehren, der zugunsten der an der Mobilisierung gar nicht beteiligten
Grünen, die Linkspartei unsichtbar machen wollte, und das mit dem
Taschenspielertrick einer „parteiunabhängigen Zivilgesellschaft“ begründete.
Im Vorfeld bereits absurd, war das vor Ort nur noch abgeschmackt: Haben doch
gerade Leute aus der LINKEN wesentlich dazu beigetragen, das Demobündnis am
Samstagabend zusammen zu halten. Dennoch: Aufs Ganze gesehen funktionierte
die Kooperation, stiftete hoffentlich bleibendes Vertrauen und bestätigte
derart auch unsere Kritik an der Selbstgenügsamkeit einiger linksradikaler
Gruppen und Einzelpersonen.
Die kommende Zeit
In der Vorbereitung und vor Ort wurde die IL vielfach als ein etablierter
Akteur behandelt. Dabei wurden inhaltliche und organisatorische
Anforderungen an uns herangetragen, die wir zu diesem Zeitpunkt nur situativ
lösen konnten, weil wir über entsprechende Arbeits- und
Entscheidungsstrukturen noch gar nicht verfügen, uns über solche nicht
einmal einig sind. Diese Entwicklung ein- und nachzuholen, ist die jetzt vor
uns liegende Aufgabe.
So setzten wir zwar großspurig auf einen erfolgreichen Sprung der Massen und
sprachen im Aufruf von 100.000 DemonstrantInnen, waren dann aber von den
20.000 Leuten mehr als beeindruckt, die nach dem Sonntag in den Camps
blieben. Beeindruckt waren und sind wir auch davon, dass allein die radikale
Linke gut und gerne 15.000 AktivistInnen mobilisieren kann und so viele
junge Leute sich mit der globalisierungskritischen Bewegung identifizieren.
Mit ihnen Orte der Diskussion und Möglichkeiten gemeinsamen Handelns zu
schaffen, ist die größte politische Herausforderung, die nicht allein der
IL, sondern uns allen gestellt ist. Die Produktion des Gemeinsamen, ihre
Netzwerke und Kooperationen und ihre Autonomie können nur Bestand haben,
wenn sie zugleich die kollektive Autonomie der sozialen Bewegungen und die
Intensität der sozialen Kämpfe stärkt.
„63 Prozent der Befragten bezeichnen sich als links, 20 Prozent stufen sich
als linksradikal ein“, konstatiert das Zentrum für Kindheits- und
Jugendforschung der Universität Bielefeld nach der Befragung von 3.576
DemonstrantInnen unter 25 Jahren während der Aktionstage vor Ort. Überrascht
hat die Forscher dabei eine Bereitschaft zu „illegalen Aktionen“, zu denen
sie unter anderem „Angriffe auf Firmeneigentum“ rechnen.
„Vorsicht bei der Verwahrung von Erfahrungen” sagt Me-Ti in Brechts Großer
Methode und verweist darauf, dass Erkenntnisse Schneebällen gleichen. Sie
können gute Waffen sein, doch kann man sie nicht lange aufbewahren, schon
gar nicht in der Tasche. Der Bruch mit den herrschenden Verhältnissen ist
ein gesellschaftliches Projekt auf lange Sicht und zugleich ein Projekt des
individuell und kollektiv gelebten Augenblicks. Eine radikale Politik kann
ihre Erfahrungen nur ausschöpfen, wenn sie die Einforderungen von
Alternativen in Kampagnen, Bündnissen und Bewegungen mit ihrer praktischen
Vorwegnahme und Erprobung im eigenen Alltag verbindet. In dieser Perspektive
sollten radikale Linke bescheiden sein. Wir stehen noch am Anfang und sind
doch längst darüber hinaus. Entsprechend offen ist unsere Zukunft. Wir
machen weiter.
Interventionistische Linke im August 2007
PS: Im September und Oktober laden wir bundesweit zu Veranstaltungen „100
plus X Tage nach dem G8“ ein. Gemeinsam mit den lokalen Netzwerken und
Bündnissen wollen wir diskutieren, was nach Heiligendamm bleibt – und was
jetzt auf uns zukommt.
PPS: Versuchsweise wurde eine Genossin dieser Tage vom VS angeworben.
Natürlich hat sie die Zivilen stehen lassen. Wir erwähnen das, weil die
Dienste jetzt vermehrt versuchen werden, sich einzukaufen: es tut sich was
in der Linken, da will der VS dabei sein.
Zum Schluss ein herzlicher Gruß der Solidarität an die vier verhafteten
Genossen, die der „militanten gruppe“ (mg) angehören sollen; praktischer
Antimilitarismus ist prinzipiell eine gute Sache, erst recht in Zeiten
deutscher Bundeswehreinsätze. IL-Zusammenhänge treffen sich am 15.9. auf der
bundesweiten Demo gegen das imperiale „Afghanistan-Mandat“ und eine Woche
später, am 22.9., auf der Demo gegen die Kontroll- und Überwachungsgesetze:
„Freiheit statt Angst!“ Beide Demonstrationen finden in Berlin statt.