“Wir lassen uns nicht verprügeln”
Bericht des antifaschistischen und antiimperialistischen Aktionsbündnisses gegen die G8
2. Juni
Das antifaschistische und antiimperialistische Aktionsbündnis gegen die G8 (www.G8versenken.de) war an der Organisation des internationalistisch-revolutionären Blocks beteiligt der mehr als 2000 Personen umfasste. Auf der Großdemonstration am 2. Juni in Rostock lief dieser Block im Südzug, der vom Hauptbahnhof startete, hinter dem Block der Interventionistischen Linken (IL) und vor dem ATTAC-Block.
Der internationalistisch-revolutionären Block bestand aus ArbeiterInnen, SchülerInnen, StudenteInnen und RentnerInnen aus der Türkei, Deutschland und vielen anderen Ländern und bewegte sich friedlich bis zum Rostocker Stadthafen, dem Platz der Abschlusskundgebung.
Der plötzliche Angriff der martialisch gepanzerte Polizei mit Sondereinheiten auf den internationalistisch-revolutionären Block war völlig unerwartet und ohne jeden Anlass.
Der frontale Angriff geschah in mehreren Angriffswellen. Die Polizei wendete brutal und willkürlich Gewalt an. Auch der Lautsprecherwagen wurde zum Ziel des Angriffs.
Dazu sagt Jonathan Helwig von der Pressegruppe des antifaschistischen und
antiimperialistischen Aktionsbündnisses gegen die G8: „Aber wir lassen uns nicht verprügeln. Auch Einschüchterungsversuche und Misshandlungen von Seiten der Polizei werden uns nicht daran hindern, von unserem Recht auf Verbreitung unserer politischen Botschaft durch friedliches Demonstrieren Gebrauch zu machen.“
Die brutalen Polizeiübergriffe, die 20 Mitglieder des internationalistisch-revolutionären Blocks verletzten, die meisten davon schwer, haben das Bündnis zu geschlossener, solidarischer Gegenwehr gezwungen.
Dass das selbstverständlich sein muss, wird sogar in konservativen Kreisen vertreten: Heiner Geißler, bekannter CDU-Politiker, erinnerte im Fernsehsender Phönix an das Grundrecht zu demonstrieren und sagte weiter: „Wenn mich einer anfasst, dann schlage ich zurück – und wenn es ein Polizist ist, dann schlage ich zurück.“
Der CDU-Politiker positioniert sich damit links von führenden ATTAC-SprecherInnen, die in dreister Anbiederung an bürgerliche Kreise die Polizeigewalt rechtfertigten und die Einsatzleitung sogar mit Dankesgrüßen bedachten.
Dazu Helwig: „Damit hat sich ATTAC einmal mehr gegenüber der Linken disqualifiziert.
Während der Konfrontation am Rostocker Stadthafen und nur wenige hundert Meter von ihr entfernt behauptete Werner Rätz vom ATTAC-Koordinierungskreis, die »andere Welt«, für die ATTAC angeblich eintritt, sei »hier in Rostock [..] auf dem Platz«. Das brutale Vorgehen der Polizei ist und bleibt jedoch Realität und notwendige Folge des kapitalistischen Systems. Mit einer »neuen Welt« hat das nichts zu tun.“
Die Polizeigewalt richtete sich in ihrer vollen Härte auch und gerade gegen die revolutionären und antiimperialistischen Kräfte, die nicht Teil des vielbeschworenen „Schwarzen Blocks“sind. Die von der Polizei provozierte Eskalation leistete außerdem erfolgreiche Pressearbeit: In den meisten Medien gelten nun alle Systemkritiker als Anwender sinnloser Gewalt und es wird der Eindruck erweckt, die Welle staatlicher Repression im Vorfeld des G8-Gipfels sei gerechtfertigt gewesen.
4. Juni
Am Aktionstag Migration, dem 4. Juni, fand im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der ausländerfeindlichen Ausschreitungen von 1992 statt. Im ehemaligen Asylbewerberheim am Ort der Kundgebung hatten Neonazis ausländische Familien terrorisiert und, unter dem Beifall von Teilen der Bevölkerung, mit Brandsätzen angegriffen und schwer verletzt. „Während damals die Polizei nicht eingeschritten war“, so Helwig, „wurde die Gedenkveranstaltung von martialisch ausgerüsteten Hundertschaften der Polizei gestört, die einen der Redner von der Kundgebung fernhielten, mehrere Teilnehmer verhafteten und tätlich angriffen und somit wie am Samstag eine Eskalation provozieren wollten.“
Die mehr als 1000 KundgebungsteilnehmerInnen ließen sich jedoch nicht zu militanter Gegenwehr hinreißen, zumal auch Menschen ohne Papiere unter ihnen waren.
Auf dem Fußmarsch zum Anfangsort der darauf folgenden Demonstration gegen die rassistische Flüchtlingspolitik der G8-Staaten – die Polizei hatte die Verkehrsmittel gesperrt – wurde ausschließlich der internationalistisch-revolutionäre Block von der Polizei eskortiert. Ohne Angabe von Gründen wurde ein Mitglied des antifaschistischen und antiimperialistischen Aktionsbündnisses gegen die G8 festgenommen.
Noch vor Erreichen des eigentlichen Startpunkts der Demonstration wurde der internationalistisch-revolutionäre Block durch einen Polizeikessel von den inzwischen mehr als 3000 anderen DemonstrantInnen getrennt. Ohne die Einwilligung in eine Leibesvisite sollte die Teilnahme an der Demonstration verboten werden. Nur durch die Solidarität tausender anderer DemonstrantInnen sah sich die Polizei nach etwa einer Stunde zur Auflösung des Kessels gezwungen.
Später nahm die Polizei allerdings die unterbliebene Kontrolle zum Anlass, den gesamten Demonstrationszug von inzwischen mehr als 10000 DemonstrantInnen weitere zwei Stunden aufzuhalten und fuhr Spezialeinheiten und Wasserwerfer auf. Die Einsatzleitung der Polizei gab an, dies geschehe „auf Anweisung von höherer Stelle“. Im Folgenden wurde die Demonstration von mit Schusswaffen ausgestatteten, gepanzerten und vermummten Polizeiketten und Wasserwerfern durch einen fast unbewohnten Stadtteil Rostocks geführt.
Nach zahlreichen Unterbrechungen und erst knapp einem Kilometer zurückgelegten Wegs wurde die Demonstration endgültig gestoppt: Statt der angemeldeten Route durch die Rostocker Innenstadt versuchte die Polizei die DemonstrantInnen unter Angabe des Grundes, die angemeldete Teilnehmerzahl sei überschritten, in einen Randbezirk zu zwingen. Daraufhin löste der Veranstalter die Demonstration auf.
Die Polizei, die es trotz ihres repressiven Auftretens nicht geschafft hatte, eine Konfrontation zu provozieren, musste im Folgenden ohne weitere Vorwände handeln: Auf dem Rückweg wurden zahlreiche DemonstrantInnen festgenommen. Wieder traf dabei die staatliche Repression die antiimperialistischen Kräfte: Viele Mitglieder des antifaschistischen und antiimperialistischen Aktionsbündnisses gegen die G8 wurden verhaftet.
Dazu Jonathan Helwig: „Die imperialistischen G8-Staaten müssen zur Durchsetzung ihrer Ziele ihr „Hinterland“ sichern. Dazu setzen seit jeher jedes nötige Mittel ein um die antiimperialistischen und antikapitalistischen Kräfte zu schwächen, die ihrerseits immer näher zusammenrücken: Die Polizeirepression hat in den letzten Tagen Stalinisten, Trotzkisten und Anarchisten verschiedenster Herkunft im solidarischen Kampf vereint.“
HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!