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2005-08-31

»Ein anderer Bildschirmtext ist möglich: Sie können den Imperialismus jetzt ausschalten!“

Den Widerstand gegen den G8 Gipfel in Gleneageles weitertragen.

Im Anschluss an den G8 Gipfel vom 6. bis 9. Juli 2005 haben wir das Auto des Vorstandchefs der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, vor seinem Wohnhaus in Hollenstedt in Brand gesetzt.

Werner Marnette vereinigt in seiner Person mehrere Funktionen, die uns besonders geeignet erscheinen, um anhand unserer Aktion unterschiedliche Facetten imperialistischer Herrschaft aufzuzeigen und anzugreifen.

Marnette ist seit über 10 Jahren Vorstandsvorsitzender der Norddeutschen Affinerle in Hamburg (NA). Zusätzlich bekleidet er unter anderem die Position des Vorsitzenden des Industrieverband es Hamburg (IVH) und ist stellvertretender Präses der Hamburger Handelskammer (HHK). Kürzlich krönte er seine Postensammlung noch mit einem Sitz im Bundespräsidium des CDU Wirtschaftsrates.
Wir wollen unsere Aktion nun ein wenig erläutern:
Zunächst zur NA:
Sie ist der größte europäische Kupferproduzent und einer der führenden weltweit. Kupfer ist zumindest mittelfristig elementarer Rohstoff für die Schlüsselmärkte Elektronik, Telekommunikation und Energieversorgung. Ohne Kupfer keine Stromleitungen ‚ keine Handys, keine Computer, keine Autos. . . Bei der Gewinnung von Kupfer aus Kupfererz fallen in der Affinerie neben Giftmüll ganz hübsche Nebenprodukte ab wie Edelmetalle in Form von Gold und Silber, und selbst mit den Abfallprodukten macht die NA noch Geld und verkauft sie als Baumaterial. Das Kupfererz wurde und wird in Ländern des Trikonts gefördert. Die traditionell guten Verbindungen der NA in die ehemaligen deutschen Kolonien und Quasikolonien sind ihr dabei bis heute dienlich. Schon 1907 bezog die NA große Mengen Kupfererz aus Namibia (“Deutsch- Südwest-Afrika“). Zuvor hatte der Völkermord deutscher Soldaten und Kolonisten an den Herero und Nama für Friedhofsruhe gesorgt und die Überleben- den in Zwangsarbeit in die Minen und zum Eisenbahnbau (für den Abtransport des Erzes) gepresst. Bis heute sind die Minen in Chile und Papua Neuguinea Hauptbezugsquellen der NA und die Ausbeutungsbedingungen dort postkolonialistisch organisiert.
In Chile, wo ein drittel der weltweiten Kupferreserven vermutet werden, ist die NA in Zusammenarbeit mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW—eine Bank des Bundesministeriums) an der Erschließung und Ausbeutung der Minen “La Escondida‘ (1 Mio. Tonnen pro Jahr) und ‘Collahuasi“ beteiligt. In “La Escondida“ wurden erst kürzlich 5000 streikende Zeitvertragsarbeiterlnnen gefeuert, weil sie sich mit entlassenen Gewerkschaftern solidarisierten.
In Argentinien sind NA und KfW gemeinsam an der Erschließung der Mine “Alumbreras“ beteiligt. Wie in Chile wird hier in 7 Tagesschichten mit mindestens 12 Stunden Arbeitszeit geschuftet, um die 1,2 Mrd. US Dollar Investitionen zu amortisieren. Gigantische Umweltzerstörungen durch die im Sickerwasser weggespülten Giftmüllrückstände führen dort immer wie- der zu Protesten der Bevölkerung, die mit Gewalt durch örtliche Behörden unter- drückt werden.
So auch in Papua Neuguinea, einer ehemaligen deutschen Kolonie. Die “Ok Tedi Mine“ fördert 10% des NA-Bedarfs an Kupfererz. Hier wird der Giftmüll (Schwermetalle und Schwefelsäure) einfach in den Ok Tedi Fluss eingeleitet, wodurch der Urwald inzwischen abgestorben und das Trinkwasser der dort leben- den Menschen seit Jahren verseucht ist. In den letzten 20 Jahren konnten alleine durch die Produktion dieser Mine 40 Mio. US-Dollar als Dividende an die AktionärInnen der NA ausgeschüttet wer- den. Als Reaktion auf die anhaltenden Proteste gegen die Verseuchung des Ok Tedi Gebietes waren der NA aber nur ein paar Tausend Dollar für ein Gesundheitsprojekt als Entschädigung zu entlocken, während die Einleitung des Giftmülls unvermindert anhält. Was hier an Zynismus kaum zu überbieten scheint — erst die Anwohnerlnnen zu vergiften und ihnen dann ein paar ÄrztInnen zu finanzieren — heftet sich Werner Marnette auch noch als humanitäres und ökologisches Engagement an seine Brust.
Das gleiche spielt sich auch in Indonesien und dem besetzten West-Papua ab, wo die NA 14% ihres Kupferbedarfs in den Minen “Batu Hijau“ und “Grassberg“ fördern lässt. Der Giftmüll von Batu Hijau wird im Meer verklappt und hat die Lebensgrundlage der örtlichen Fischerlnnen vernichtet. Hier ist neben der KfW auch die Weltbank bei der Finanzierung mit im Boot. Proteste wer- den mit Gewalt unterdrückt, so kam es in “Batu Hijau“ 1999 zu Schüssen auf Demonstrantlnnen. 2001 wurde im Umfeld der “Grassberg Mine“ der Präsident des Papuarates von Sondereinheiten der indonesischen Besatzungstruppen umgebracht.
Werner Marnette verweist in diesem Zusammenhang gerne darauf, dass seine NA damit ja nichts zu tun habe. Aber die durch militärische Repression und deut sche Finanzhilfe hergestellten “paradiesischen“ Produktionsbedingungen werden natürlich gerne in Anspruch genommen. Dort, wo die NA selbst das Sagen hat, sind Repression gegen Proteste der Arbeiterinnen und Umweltverschmutzung die immer wiederkehrenden Erscheinungsformen profitorientierter Produktion.
In Südafrika gehörte der NAdle Transvaal Alloy Ltd. und profitierte gerne vom Apartheidssystem. 1983 wurden dort 1 OOte streikender Arbeiterinnen einfach entlassen.
Am Produktionsstandort Hamburg ist Umweltverschmutzung ein Dauerbrenner:
Arsen im Schornsteinqualm, Dioxinbelastung im Boden, Schwermetalle und Schwefelsäure im Elbwasser...
Der IVH und die Handelskammer
Seit 2001 ist Werner Marnette Vorsitzender des Industrieverbandes Hamburg, einer Filiale des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI). Der IVH versteht sich als Schnittstelle zwischen Industrie, Politik und Verwaltung. In dieser Funktion erläutert Marnette gerne seine Zukunftsvisionen einer Metropole im globalen Standortkampf und trommelt für eine Wirtschaftspolitik, die ausschließlich der Maximierung der Profitrate verpflichtet ist. Um industrielle Großprojekte wie die Realisierung der Airbuslandebahnverlängerung schneller durchzupeitschen ‚ fordert er die Abschaffung von Einspruchsmöglichkeiten der betroffenen Anwohnerlnnen, für die “Sicherung des Standorts“ die allgemeine Abschaffung des Kündigungsschutzes. Marnettes gesellschaftliches Engagement ist natürlich keineswegs nur selbstloser Einsatz für seine Klassenkumpanen, sondern soll auch seiner NA unmittelbar zugute kommen. Das hat in Hamburg Tradition. Die Zerstörung eines ganzen Stadtteils (Altenwerder) zur Errichtung des Schüttguthafens “Hansaport“ war unmittel bares Interesse der NA, genauso wie die heute von Marnette geforderten Infrastrukturprojekte “Hafenquerspange“ und der Ausbau der Ostseeautobahn A20 mit einer westlichen Elbquerung die Standortbedingungen für seinen Laden verbessern sollen. In gleicher Weise nutzt er sein Amt als stellvertretender Präses der Hamburger Handelskammer, die fast durchgängig die Wirtschaftspolitik des Hamburger Senats vordenkt und vorformuliert. Exemplarisch steht dafür das Konzept “wachsende Stadt“, das die Handelskammer entwickelt hat und nun praktisch unverändert zu r politischen Leitlinie des CDU-Senats erklärt wurde. Das Konzept beinhaltet dir Umverteilung sämtlicher Ressourcen auf die Ansiedlung industrieller Zukunftstechnologien und den Ausbau Hamburgs als Handelsdrehscheibe zu den Wachstumsmärkten in Osteuropa und China/Ostasien.
“Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?“
Sich jetzt auf den Weg machen zum Gipfel 2007 in Heiligendamm/Rostock:
Trotz der großen Beteiligung an den Protesten gegen die G8 in Gleneageles wurde der linksradikale Widerstand, anders als bei früheren Gipfeln, in Medien und Öffentlichkeit nur wenig aufgegriffen. Breiten Raum nahm dagegen das musikalische Massenspektakel der “Live 8“- Konzerte ein, deren Organisatoren sich von den militanten Aktionen um den Gipfel distanzierten und versuchten, die Antiglobalisierungsbewegung zu spalten. Mit ihrer Ausrichtung auf einen Schuldenerlass für Afrika stellten sie das kulturelle Begleitprogramm zum G8- Treffen, eine unkritische Propagandashow.
Das Thema Schuldenerlass war schon im Vorfeld des G8 mit dem Vorschlag der Streichung von 33 Milliarden Euro von Großbritannien auf die Tagesordnung gesetzt worden und hat eine lange Geschichte. Bereits in den 8OerJahren des letzten Jahrtausends wurde diese Idee von Figuren wie dem damaligen Vorstandsprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, propagiert. Schon der wusste, dass diese Geste der Gnade sich ökonomisch besser rentiert als ein Beharren auf Rückzahlung, weil sie die Möglichkeit neuer Investitionen in den aus- geplünderten Schuldnerstaaten verbessert.
Unmittelbar nach Beginn des Gipfels wurde die öffentliche Wahrnehmung von den faschistoiden Bombenanschlägen in London dominiert. Innerhalb der Antiglobalisierungsbewegung lösten sie großes Entsetzen aus und führten zu einer Lähmung der Proteste. In der Berichterstattung zu Gleneageles war spätestens ab dem 7Juli der Anti-G8- Widerstand praktisch bedeutungslos geworden. Dadurch hat sich das strategische Dilemma einer engen Orientierung politischer Aktionen auf die Termine der G8 Treffen noch einmal sehr deutlich gezeigt. Einen möglichen Ausweg sehen wir in der Option einer kontinuierlichen und langfristig angelegten Politik, die sich durch inhaltliche Ausrichtung und die konkreten Aktionen weder reformistisch vereinnahmen noch durch die situative Dominanz anderer Ereignisse einfach totschweigen lässt.
Mit unserer Aktion gegen NA-Vorstandschef Werner Marnette verbinden wir den Vorschlag für eine breite, auch militante Kampagne zum G8 Gipfel 2007 in Heiligendamm bei Rostock, die jetzt direkt nach Gleneageles an die Proteste anknüpft. Gleich vorweg: Uns ist bewusst, dass “Kampagnenpolitik“ bei vielen Genossinnen —zu Recht- auf Skepsis stößt, und dass militante linksradikale Zusammenhänge in der BRD rar gesät sind. Auch die problematischen Aspekte einer nur aufs Gipfelhopping beschränkten Politik sehen wir deutlich. Trotzdem halten wir eine langfristige Orientierung auf Heiligendamm, die militant begleitet wird, für wichtig und notwendig. Der G8 Gipfel in Heiligendamm wird spätestens im Frühjahr 2007 ein zentrales Thema für Linksradikale in der BRD und wahrscheinlich auch in Europa werden. Erstes Interesse in der Szene ist in den letzten Wochen bereits erkennbar. Es scheint uns sinnvoll, nicht erst Anfang 2007 in einer Art Feuerwehrpolitik in die Mobilisierung der Antiglobalisierungsbewegung einzusteigen, sondern die nächsten zwei Jahre zu nutzen, an konkreten praktischen Initiativen darüber zu diskutieren, wo und wie wir Strukturen kapitalistischer Ausbeutung und imperialistischer Unterdrückung angreifen können und müssen. Am Beispiel der Norddeutschen Affinerie lassen sich einige Eckpunkte für eine mögliche Stossrichtung dieser Kampagne zeigen.
1.Für eine internationalistische Solidarität mit Kämpfen im Trikont gegen kapitalistische Ausbeutung und imperialistische Unterdrückung und für eine Verbindung zu emanzipativen sozialen Kämpfen in der BRD und Europa.
Die Produktionsbedingungen und Umweltzerstörungen in den Kupferminen in Südostasien und Lateinamerika führten und führen immer wieder zu Protesten, Arbeitskämpfen und Widerstand der Arbeiterinnen und der betroffenen Bevölkerung, die mit Repression und blutiger Gewalt beantwortet werden. Grundlage dieser Ausbeutungs- und Unterdrückungsstrukturen im Konkreten wie im Allgemeinen ist der globale kapitalistische Verwertungsprozeß in seiner aktuellen globalen Dynamik, der von seiner kolonialen Geschichte bis zurück zur Conquista nicht zu trennen ist.
Kontinuierliche politische Arbeit zu diesen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen bleiben meist reformistischen Menschenrechtsgruppen und NGO‘s über- lassen. Das war nicht immer so.
Es gab z.B. früher militante Unterstützung der Antiapartheidbewegung in Südafrika (Antishellkampagne u.ä.) oder der südkoreanischen Textilarbeiterinnen (Rote Zora/Amazonen). Internationalismus, der auch militant begleitet wurde, war selbst- verständlicher Bestandteil linksradikaler Politik in der BRD. Die Reflektion und Kritik einer oft identitären Orientierung an tri kontinentalen Befreiungsbewegungen und die Auseinandersetzungen um die nationalistischen Sackgassen, in die viele dieser Bewegungen gegangen sind, haben zwar auch unsere eigenen Schwächen im Verständnis internationalistischer Solidarität offenbart. Die weitgehende Abkehr von internationalistischer Politik war aber ein Fehler, denn die Formen und Auswirkungen imperialistischer Unterdrückung haben sich in ihrem Charakter nicht grundlegend verändert. Hier gilt es, neue Anknüpfungspunkte zu suchen, Kontakte aufzubauen und gemeinsam Initiativen für eine emanzipative und revolutionäre Perspektive zu entwickeln. Das ist ein langer Prozess, der nur dann Entwicklungsmöglichkeiten hat, wenn es gelingt, Kontinuität und Verbindlichkeit auf einer Basis gleichberechtigten Austausches herzustellen. Die Orte der Gipfeltreffen werden langfristig den (finanziell und strukturell) privilegierten Aktivistlnnen vorbehalten bleiben und bie ten nur punktuelle Möglichkeiten politischer Intervention.
2. Die globalen Strukturen kapitalistischer Ausbeutung und imperialistischer Unterdrückung hier angreifen.
Die Finanzierung und Erschließung der südamerikanischen und indonesischen Kupferminen durch Bankenkonsortien unter Beteiligung der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau zeigt das unmittelbare politische Interesse der Bundesregierung, den Zugang der nationalen Wirtschaft zu Schlüsselressourcen zu ermöglichen. Das Beispiel Indonesien macht deutlich, wie diese Projekte in Strukturen von IWF und Weltbank eingebunden sind. Ein Teil dessen, was im Etat der Bundesregierung als Entwicklungshilfe ausgewiesen ist, fließt so als indirekte Subventionen an Firmen wie der NA zurück, die mitlangfristigen Lieferverträgen den Zugang zu den Rohstoffen absichert. Gewinnsteigerungen durch konjunkturelle Weltmarktentwicklungen wie die Nachfragesteigerungen z.B. in China kommen aber nicht den örtlichen Produzentlnnen in den Minen zugute, sondern fließen in die reichen Industrieländer, während ein Preisverfall auf dem Weltmarkt direkt von den Minenarbeiterinnen bezahlt werden muss. Über allem schwebt die Drohung, den Zugang zu den Ressourcen mit militärischer Gewalt zu erzwingen und abzusichern, wie es in den aktualisierten Verteidigungspolitischen Richtlinien‘ der BRD explizit formuliert wird. Um das not- wendige militärische Potenzial für diese Politik zur Verfügung zu stellen werden die deutsche und die europäischen Militärstrukturen weiterentwickelt und Rüstungsprojekte mit l00ten Milliarden Euro finanziert.
Der Blick auf die Weltkarte und die Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika zeigt, dass der Kampf um den Zugang zu den Ressourcen von den Industrieländern seit Jahrhunderten und heute mit Krieg geführt wird. In diesen Kontext gehört auch die quasimilitärische Bekämpfung der durch Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung verursachten globalen Migration (Irak, Afghanistan, Kongo). Polizeiliches Grenzregime, staatliche und private “Hilfsorganisationen“ wie Rotes Kreuz und IOM und Militärarbeiten hier Hand in Hand, um die vom Elend getriebenen Menschen in Lagern und Knästen einzusperren, abzuschieben oder in Bürgerkriegen aufeinander zu hetzen.
3. Die Verbindung zwischen den unter- schiedlichen Aktionsfeldern sozialen Widerstandes herstellen.
Werner Marnette ist in seiner Funktion als IVH und HHK Vorstand ein Freund offener Worte und Repräsentant von Organisationen, die wesentlich beteiligt sind an der Privatisierung gesellschaftlichen Eigentums, der Verschärfung sozialer Repression und der bedingungslosen Unterordnung sozialer Fragen unter die Wettbewerbslogik. Globalisierung bedeutet nicht nur die permanente Ausdehnung kapitalistischer Verwertungslogik in die letzten Winkel der Erde und die militärische Absicherung des Zugangs zu den Ressourcen. Ein weiterer Teil dieses Prozesses ist auch die unbegrenzte Kommerzialisierung des Sozialen und die Durchsetzung dieses Prinzips im Inneren. Gesundheit und Bildung sind zur freie handelten Ware geworden, Alter und Krankheit zum persönlichen Problem, für as sich jede/r eine individuelle Lösung aufen muss. In Hamburg heißt diese Politik, die von HHK und IVH vorangetrieben wird, aktuell: Verkauf städtischer Krankenhäuser und Massenentlassungen, Einführung von Kita- und Studiengebühren, Schließung der Schwimmbäder, erschlagung der Drogenhilfe usw. sozialer Widerstand wird mit Repression beantwortet: Bauwagenplatzräumungen mit 1500 Bullen, §129 Kriminalisierung gegen Aktivistlnnen des Wasserturmprotestes, Prügeleinsätze gegen SchülerInnen und Studentinnen. Die hier von uns nur kurz dargestellten Zusammenhänge und Strukturen des als Globalisierung beschriebenen aktuellen kapitalistischen Vergesellschaftungsmodells bieten aus unserer Sicht eine Vielfältigkeit von Ansatzpunkten für links- radikale Interventionen. Wir sehen solche Interventionen als Teil der weltweiten Klassenauseinandersetzungen . Die Antiglobalisierungsbewegung hat aber nur dann eine Chance, emanzipatives Potenzial zu entwickeln, wenn sich die politische Arbeit verstetigt und verdichtet, und wenn sie in ihrer Wahrnehmung nicht mehr auf die reformistische Dominanz von NGO‘s und attac beschränkt bleibt. Auch müsste der Fokus der Aktionen und Mobilisierungen, der bisher auf die Orte und Termine der Gipfeltreffen selbst gerichtet ist, erweitert werden und die politische Mobilisierung losgelöste Konstanz bekommen . Eine “andere Welt“ ist tatsächlich erst dann möglich, wenn wir bereit sind, mit diesem System zu brechen und wenn wir es schaffen ‚ Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Orten und Ansätzen sozialen Widerstandes herzustellen, wenn wir unsere Kämpfe hier gegen Arbeitszwang und Studiengebühren, gegen Abschiebung und Polizeirepression, gegen sexistische Gewalt und Ausbeutung in einen globalen Zusammenhang stellen.
In der Antiglobalisierungsbewegung sehen wir den Versuch, in diese Richtung Neues auszuprobieren. Sie hat eine hohe Ausstrahlungskraft auf viele Menschen, die sich in den aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen politisieren und nach Möglichkeiten für eigenen Widerstand suchen. In der BRD sind die Netzwerke der Bewegung allerdings dominiert von reformistischen Gruppen und Forderungen. Eine langfristige linksradikale Mobilisierung im Vorfeld des G8 in Heiligendamm und darüber hinaus bietet die Möglichkeit, wie- der mehr Profil zu gewinnen und von uns aus Orientierungspunkte für inhaltliche Auseinandersetzungen und Aktionsfelder zu setzen.
Die Regierung der BRD betreibt eine Politik des Neoimperialismus. Aufrüstung, militärische Kriegseinsätze, UNO Sicherheitsratsmandat, usw. Die soziale Repression nach innen verschärft sich permanent: Hartz IV, Polizei- und Passgesetze, Kriminalisierung von Widerstand. Das birgt aber auch die Chance, dass sich mehr Menschen radikalisieren und Ansatzmöglichkeiten, die von Linksradikalen geboten werden, auf- nehmen und sich aneignen.
Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche:
Alle Verhältnisse umwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist!
Delete imperialism now — by any means!
Hoffentlich auf bald!
Freiheit für Marco und Carsten aus Magdeburg!
Freiheit für Christian aus Berlin!
Freiheit für Bart, Jose Fernandez, Gabriel und Begonia, die in Aachen vor Gericht stehen!
Solidarität mit den Betroffenen vom §129- Verfahren in Hamburg!
August 2005