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2006-02-06

Heiligendamm konkret: Update Februar 2006

Die Vorbereitungen haben begonnen...

Infoveranstaltung in Rostock von Progress 07

Am 16. Februar gab es eine Veranstaltung "Das G8 - Treffen in Heiligendamm und Perspektiven des Protestes" in der Uni Rostock, organisiert von dem Forum Progress 07, einem Rostocker Bündnis gegen den G8.

Eingeladen waren drei Personen unterschiedlicher Spektren: "Dissent!"-Infotour, Interventionistische Linke und DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft). Die Veranstaltung stieß auf sehr großes Interesse, es kamen 130 Leute.
Selbst EinwohnerInnen aus Heiligendamm, ein Ferienhausbesitzer und der Sicherheitschef der Fundus-Gruppe Heiligendamm waren präsent. Das Interesse der BesucherInnen bestand darin zu erfahren was auf die Region zukommt, welche Aktionsformen zu erwarten sind und wie mit gewalttätigen Protesten umzugehen sei. Das Forum Progress 07 plant weitere Veranstaltungen, und Filme in Vorbereitung auf den G8. Ihr Motto ist die "Proteste gegen G8 in Rostock willkommen heißen".

Noch ein Bündnis in Rostock
Inzwischen hat sich in Rostock ein weiteres Bündnis gegründet, das Rostocker Aktionsbündnis. Dessen erste Aufgabe ist die Vorbereitung der bundesweiten Aktionskonferenz am 25./26.3 (Anmeldung unter www.heiligendamm2007.org). Zum Bündnis gehören z.B. VertreterInnen von solid, DFG-VK, DGB-Jugend, Eine-Welt-Landesnetzwerk. Ziel ist, gewaltfreie Proteste zu organisieren. Es soll bald in den Räumen der DFG-VK ein G8-Infobüro geben.

Nazis in Mecklenburg-Vorpommern
Die NPD beginnt ihren Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern mit einer bundesweiten Demonstration in Rostock am 1. Mai. In Bad Doberan/ Heiligendamm gibt es keine alternative linke Szene, allerdings eine kleine rechte.

Antirepressionsstrukturen aufbauen
Lokale Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern drängen darauf, funktionierende Antirepressionsstrukturen aufzubauen. Das beinhaltet zum Einen eine Antirepressions-Kampagne im Vorfeld mit Veranstaltungen und Publikationen. Parallel dazu muß ein Ermittlungsausschuß aufgebaut und Kontakt zu AnwältInnen geknüpft werden. Hierzu sind bundesweite Strukturen aufgerufen, aber auch juristische Organisierungen wie das Legal Team Europe oder der Republikanische Anwaltsverein.

Erstes Treffen in Bad Doberan
Es gab im Februar ein erstes Treffen Interessierter in Bad Doberan. Die Linkspartei hatte Personen von Organisationen wie Die Falken, Grüne, Volkssolidarität, SPD, AWO, WASG, Kirche, Gewerkschaften etc. eingeladen. Eine Vertreterin von attac referierte zu den Institutionen G8 und WTO und der differenzierten Kritik daran (innerhalb attac gibt es widerstreitende Positionen; während einige die Finanzmärkte besteuern wollen plädieren andere für deren Abschaffung). Von der Infotour-AG des "dissent!"-Spektrums gab es einen Überblick über Gipfelproteste seit Seattle und die unterschiedlichen Strömungen, die zum G8 2007 aufrufen. Im Anschluß gab es eine spannende Diskussion um Inhalte einer Gegenmobilisierung, Alternativen zum Kapitalismus, Protestformen, Polizeigewalt und dem Umgang mit (auch gewalttätigen) Protesten. Viele in der Region wissen nicht was auf sie zukommt. Einigkeit bestand darin, daß sich auf massive Polizeigewalt vorbereitet werden muß, Genua und Evian/ Aubonne-Bridge, aber auch Castor-Transporte sind negative Beispiele. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist während des G8 mit umfangreichen Blockadeaktionen zu rechnen. Die geografische Lage spricht dafür (blockaderelevante Einrichtungen zum G8 sind von Kühlungsborn bis Rostock auf einer Strecke von 20 Kilometer im Küstenverlauf angesiedelt. Die Küste vereinfacht der Polizei allerdings das Abriegeln). Die EinwohnerInnen Doberans sind besorgt über den Verlauf der "Roten Zone" und befürchten Kontrollen.
Die Anwesenden sind den Protesten zunächst offen gegenüber eingestellt. Es wurden weitere Verabredungen über Veranstaltungen und Aktionen in der Region getroffen. Öffentlichkeitsarbeit zur Legitimität der Proteste soll vorangetrieben werden. Über die Notwendigkeit von Geländen für Camps wurde ebenfalls gesprochen. Es gab sogar die Idee einer Bettenbörse für Protestierende.
Anscheinend planen kirchliche Gruppen eine Alternativkonferenz während des Gipfels im Doberaner Münster. Die Kirche hat dort ein großes Anwesen.
Auch die Linkspartei möchte im Frühjahr 2007, zusammen mit anderen Gruppen, einen Gegengipfel organisieren. Eingeladen werden sollen bekannte KritikerInnen wie Roi, Chomski und Dahn. Die "Aktiven-Konferenz" der Rosa-Luxemburg-Stiftung beschloß offensichtlich ebenfalls, 2006 bei Heiligendamm ein Camp oder "Dorf der verschiedenen Camps" zu organisieren.

Medien in und um Bad Doberan
Bad Doberan wird von Anzeigenblättern terrorisiert. Eines davon ist der "Stadtanzeiger am Samstag", welcher von einem Frank Jütte herausgegeben wird (Chefredakteur in Personalunion; Zitat: "Wir leben in einer Demokratie. Hier entscheidet die Mehrheit"). Dieser hat sich nun offensiv auf die Seite der Fundus-Gruppe geschlagen und wettert massiv und fortgesetzt gegen alle die sich den Privatisierungsplänen von Fundus entgegenstellen (und das sind etliche). Die Kritik wird persönlich. So unterstellt er einer Leserbriefschreiberin, sie wäre ein "Schreihals" und würde "schreien und keifen" und sich nur deshalb engagieren, weil sie ihren Job in Heiligendamm verloren hätte. Soviel zum Niveau der Auseinandersetzung.
Nur in wenigen alternativen regionalen Medien wird zum G8 berichtet; beispielsweise in der neuen Rostocker Alternativzeitschrift "Fußnote", im Greifswalder "Likedeeler" oder dem Magazin "Klartext" der Linkspartei. Einen Pressespiegel gibt es bei www.links-lang.de.

Geld
In den in Rostock herausgegebenen Tageszeitungen "Ostseezeitung" und "Norddeutsche Neueste Nachrichten" wird viel über den G8 berichtet. Es geht dabei um ein Investitionsprogramm mit vorgezogenen Infrastrukturmaßnahmen wie Straßenausbau (A 19 zwischen Rostock und Bad Doberan) und die Polizeikosten, aber auch Umbauten am Fundus-Komplex, der staatlich subventioniert wird. Das Investitionsvolumen beträgt 145 Millionen Euro. Dazu kommt der Ausbau der Bahntrasse Berlin-Rostock für ICE-Züge. Die Sicherheitsvorkehrungen werden mit 45 Millionen angegeben. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat im Haushalt 10 Millionen vorgesehen, davon 5,6 Millionen für Polizeikräfte aus anderen Bundesländern. Es wird seitens der Landesregierung, aber auch der CDU und anderen konservativen Kräften immer wieder beteuert daß der G8 der Region Investitionen und Prestigegewinn verschaffen würde, er sei eine "große Ehre" und "Riesenchance". Um den Tourismus nicht zu stören wurde der Gipfel vorverlegt und findet nicht in der Hauptsaison statt. Die zu erwartenden Proteste werden mit einem Minus für den Tourismus gleichgesetzt (nach Gleneagles 2005 haben schottische Tageszeitungen allerdings nachgewiesen daß der G8 der Region nicht den versprochenen Umsatz gebracht hat, im Gegenteil. G8-Gipfel der vergangenen Jahre kosteten zwischen 250 und 800 Millionen Euro).
Im "Hanse-Center", ein Messegelände in Rostock, wird das Mediencenter eingerichtet. Es wird für 3.000 - 5.000 JournalistInnen konzipiert. Rostock ist absolut pleite. Im sozialen Bereich wird massiv gekürzt.

Hotelbuchungen während des Gipfels sollen storniert werden
Die BesitzerInnen von Hotels und Ferienwohnungen in Heiligendamm und Kühlungsborn wurden angewiesen, sämtliche Buchungen für die Zeit des Gipfel zu stornieren und keine neuen anzunehmen. Allerdings wurde nicht präzisiert wann der Gipfel stattfindet, es wird von Frühjahr gesprochen.
Kühlungsborn ist 6 Kilometer von Heiligendamm entfernt. Die Kleinstadt mit 7.000 EinwohnerInnen verfügt über eine Bettenkapazität von 14.000. Das macht es wahrscheinlich daß ein großer Teil der GipfelteilnehmerInnen dort untergebracht wird.
Laut dem Sicherheitschef von Fundus haben die BewohnerInnen von Heiligendamm ein Schreiben erhalten in dem sie aufgefordert wurden, während des Gipfels ihre Häuser zu verlassen. Zum Absender machte er aber keine Angaben.

Polizei in Heiligendamm jetzt stationär
Seit einigen Monaten fährt die Polizei täglich Streife, seit Anfang 2006 hat sie ein eigenes Büro in Heiligendamm bezogen. Immer wieder gibt es Führungen mit Sicherheitskräften und anderen zwielichtigen Personen über das Gelände.
In Rostock ist Polizeidirektor Knut Abramowski mit der Führung aller Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Planung, Vorbereitung, Durchführung sowie Nachbereitung des polizeilichen Einsatzes anlässlich des G8 in Heiligendamm betraut worden.
Neben Heiligendamm befindet sich die größte Trabrennbahn Europas. Dort wird das Hauptquartier der Polizeieinheiten während des Gipfels sein. 15.000 Polizeikräfte sollen direkt vor Ort eingesetzt werden. Insgesamt ist von 35.000 die Rede.

Abriß in Heiligendamm
Im Ortskern wird derzeit ein großes Gebäude abgerissen. Auf diesem Gelände wird ein Parkhaus für Fundus gebaut. 3 von den 7 Villen der "Perlenkette" (sie liegen direkt am Strand, von Fundus aufgekauft und dem Verfall preisgegeben) werden ebenfalls abgerissen. Eine Genehmigung liegt vor.
Die Zufahrt nach Heiligendamm ist gesperrt; die Straße (eigentlich in gutem Zustand) wird saniert. Fundus baut eine Umgehungsstraße. Wann die lange angekündigten Sanierungen der Villen auf Fundus-Gelände beginnen soll ist unklar. Es ist unwahrscheinlich daß sie bis zum G8 fertiggestellt sind.

Schwanencafé mit düsterer Zukunft
In einem der von Fundus aufgekauften Gebäude befindet sich das "Schwanencafé". Dort gibt es Eis und leckeren Kuchen; es ist der einzige Ort, der in Heiligendamm zum Verweilen einlädt. Die Pacht läuft bis 2010, doch will Fundus das Café so bald wie möglich schließen. Das Café liegt an einem der strittigen Wege, die Fundus für die Öffentlichkeit schließen will. Der Pächter und Fundus sind im Rechtsstreit.

Jagdfelds Leckerbissen
Der Eigentümer der Fundus-Betreibergesellschaft heißt Anno August Jagdfeld, er stand schon mehrfach wegen Kapitalanlagebetrugs vor Gericht. Viele Fonds der Gesellschaft laufen desaströs, Jagdfeld findet keine Anleger.
Fundus kauft mehr und mehr Gelände in Heiligendamm auf. Das Hotel ist an Kempinski verpachtet. Kempinski klagt, daß die Wellness-TouristInnen stets von "Gaffern" belästigt würden und der Umsatz folglich rückläufig sei.
Im Kempinski arbeiten etliche "MinijobberInnen", der Durchschnittsverdienst ist niedrig.
Jagdfeld hat sich eine private Villa innerhalb des Komplex zugelegt. Das "Alexandrinen-Cottage" kaufte er sich ganz privat. Weil der Ostsee-Fernradwanderweg aber just über sein neues Grundstück führte, verlegte er ihn kurzerhand. FahrradtouristInnen müssen nun das Fundus-Gelände in großem Bogen umfahren.
Gegen die Privatisierung der jahrhundertelang öffentlichen Wege protestiert die Bürgerinitiative "Pro Heiligendamm". Sie ist im Doberaner Stadtparlament über den "Bürgerbund" vertreten. Ein Erfolg der PrivatisierungsgegnerInnen ist dass die Wege zunächst geöffnet bleiben müssen.
Fundus hat die Halbinsel Rerik gekauft. Auch dort soll ein öffentlich nicht zugängliches Wellness-Zentrum entstehen.

Fundus läßt die Küste abstürzen
Der Masterplan von Fundus sieht umfangreiche Baumaßnahmen vor. So will das Unternehmen im Osten eine Thalasso- und eine Ayurveda-Klinik errichten. Dazu sollen im Westen der Hotelanlage mehrere Villen gebaut werden. Dafür muß der Grundwasserspiegel abgesenkt werden. Dies wird den ufernahen Bäumen die Wasserversorgung nehmen. Vermutlich werden sie absterben und die Steilküste nicht mehr fixieren können. Teile könnten ins Meer abrutschen. Auch dagegen regt sich Protest.

[gipfelsoli.org]