Wirtschaftskrise, Klimakrise, Gesellschaftskrise
Wir müssen den Kurs ändern!
Vom 30. November bis 2. Dezember findet ein Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf statt, eine Woche vor dem Klimagipfel in Kopenhagen. In beiden Bereichen ist das Scheitern der in der Vergangenheit verfolgten Politik verheerend. Dennoch stellen unsere Regierungen nichts in Frage.
Versagen der WTO und des “freien” Warenverkehrs
Dreißig Jahre neoliberaler Politik und Globalisierung sowie 15 Jahre WTO haben lediglich die Krise im Süden sowie Ungleichgewicht, Arbeitslosigkeit und Ungewissheit im Norden verstärkt. Um uns letztendlich in die schlimmste Finanzkrise seit 1929 zu stürzen. Die WTO verspricht, uns wieder aus der Krise zu holen… indem sie auf der gleichen Schiene eine “Liberalisierung” des Warenverkehrs verfolgt, von der nur das transnationale Kapital profitieren wird, ein wilder Konkurrenzkampf, der den Druck auf Arbeitsplätze, auf Arbeitsbedingungen, auf Sozialversicherungen und öffentliche Dienste weiter verschärfen wird.
Handel gegen das Klima
Die gleiche Politik hat auch verhängnisvollste Folgen für das Klima gehabt. Sie hat den Bankrott von Millionen Bauern verursacht, zu Gunsten der industrialisierten Landwirtschaft, obwohl diese – stark abhängig von fossilen Brennstoffen – eine Hauptursache des Treibhauseffekts ist. Diese Politik hat auch zur verheerenden Abholzung wesentlicher Flächen tropischer Regenwälder geführt, die die grüne Lunge unseres Planeten und Lebensraum für Ureinwohner sind. Sie hat ein globales Produktionsnetz geschaffen mit einem Transportwesen, das enorme Energiemengen verbraucht, mit dem einzigen Ziel, die Ausbeutung der Arbeitskraft zu maximieren. Leider stehen in Kopenhagen die gleichen Akteure, die gleichen Interessen und die gleichen fehlerhaften “Marktlösungen” auf der Tagesordnung, obwohl ihr Fehlschlag offenkundig ist. Zwölf Jahre nach Kyoto sind die Emissionen der Industrienationen so hoch wie nie zuvor.
Lockt die Titanic?
Weder die Wirtschafts- und Sozialkrise noch die Umweltkrise können mit der gleichen Logik gelöst werden, die sie erschaffen hat. Dieses Wirtschaftssystem hat Armut, Ungleichheit und Kriege verursacht und hat uns in die schlimmste Krise seit dem zweiten Weltkrieg gestürzt. Heute sind wir mit der zwingenden – und immer dringlicher werdenden – Notwendigkeit konfrontiert, von einem absurden endlosen Wachstum auf einem endlichen Planeten Abstand zu nehmen. Aber unsere Regierungen, Sklaven ihres Vermögens oder mit Scheuklappen vor den Augen, suchen keinen Ausweg. Für unsere Kinder und Enkel müssen die Interessen der Gesellschaft und der Umwelt vor dem blinden Profit im Vordergrund stehen. Wir können gut leben – und sogar besser leben – wenn wir auf die unhaltbare Verschwendung eines Systems verzichten, in dem die Rendite des Kapitals grenzenloses Wachstum verlangt, anderenfalls werden wir scheitern.
Hunderte von Volksbewegungen aus allen Ländern der Erde werden in Genf und auch in Kopenhagen anwesend sein, um einen radikalen Richtungswechsel zu fordern. Wir laden alle ein, sich mit uns in Genf zu treffen.
Gegen die WTO, weil eine bessere Welt dringend nötig ist!
Demonstration, Samstag, 28 November, Place Neuve, 14:00 Uhr
Weitere Aktionen werden während des Gipfels eingeleitet.
Ihre Politik ist nicht das Eldorado
Die Wirklichkeit des “freien” Warenverkehrs: vor kurzem hat die peruanische Regierung auf tausende von Ureinwohnern das Feuer eröffnet, die in Amazonien zusammengekommen waren, um gegen das neue Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten zu protestieren. Die Bergbaubetriebe in Peru besitzen schon 23 Millionen Hektar, und gefährden damit das Land von 3.200 landwirtschaftlichen Gemeinschaften und Ureinwohnern. 75 % des peruanischen Amazonasgebiets sind bereits an Ölgesellschaften übertragen worden, und zwar ohne eine einzige Mitwirkungsmöglichkeit für die davon betroffenen Ureinwohner. Auch in Kopenhagen wird vorgeschlagen, “gegen die Entwaldung zu kämpfen”, und zwar mit einem Programm (REDD = Reducing Emissions from Deforestation and Degradation), das in Wahrheit droht, die Waldbevölkerung – die von jeher dort lebt, ohne den Wald zu zerstören – ihrer Rechte zu berauben, und zwar zum Vorteil der privaten Investoren. Darüber hinaus werden hunderttausende von Bauern enteignet, um Platz für “grüne Wüsten” für Biotreibstoffe zu schaffen. Das ist der “grüne” Kapitalismus, in der Fassung von Monsanto/Syngenta. Wieder die gleiche Plünderpolitik, nur mit neuer Maske.
Auch im Norden haben unsere Regierungen im Angesicht der Krise keine bessere Lösung gefunden als das schmarotzende Bankensystem auf unsere Kosten wieder flottzumachen: Und die WTO, ein zentrales Rädchen der Katastrophe, schlägt vor… “den Zyklus von Doha weiter zu verfolgen”. Volle Kraft voraus! In Richtung neuer Hungersnöte, Gewalt, unfreiwilliger Migration sowie finanziellem und wirtschaftlichem Chaos. Die dicksten Fische kommen immer gut weg dabei!
“Wachstum” oder “gut leben”?
Gibt es wirklich keine Alternative zu dieser irrsinnigen Wirtschaft, in der allein die finanzielle Wettbewerbsfähigkeit darüber entscheidet, wer besteht? Kann man sich keine Wirtschaft vorstellen, die nur auf die Befriedigung unserer Bedürfnisse zielt? Zum Beispiel bessere Lebensmittel zu verzehren, die in der Nähe angebaut wurden, unter stimmigen Umwelt- und Sozialbedingungen? Und ganz allgemein, weniger zu produzieren, dafür langlebiger, erneuerbar, sparsam, reparabel, lokal, sozial? Auf alle ausbeuterischen, spekulativen oder sogar offen schädlichen (Finanzen, Werbung, Militär) Aktivitäten und Hierarchien zu verzichten?
Wissenschaft und Vernunft sagen uns, dass wir radikal den Kurs ändern müssen, wenn wir überleben wollen. Wir müssen in Richtung gleichberechtigter Gesellschaften gehen und im Gleichgewicht mit der Natur leben. In den Anden nennt sich das “gut leben”. Man hat uns davon erzählt. Hören wir zu!