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2009-12-01

Anti-WTO Demo in Genf

Dieser Bericht soll die Ereignisse rund um die Anti-WTO Demo wiedergeben. Das Bildmaterial und die Informationen sind von verschiedenen Einzelpersonen zusammengetragen worden. Teilweise werden Ereignisse kommentiert, jedoch sind diese Statements die persönliche Meinung des Verfassers und kein Communiqué einer Gruppe xy.

Pic: Geneve

Vor der Demo
Die Medien hatten kein Interesse im Vorfeld irgendwelche Artikel über die geplanten Proteste zu schreiben. Ca. eineinhalb Wochen vor der Demo wurde ein Zweizeiler in den Gratiszeitungen „20 Minuten“ und „Blick am Abend“ publiziert. Dort hiess es lediglich, dass für den Samstag eine Kundgebung gegen die WTO geplant sei und mit möglichen Krawallen gerechnet wird.

Die Planung für die Demo war schwierig, die Route wurde 2-3 geändert und auch was das Mobilisierungspotenzial anbelangt, gingen die Schätzungen (von paar 1000 bis mehrere 10`000) weitauseinander. Zudem änderte die Polizei immer wieder die Anforderungen für die Bewilligung (bspw. mensch werde keinen „Schwarzen Block“ tolerieren, die Organisatoren sollten einen Sicherheitsdienst für Krawalle aufstellen, keine Traktoren etc). Interessanterweise wurde nirgendwo kommuniziert, dass auswärtige Konkordate aus anderen Kantonen hinzugezogen werden, wie sonst üblich. Am Freitag war es auch sehr ruhig, keine Präsenz seitens der Polizei.

28.11.2009 Smash WTO
Am Samstag gab es wie zu erwarten rund um den Bahnhof Kontrollen. Auch wurden mindestens vier Berner Bullen gesichtet, die aber nur rumstanden und dann später am Abend im Restaurant noch etwas essen gingen, während die Genfer Kollegen fleissig den Bahnhof eingasten.

Rund um den Place de Neuve (Demo Startpunkt) wurden Kästenwägen aufgestellt und Personen kontrolliert. Es war schwierig zur Demo zugelangen. Vereinzelt waren zwar Strassen frei von uniformierten Polizisten, dafür standen Zivilbullen bereit (gaanz unauffällig mit Mikro im Ohr). Um 14 Uhr hatten sich bereits mehrere Tausend Menschen auf dem Platz versammelt. Ich schätze die ganze Demo dürfte mindestens 4000-5000 Teilnehmer gehabt haben, was in Anbetracht des Symbolereignisses und der Mobilisation doch eher etwas enttäuschend ist.

Kurz vor 15 Uhr lief die Demo dann los, der antikapitalistische Block (ich unterlasse es hier vom „Schwarzen“ oder „revolutionären“ Block zu sprechen) reihte sich sehr weit vorne ein. Davor liefen nur noch ein paar Grüne. Der Block umfasste ca. 300 Leute, wobei es sicher noch einige mehr gewesen wäre, da viele noch in der Demo selbst verstreut waren. Es wurde damit gerechnet, dass die Polizei (nach den geführten Gesprächen mit ihnen im Vorfeld) den Block sehr wahrscheinlich angreifen bzw kesseln würde. Nach den Ereignissen rund um das WEF im Januar wäre es nicht überraschend gewesen, wenn die Route plötzlich geändert oder im Vorfeld gar die Bewilligung wieder entzogen worden wäre.

In der Nähe des Kongresszentrums hätte es auch sehr wenige Symbolische Ziele gegeben (wer will schon das UNICEF Gebäude oder Hochhäuser angreifen) Des Weiteren liess die Polizei Baustellen vor dem Kongresszentrum ungesichert, während in der Innenstadt gezielt Baustellen gezielt gesichert wurden, ein Indiz dafür, dass die Demo wohl nicht bis zum Kongresszentrum hätte laufen sollen (was sich ja dann später bestätigte).

Bereits an der Quai des Bergues wurde begonnen die Fenster von Bonzenautos, Luxushotels, Banken, Uhrengeschäfte und Starbucks einzuschlagen. Filmteams wurden weggeschickt damit der Effekt der Selbstinszierung nicht zu gross ausfällt (damit meine ich bspw den Effekt wenn ein Vermummter vor einer kaputten Schaufensterscheibe, für die Kameras posiert und das ganze als unpolitisches Spassevent dargestellt wird). Es bleibt aber zu kritisieren, dass teilweise auch wahllos Motorräder oder „normale“ Autos getrashed wurden. Auch die Art beim Starbucks als Leute gleich neben den Fenstern sassen und einige die Scheiben eingetreten haben und somit die Menschen hinter der Scheibe gefährdet haben (ich meine damit, dass eine Scheibe mit einem Hammer eingeschlagen werden kann, beim eintreten allerdings fliegen grosse Scheibenstücke nach innen und können so doch ernsthafte Verletzungen herbeiführen). Die Grünen verabschiedeten sich und der Teil hinter dem Block wurde von der Polizei gestoppt. So zog der Block weiter in die Mont Blanc Strasse und bog anschliessend in die Rue Francois – Bonivard. Weitere Banken wurden mit Farbe verschöner oder entglastt. Es wurde Feuerwerk gezündet und Parolen wie „one solution – revolution“ „a, anti, anticapitalista“ gerufen. Die Stimmung war sehr kämpferisch und es lief alles ziemlich ruhig ab.

An der Kreuzung Rue des Alpes und Rue Ami Levrier standen dann ca 20 Polizisten, welche die Demo zuerst vorbeiziehen liess, allerdings dann doch plötzlich anfingen Gasgranaten einzusetzen. Da kaum Leute Gasmasken dabei hatten, lief mensch zügig in die Rue des Paquis. Die symbolischen Aktionen waren gemacht worden, jetzt ging es darum sich wieder zu formieren. An der Kreuzung zu Rue Jean Antoine Gautier machte die Polizei allerdings zu. Ein WaWe wurde aufgefahren zusätzlich fuhren auch hinter der Demo Kastenwägen auf. Es schien ein Kessel zu werden. Allerdings waren etliche Seitenstrassen offen. Interessanterweise zündete die Polizei orange Rauchgranaten (Markierung für Heli?). Nach einiger Zeit wurde dann Gas eingesetzt, die Demo löste sich auf und mensch verteilte sich im Quartier. Die Verstärkung der Bullen war eingetroffen so konnten sie nun auch mehrere Kessel aufziehen, allerdings gab es kaum Verhaftungen. Es wurde Leute zu Bodengeprügelt, aber sie konnten dann einfach aufstehen und weitergehen, ohne dass sie festgehalten wurden.
Im Nachhinein ist es offensichtlich, dass die Polizei kein Interesse an Massenverhaftungen hatte, ev. weil zu wenig Polizisten aufgeboten wurden. Dies führte aber dazu, dass einige Polizisten teilweise in einen Rausch verfielen und selbst die Kontrolle über sich und der ganzen Situation verloren. Als Beispie: Beim losstürmen verlor einer der Polizisten seine Munition für den Mehrzweckwerfer oder ein anderer Polizist wollte aus 2 Meter Distanz eine Granate (sah nach Flashbang aus) schiessen, weil jemensch eine Parole rief, erst ein zweiter Polizist konnte ihn dann noch hindern.

Der Rest der Demo, welche vom Block abgetrennt wurde lief die Rue des Alpes entlang (rot) und sammelte sich beim Park neu. Mit etwa 1500 Menschen ging es weiter in die Rue de Montbrilannt. Am Ende der Strasse wäre das Tagungszentrum gewesen (grün). Hier sei zu erwähnen, dass die symbolischen Aktionen bereits fast eine Stunde her waren und die Demo zwar einige Vermummte hatte (in Genf existiert meines Wissen kein Vermummungsverbot ?`) aber die Stimmung sehr friedlich war. Die Polizei aber verhinderte mit Gas und WaWe eine Kundgebung vor dem Tagungsgebäude. Als Antwort wurde einer Bank die Scheiben eingeschlagen.

Viele Jugendliche vor Ort liefen nun in der Demo mit. Dabei muss mensch wissen, dass das Quartier eigentlich fast nur aus Hochhäusern besteht, seit einiger Zeit werden nun aber Konferenzgebäude aus dem Boden gestampft, natürlich auf Kosten der Anwohner. Dies weckt natürlich den Unmut der Jugendlichen. Die Polizei verfolgte nun eigentlich nur noch ein Ziel, Gas einsetzten und die Menschen umher scheuchen und grössere Ansammlungen zu verhindern. Stück für Stück wurde die Demo wieder Richtung Park gedrängt. Viele mussten auf Seitenstrassen ausweisen oder sonst irgendwie über Gebüsche, Garagen oder durch Häuser. Dabei solidarisierten sich einige Anwohner, in dem sie die Türen öffneten oder den Leuten über eine Garage halfen (inkl Leiter aufstellen).

So sammelte sich Mensch beim Park und hörte dem Konzert zu. Dabei bauten einige Jugendliche eine Barrikade welche für die Polizei Grund genug war den ganzen Park einzugasen. Das Ganze versprengte sich nun in mehre Gruppen rund um den Bahnhof. Immer wieder wurde Gas eingesetzt, Kastenwagen fuhren hin und her. Die Bahnhofsstrasse wurde sogar mal ganz "frei-gegast" (s.Bild). In einer Seitenstrasse wurde Feuerg gelegt, so dass auch die Feuerwehr kurz vorbeischauen musste. Gegen 18.30 waren die meisten Demoteilnehmer schon wieder auf ihren Zügen, zurück nach Hause - das Gas sollte aber noch ziemlich lange seinen Schleier über Genf legen.

Nach der Demo
Offiziell gab es nun 33 Verhaftungen, davon sollen 14-15 Mitglieder des schwarzen Blocks sein. Vier wurden wegen Plündern festgenommen. Was dem Rest vorgeworfen wird ist unklar. Die Polizei hat angekündigt bis zum 03.12 rund um die Uhr also 24h am Tag Einsatzkräfte bereitzuhalten. Ihre Taktik sofern sie eine hatten war sehr merkwürdig. Sie hätten die Gelegenheit gehabt mehrmals grosse Kessel aufzuziehen und viele Leute zu verhaften. Allerdings beschränkten sie sich aufs pauschale vertreiben der Leute. Mit Gas, WaWe oder Gummischrot. Vor allem die Motorradeinheiten drehten teilweise durch, in dem sie plötzlich wieder aus einer Seitenstrasse kamen und einfach in die Menge gasten oder schroteten. (Ja es wurde Gummischrot eingesetzt, mehre Schüsse wurden gefunden).
Abschliessend meine Meinung, es war eine der grössten Demos in der Schweiz und auch die symbolischen Aktionen in der gezielten Form gab es lange nicht mehr. Natürlich lief die Demo nicht optimal. Aber die Diskussion muss viel weiter gehen als zwischen Black Block und „Pazifisten.“ Wir sind halt eine grosse heterogene Bewegung. Vergessen wir die Action Days nicht, denn auch solche Aktionsformen sind wichtig.
Smash WTO ! – Action Days 30.11 – 02.12

Source: http://linksunten.indymedia.org/en/node/13970