Weg mit ausbeuterischen Grosskonzernen! Weg mit raffgierigen
Managern! Weg mit den Bonzentreffen! Das
klingt alles furchtbar radikal, doch was da allenthalben
gefordert wird, verändert den Zustand der Welt bloss geringfügig
und stützt das Bestehende. So werden bloss
vermeintlich besonders schlimme Auswüchse angeprangert,
statt den Kapitalismus als Ganzes ins Blickfeld zu
nehmen. Auch ohne Grosskonzerne muss man morgens
um halb sieben Uhr aufstehen und täglich seine Arbeitskraft
verkaufen. Wenn die Manager weg sind, dann fliesst
beispielsweise mehr Geld in den Verwaltungsrat und den
Akkumulationsfonds. Und wenn die «Bonzentreffen»
nicht mehr stattfinden, werden die politischen Rahmenbedingungen
der kapitalistischen Wirtschaft anderweitig
geregelt.
Kurz: Der Kapitalismus funktioniert mitsamt
seinen Begleiterscheinungen auch ganz gut, wenn all die
moralischen Forderungen umgesetzt würden.
Diesen Forderungen liegt nebst dem Versuch, mittels populistischer
Parolen an die «Massen» zu gelangen häufig
ein grundsätzliches Missverständnis von der Funktion
des Kapitalismus zugrunde: Der Kapitalismus zeichnet
sich gerade nicht dadurch aus, dass er von einzelnen unmoralischen
Managern oder besonders ausbeuterischen
Unternehmen beherrscht oder gesteuert wird. Vielmehr
sind diese selbst ökonomischen Zwängen unterworfen.
In der kapitalistischen Logik der Konkurrenz ist das einzelne
Unternehmen bei Gefahr des Untergangs gezwungen,
die Profite möglichst hoch zu halten. Das bedeutet,
dass sie Lohnkürzungen, Entlassungen und Verlagerungen
der Produktion umsetzen müssen, wenn ihre Konkurrenten
dies tun. Genau darum können sich die ArbeiterInnen
nur kollektiv und in der globalisierten
Wirtschaft weltweit zur Wehr setzen.
Versucht sich ein Unternehmen diesem Zwang zu entziehen,
wird es früher oder später von der Konkurrenz aufgefressen.
Da das funktionieren der Wirtschaft nicht alleine
durch die Konkurrenz (oder die viel genannte
«unsichtbare Hand des Marktes») gewährleistet werden
kann, benötigt das Kapital politische Regulierungsinstanzen,
welche die Verwertungsbedingungen garantieren.
Was sich am WEF trifft, ist das Personal eben dieser
Instanzen, welches alljährlich wieder versucht, Perspektiven
für das Kapital zu eröffnen und Krisentendenzen
abzufedern. Doch statt nun dieses Personal zu brandmarken
und durch diese Personalisierung die wirklichen Ursachen
aus den Augen zu verlieren, muss die kapitalistische
Gesellschaft als Ganzes umgestürzt werden.
Denn diese kapitalistische Gesellschaftsform bedeutet:
Statt dass alle gemeinsam über die Produktion bestimmen,
werden die ArbeiterInnen von den Produktionsmitteln
getrennt und dadurch gezwungen, immer wieder
aufs Neue ihr einziges Gut zu verkaufen: ihre Arbeitskraft.
Für diesen beständigen Verkauf erhalten sie einen
Lohn, der immer unter dem Wert des von ihnen produzierten
bleiben muss (sonst macht das Unternehmen keinen
Profit). Das Problem, mit welchem wir es zu tun haben,
ist also ein strukturelles, ein Problem des
Kapitalismus als Gesellschaftsform. Und eben diese gilt
es dort anzugreifen, wo sie täglich produziert und reproduziert
wird: in unserem Alltag am Arbeitsplatz, in der
Schule, an der Uni. In unserem täglichen und zwangsweisen
Funktionieren sind wir alle mehr oder weniger
rund laufende Rädchen des Ganzen. Dieser Tatsache
kann man sich auch nicht entziehen, indem man einen
Tag im Jahr auf die Strasse geht um seinen Unmut über
Bonzen rauszuschreien und den McDonald´s boykottiert.
Der Kapitalismus kann nur dort effektiv bekämpft werden,
wo er (re)produziert wird. Genau darum muss man
sich im Alltag organisieren und in jene Kämpfe intervenieren,
die sich an den Bruchstellen der Gesellschaft abspielen.
Will man den Kapitalismus abschaffen, ist es falsch die
Welt in gutes und böses Kapital einzuteilen. McDonald´s
ist bei genauerer Betrachtung eben nur die erfolgreichere
Variante des Hamburgerstandes von nebenan, trotzdem
sind beide der gleichen kapitalistischen Logik des Wirtschaftens
unterworfen. Nur wenn wir den Kapitalismus
als das begreifen, was er ist – nämlich ein alles durchdringendes
gesellschaftliches Verhältnis – können wir eine
ernsthafte Perspektive entwickeln, die jenseits von
Ausbeutung und Ungleichheit liegt. In diesem Sinne:
Den kapitalistischen Alltag durchbrechen!
bgkn* Bündnis gegen Kapital und Nation
www.bgkn.tk | http://bgkn.blogsport.de | bgkn@gmx.net
Das Bündnis gegen Kapital und Nation organisiert eine Veranstaltungsreihe, an welcher wir darüber diskutieren, was es konkret bedeutet, sich im Alltag zu organisieren und in bestehende Kämpfe zu intervenieren. Wir wollen dabei, von konkreten Auseinandersetzungen ausgehend, Perspektiven aber auch Gefahren und Probleme von Versuchen antikapitalistischer Praxis anschauen. Die Veranstaltungen werden in verschiedenen Städten stattfinden. Ihr findet auf unserer Homepage [www.bgkn.tk] laufend aktuelle Hinweise zu den Veranstaltungen.
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