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2008-01-20

Zweiter Erlebnisbericht aus Bern

Es hatte viele Leute kreuz und quer in der Stadt verteilt, die Polizei hat viele Personenkontrollen vorgenommen - nicht schwer, waren sie doch mehr oder weniger überall und dafür auch extra aus Basel, Aargau angereist.

Am Waisenhausplatz kam die erste Demo dann auch zustande, der Platz war von sehr vielen Leute bevölkert, es wurden Parolen gerufen und die Stimmung war kämpferisch. Die Polizei fuhr mit vielen Wagen auf und begann zu versuchen, die Demo einzukesseln - was aber nicht gelang, da sich alle durch den Markt zur Hauptgasse liefen.

Bild: WEF 2008

An der Hauptgasse ging es Richtung Loebegge, wo es eigentlich auch keine Polizei hatte, aber die Polizei ist aus dem Bollwerk mit Blaulicht angerauscht und hat die Demonstration versucht wieder in die andere Richtung zu bugsieren. Die Polizei hat auf beiden Seiten versucht die Strasse zu blockieren. So enstand ein lustiges Bild, weil sich die Demo - kaum trennbar von allen BernerInnen die unterwegs waren - sich irgendwie im Konsum verlief.

In der Polizeireihe, die beim Geschäft Vatter die Strasse sperrte waren auch Polizisten anzutreffen, welche Pistolen trugen. Darauf angesprochen, dass dies im unfriedlichen Ordnungsdienst doch gar nicht erlaubt sei, bekam ich nur ein unfreundliches und aggressives "Du mich auch" zu hören. Immerhin hat er mich nicht geprügelt. Da darf mensch schon froh sein heutzutage.

Verschiedentliche Male gelang es wieder eine Demonstration zu starten - zuerst beim Zytglogge. "Wipe out WEF"! Fast panisch über diesen erneuten Kontrollverlust - raste die völlig planlose Polizei, die sich noch immer zwischen Bahnhof und Vatter befand, mit mehreren Gitterwägen in einem Mordstempo Richtung Zytglogge. Zum Glück konnten alle genug früh weg, aber mit welchem Tempo die Polizei hier auffuhr war eigentlich unglaublich.
Ab nun versuchte die Polizei die Demonstration vorallem Richtung Allstadt zu treiben und versuchte immer wieder die Leute zu trennen. Denn überall waren Leute, viele Schaulustige aber auch viele die nicht alles glauben, was über Demonstranten in der BZ und Bund stand oder auf Telebärn ausgestrahlt wird. Ein Polizist rief: "Die die nichts damit zu tun haben, sollen weg", amateurhaft wurde versucht irgendwelche Polizeibänder zu spannen, um "Demonstranten" und "normale Leute" zu trennen. Lustigerweise liess sich eigentlich niemensch darauf ein. Meistens standen die Leute einfach weiter da, wo sie waren und da die Demo bishier immer noch völlig friedlich verlief, konnte auch nicht so einfach irgendwo reingeschossen werden, um eine Reaktion zu provozieren - wodurch das immense Polizeiaufgebot und das Aufheben der Grundrechte natürlich leichter zu legitimieren gewesen wäre. Dazu kommt noch, dass wirklich enorm viele Leute Photos gemacht haben und das Vorgehen der Polizei beobachtet.
Vis-à-vis von Café Lorrenzini gelang es denn irgendwie den Polizisten denn auch verschiedene solche Absperr-Bänder zu montieren und willkürlich verschiedene Leute zu trennen. Aber ob die Demo hinter der einen Absperrung war oder dahinter. Oder ganz woanders, dass schien niemensch so genau zu wissen. Auf alle Fälle war auch die Polizei mehr oder weniger hilflos am Bänder spannen.

Danach gelang es eine Demo unter dem Zytglogge zu starten, die dann schlussendlich bis irgendwo runter Richtung Aare lief - verfolgt vom neuen riesen Wasserwerfer, für den die knappe Kasse dann doch irgendwie gereicht hat. In einer Nebengasse kam es zu Tränengas oder Gummischrot Einsatz - was genau hab ich nicht gesehen. Hier wurde dann auch bekannt, dass Barbara Hayoz im Radio davon spricht, dass ein Tränengaseinsatz stattgefunden hat. Endlich! Die Erleichterung war ihr sicher förmlich anhörbar. Auf alle Fälle wars wohl eher ein einzelner "Schuss" und eine richtige PolitikerIn würde dies sonst sicher auch noch nicht als Tränengaseinsatz bezeichnen. Ob am unteren Ende Leute festgenommen wurde, kann ich nicht sagen - es schien, dass auch dort die Demo sich irgendwie auflöste und wieder Richtung Innenstadt zurückkam.

Generell haben sich die Leute wieder Richtung Käfigturm bewegt und von dort aus Richtung Vatter, wo ein ganz schöner Haufen Leute Parolen schrie. Die Stimmung schien immer noch gut, wenn auch nicht so entspannt, prügelte doch ein Polizist auf Leute ein. Der ursprüngliche Kessel wurde durch die hohe Zahl an Leuten einfach umgekehrt und die Polizei befand sich plötzlich von einer grossen Menschenmasse umringt, die laut forderte: "Haut ab!". Dies hat sie leider nicht gemacht, es kamen ihr auch der Rest des Arsenals (wieder der grosse Wasserwerfer und viele Polizisten von Richtung Bundeshaus). Die Demonstration hat sich dann hier irgendwie verflüssigt.

Ich denke der Tag ist als Erfolg zu bewerten. Zum einen gelang es doch den meisten nicht bereits aus dem Zug gezehrt zu werden, niemensch lief in den vorinstallierten Kessel, es kam eine Demonstration zustande - durch die Hauptgasse und die liess sich nicht so einfach verhaften und überall sammelten sich wieder Leute zu einer Demo, worauf die Polizei am anderen Ende mit all ihren unbeweglichen Gitterwägen und zwei Wasserwerfern zuerst wieder hin mussten. "Wir" behielten die Kontrolle über das Geschehen, denn eine direkte Konfrontation wurde vermieden - die gesuchten Bilder der Strassenschlacht (die die Massenmedien jetzt so mühsam versuchen zusammenzuflicken) wurden nicht geliefert, es blieb aber nicht nur bei harmlosem Strassentheater, denn schlussendlich war der ganze Verkehr zusammengebrochen und ein riesen Polizeiaufgebot lief ins Leere.

Die Darstellung in den Medien spricht eine deutliche Sprache: 200-300 Personen sollen es gewesen sein und nicht mehr - was sicherlich deutlich untertrieben ist. Und bereits der Aufhänger des Schweizer Fernsehen: "Tränengaseinsatz in Bern" und "zahlreichen Scharmützel" ist einfach Sensationsmache und versucht die immensen Kosten des Polizeieinsatzes und das Aufheben der Grundrechte rechtzufertigen. Das einzige was wohl am Bericht des Schweizer Fernsehens stimmt ist die Zahl der Festgenommen (100) und die "geringen Sachschäden". Was aber beides der Teilnehmerzahl und den angelichen Scharmützeln widerspricht. Auch wird das Aufgebot natürlich jetzt so "legitimiert", dass ja grösserer Sachschaden verhindert worden ist. Was nicht passt wird passend gemacht. Mal so, mal so. Also besser nicht auf Medien vertrauen und selber Berichte schreiben!

Unter sontiges liefen: Es hatte ein paar Nazis die unterwegs waren, ein Polizist hat sich mit seinem (diesmal triffts der Name) "Mehrzweckstock" in einem Tramgleis verfangen und ist umgefallen (Nein Fr. Hayoz und Hr. Hügli, es hat ihn niemand umgeworfen!).
Heute kam es zu keinen angeblichen "Säureattacken" der DemonstrantInnen - wohl weil sich die Polizei nicht wieder selber arg eingegast hat. Zu denken geben sollte auch die stärkere Vermischung von Polizei und Militär, letzteres sponserte ein Haufen "Enduros" - Militärfahrzeuge die für den inneren Einsatz gedacht sind. Und Hügli selber ist auch noch aufgetaucht. Trotz "zahlreicher Scharmützel" hat sich der werte Lügner auch auf die Strasse gewagt. So schlimm kanns also nicht gewesen sein - oder hat ihn Barbara Hayoz nur nicht gewarnt?

[http://ch.indymedia.org/de/2008/01/56447.shtml]

Source: http://ch.indymedia.org/de