Bezugsgruppen
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Hier eine Übersetzung eines Textes über Bezugsgruppen der gewaltfreien Direkte-Aktion Bewegung in den USA.
Bezugsgruppen und Unterstützung
von Nancy Alach (US gewaltfreie Aktion)
Bezugsgruppen sind autonome Unterstützungssysteme mit 5 bis 15 Leuten. Mehrere Bezugsgruppen können bei einer grösseren Aktion zusammenarbeiten, oder eine Bezugsgruppe plant eine Aktion und führt sie allein durch. Manchmal bleiben Bezugsgruppen über einen längeren Zeitraum zusammen, z.B. als politische Gruppe und nehmen nur gelegentlich an Aktionen teil.
Wenn ihr plant, zivilen Ungehorsam zu leisten, ist es eine gute Idee, eine Bezugsgruppe zu gründen oder einer schon existierenden beizutreten. Bezugsgruppen dienen der Unterstützung und Solidarität ihrer Mitglieder. Das Gefühl isoliert oder von der Bewegung, der Szene oder der Welt allgemein entfremdet zu sein, kann aufgefangen werden durch die Vertrautheit und das Vertrauen, das entsteht, wenn eine Bezugsgruppe gemeinsam arbeitet und agiert. Aufgrund dieser Vertrautheit ist in Zusammenhängen mit Bezugsgruppen die Gefahr der Unterwanderung durch aussenstehende Provokateure geringer. Dennoch sollten die Teilnehmenden an einer Aktion darauf vorbereitet sein, von ihrer Bezugsgruppe getrennt zu werden.
Bezugsgruppen sind die grundlegenden Entscheidungs-Orte bei Massenaktionen. So lange sie sich an die Übereinkunft der Gewaltfreiheit halten, werden Bezugsgruppen ermutigt, jede Form der Teilnahme zu entwickeln, die sie sich aussuchen. Jede Bezugsgruppe muss für sich selbst entscheiden, wie sie Entscheidungen trifft und was sie tun will. Dieser Prozess beginnt, wenn sich eine Bezugsgruppe bildet. Wenn eine neue Person der Bezugsgruppe beitreten möchte, sollte er/sie herausfinden, woran die Gruppe glaubt und was sie vorhaben und dann entscheiden, ob sie/er dies teilen kann. Einige Gruppen verlangen von allen Mitgliedern eine feministische Grundhaltung, andere eine Grundhaltung der Gewaltfreiheit. Andere, die sich zusammengetan haben, um eine bestimmte Aktion durchzuführen haben vielleicht weniger dramatische Vereinbarungen.
Eine Gruppe kann in Entscheidungen keinen Konsens finden, ohne eine grundsätzliche Basis. Wenn sich auf diese Basis geeinigt wurde, ist es nicht so schwierig, die Einzelheiten für spezifische Themen und Aktionen auszuarbeiten, vorausgesetzt dass es eine Bereitschaft gibt, eine gute Idee weiter zu verfolgen, auch wenn sie von einem/einer anderen stammt. Wenn du das Gefühl hast, dass du in deiner Gruppe nicht effektiv arbeiten kannst, könnte es besser sein, eine neue zu finden.
Bezugsgruppen für Massenaktionen werden oft während Trainings in Gewaltfreiheit gebildet. Es ist eine gute Idee, dich vor einer Aktion ein paar Mal mit deiner Bezugsgruppe zu treffen, um sie besser kennen zu lernen wenn ihr nicht schon befreundet seid, und Themen wie Aussageverweigerung und Beziehung zum Justizapparat, die Rolle die eure Gruppe (in einer grösseren Aktion) spielen wird, etc. zu diskutieren. Nach einer Aktion ist es auch hilfreich dich noch mal mit deiner Gruppe zu treffen um eure Erfahrungen zu teilen und auszuwerten.
Unterstützer/in
Die Rolle der/des Unterstützer/in in einer Aktion des zivilen Ungehorsams ist wesentlich. UnterstützerInnen übernehmen die Verantwortung, nach aussen ein sichtbare, engagierte Kontaktperson zu sein, wenn eine/r aus der Bezugsgruppe verhaftet wird. Sie sind eine persönliche Erweiterung der Unterstützung und Fürsorge, die eine Bezugsgruppe ihren Mitgliedern bietet, eine Erweiterung der Notwendigkeit die alle Teilnehmenden eine Gewaltfreien direkten Aktion einschliesst, durch ihre politische Überzeugung nicht isoliert, vernachlässigt oder übermässig belastet zu werden.
Es kann für dich schwierig sein zu entscheiden, ob du zivilen Ungehorsam oder Unterstützung leisten willst. Diejenigen, die Unterstützung leisten wollen sollten auf jeden Fall auch ein Gewaltfreiheits-Training machen. Wenn du dich entscheidest, sollest du berücksichtigen, wie jeder der Rollen deine Familie, deine Arbeitsstelle, andere Verpflichtungen und auch deinen rechtlichen Status (z.B. auf Bewährung sein; kein/e US-Bürger/in sein, etc.) beeinflussen werden. Während und nach einer Massenaktion solltest du mit UnterstützerInnen anderer Bezugsgruppen in Kontakt bleiben, um Informationen auszutauschen und emotionale Unterstützung zu erhalten.
Vor einer Aktion:
Hilf der Bezugsgruppe sich für eine Aktion zu entscheiden, biete praktische und moralische Unterstützung und teile die Begeisterung und die Entschlossenheit.
- Kenne die Namen und Beschreibungen der Leute deiner Bezugsgruppe.
- Erkundige dich, wo Gefangene wahrscheinlich hingebracht werden.
Macht eine vertrauliche Liste mit den folgenden Informationen:
- Name der/des Verhafteten
- Ob und wann der/diejenige auf Kaution raus möchte.
- Wen die/der Verhaftete informiert haben möchte und unter welchen Umständen.
- Spezielle medizinische Informationen oder Infos über andere spezielle Bedürfnisse.
- Ob und wie der/diejenige kooperieren will.
- Ob die Person minderjährig ist.
- Ob die Person eine/n Anwält/in möchte.
Für eine Massenaktion:
- Kenne die Unterstützungs-KoordinatorInnen.
- Kenne die Telefonnummer des Aktionsbüros.
- Füllt als Bezugsgruppe eine Check-in Liste aus.
- Versichere dich, dass dein Name, Telefonnummer und wie lange du für Unterstützung zur Verfügung stehst auf die Liste deiner Bezugsgruppe geschrieben werden.
Während der Aktion:
- Halte dich aus der direkten Aktion heraus.
- Gib einer anderen Unterstützenden Person Infos über dich selbst für den Notfall.
- Denk an Papier und Stifte und viel Essen für dich selbst und für die Leute auf der Aktion.
- Verwahre Perso, Geld, Schlüssel und andere Gegenstände für die Leute auf der Aktion.
- Bleib so lange wie möglich in Kontakt mit den Leuten auf der Aktion, beobachte, ob es Veränderungen in Verhaftungsstrategien etc. gibt.
- Wenn die Verhaftungen beginnen, schreibe die Namen jeder/s Einzelnen auf, den Zeitpunkt und die Art der Verhaftung, die Aktivität der/des Verhafteten, die Behandlung des/der verhaftenden Beamten (möglichst mit Dienstnummer).
- Mindestens eine unterstützende Person eurer Bezugsgruppe sollte am Platz der Aktion bleiben, bis alle Mitglieder eurer Gruppe verhaftet sind, und mindestens eine Person sollte dorthin gehen, wohin die Verhafteten gebracht werden, sobald das erste Mitglied eurer Gruppe verhaftet ist.
Vor der/dem Haftrichter/in: (wenn die Verhafteten dorthin gebracht werden)
Sei anwesend während der Vorführung vor dem Haftrichter, und versuche die folgenden Infos für jedes Mitglied deiner Gruppe zu erhalten. Während einer Massenaktion, gib diese Infos an das Aktionsbüro weiter.
- Name der/des Richer/in.
- Name der/des Verhafteten.
- Anklage
- Antwort der/des Angeklagten (nicht schuldig, kreative Antwort, schuldig, etc.).
- Wenn schuldig gesprochen, Art und Dauer der Strafe.
- Wenn nicht schuldig:
- Kautionssumme, wenn möglich.
- Ob die Person eine Kaution bezahlt oder nicht.
- Datum, Zeit und Ort des Prozesses.
- Wenn ein/e Anwält/in vor Ort ist, frag nach ihrem/seinem Namen.
- Jede andere Information, die relevant erscheint.
Nach der Aktion:
- Ruft die Menschen an, die informiert werden sollten, wenn die Leute verhaftet werden.
- Geht zu den Prozessterminen; bietet Mitfahrmöglichkeiten.
- Helft Informationen zusammen zu tragen für diejenigen, die sich selbst vor Gericht vertreten.
- n einer Massenaktion: informiert das Büro wenn ihr die Stadt verlasst und gebt ihnen alle relevanten Infos über die Leute, die ihr unterstützt.
- Wenn Leute im Knast sitzen ist es wichtig, dass jemand in der Nähe eines Telefons bleibt, damit ein Anruf aus dem Knast entgegengenommen werden kann. Evtl. werdet ihr auch die Kontaktpersonen für die Mitglieder der Bezugsgruppe, die nicht im gleichen Knast sitzen.
- Sagt im Büro Bescheid (bei einer Massenaktion) wie viele Leute im Knast sitzen und wo sie festgehalten werden.
- Bringt Medikamente in den Knast für diejenigen, die welche benötigen und kümmere dich darum, ob die Leute sie erhalten oder nicht.
- Besucht eure Leute im Knast, und überbringt Nachrichten.
- Kümmert Euch um Haustiere, Pflanzen, Autos etc. der Verhafteten.
- Schreibt Briefe an die Leute im Knast; organisiert eine Mahnwache vor dem Knast.
- Holt die Leute vom Knast ab, wenn sie freigelassen werden.
- Unterstützt andere UnterstützerInnen – Zusammenarbeit wird die Belastung verringern.