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also ich glaube Du machst es Dir da ein bißchen sehr einfach. Das
Problem fängt ja schon dort an, was mensch denn eigtl. als Gewalt
definiert. Dir dürfte ja bekannt sein, dass es um die Frage von
Blockaden gesellschaftliche und juristische Auseinandersetzungen gab, ob
dies als Gewalt zu werten ist. Aber darauf will ich nicht hinaus, es
zeigt allerdings, dass wenn alle Dinge nur vom Standpunkt der Gewalt
betrachtet werden, mensch leicht der Versuchung erliegt, von anderen
Faktoren zu abstrahieren.
Ich würde Dir in Deiner grundsätzlichen Ablehnung von Gewalt recht
geben. Dennoch muss mensch sich glaube ich immer von Situation zu
Situation überlegen welche Folgen die Anwendung von “Gewalt” haben
könnte und wie diese (moralisch) zu bewerten sind. Wenn wir jetzt
konkret mal von einer Demosituation ausgehen, so sind im schlimmsten
Fall Tote (ich gehe mal davon aus, dass wir dies alle ablehnen) und
Verletzungen die Folge. Aber selbst wenn die Polizisten dank ihrer
Panzerung nicht verletzt werden, so hat dies ja auch psychische Folgen,
die Polizisten fühlen sich bedroht und sehen die DemonstrantInnen als
Feinde, dies dürfte auch nicht im unseren Interesse liegen, ähnliches
dürfte für das Einwerfen von Schaufenstern gelten.
Problematisch ist
hierbei auch die Eskalation, die dadurch erreicht wird und fast immer zu
Gegengewalt führt (die Polizei ist bei sowas sehr berechenbar…).
Genauso berechenbar ist allerdings auch die Reaktion der Medien und die
reagieren auf Gewalt “positiv”, indem sie dann erst richtig animiert
werden zu dem Thema was zu schreiben. Das war nach Genua so, wo eine
Debatte über Globalisierung nach diesem Ereignis in den Medien losging,
und die Erwähnung von attac als friedlichen Teil der “Bewegung” hat (in
Deutschland) attac erst so groß gemacht. Insofern war attac ja auch ein
Nutzniesser des Ganzen. Beim Eu-Gipfel in Nizza war es sogar so, dass
die Demo von 100.000 Leuten überhaupt keine Erwähnung fand, während die
Demo von einigen tausend, die mit Tränengas eingedeckt wurde und wo9
Scheiben kaputtgingen, auf der ersten Seite der SÜddeutschen landete.
Ähnlich war es vor der Sicherheitskonferenz, wo allein schon die
Erwartung von Gewalt zu einem unglaublichen Medienecho verhalf. Es blieb
glücklicherweise auch friedlich, aber damals und in den vergangenen
Jahren nutzte die Polizei die Friedlichkeit aus, um dafür ihre
repressive Polizeistrategie verantwortlich zu machen. Der Gewaltausbruch
nach der ASEM-Demo hat dagegen die repressive Polizeistrategie von
Herrn Nagel (die mich schon ein paar Tage vorher bei der Bildungsdemo zu
Tode genervt hat, da die Demo doppelt so lange dauerte wie vorgesehen)
eher alt aussehen lassen. Leider führt ja Friedlichkeit nicht dazu, dass
sich die Polizei deswegen besser verhielte. Im Gegenteil wird es ja
gerne als “Schwäche” ausgelegt, weswegen sich die Polizei in München
dann mehr erlauben kann. Das heißt natürlich nicht, dass mensch sich
dieser Medienpräsenz beugen muss.
Und was “Demokratie” betrifft: Ich glaube nicht, dass mensch in einer
Mobilisierung von vielen verschiedenen Gruppen “demokratisch” abstimmen
kann. Vielmehr sind Absprachen nötig. Was einen verbindet, sind ähnliche
Zielsetzungen. Hierbei gibt es dann unterschiedliche Auffassungen über
Aktionsformen, die auch respektiert werden sollten, finde ich. Ich war
über die Eskalation in Rostock sehr erschrocken (mal abgesehen davon,
dass ich Angst hatte, einen Stein auf den Kopf zu bekommen). Ich kann
aber auch verstehen, wenn mensch Wut hat und sie mal rauslassen will
(das kann einem vielleicht auch wieder Kraft geben kann für andere
Aktionen), die Wirkung ist ja dank der Panzerung der Polizei meist eher
gering. Leider ist das Mackerverhalten vieler dieser Leute allerdings
unerträglich und reproduziert auch nur wieder Herrschaftsverhältnisse.
Aber ich kann das deswegen nicht so pauschal verurteilen. Hinzu kommt,
dass es “die Autonomen” auch nicht gibt und mensch sie deswegen nicht
pauschal von Demos aussperren kann (mensch kann allerdings Vorkehrungen
treffen um Eskalation zu vermeiden und da bin ich auch gar nicht gegen).
Zuguterletzt ist es nun ja auch nicht so, dass attac die Massen
mobilisieren würde und autonome Gruppen nur einige Millitante. Mir ist
aber ein breiter und unterschiedlicher Protest wichtig, da eine neue
Gesellschaft nur mit vielen unterschiedlichen Ideen erreicht werden kann
und es “den Weg” eben nicht gibt. Und insofern finde ich es schon
problematisch, mit solch pauschalen Distanzierungen um sich zu werfen
wie Du es getan hast. Ich bin auch darüber enttäuscht wie Du und leider
auch Leute wie Pedram sich dann gegen das Blockadekonzept gewandt haben
(obwohl es friedlich und am erfolgversprechendsten war). Mensch muss
auch gewisse Risiken eingehen und muss sich nicht vor jeder Sau, die
durch die Medien gejagt wird, fürchten. Ich werde aber wohl meinen
Austritt aus attac wegen dieser Vorfälle erklären, weil ich es einfach
dumm und verzerrend fand wie hier argumentiert wird.
Viele Grüße
Berti