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2008-03-18

G8-Repression: Heute weiteres Strafverfahren eingestellt – Geht der Taucherbrillenprozess weiter?

Pressemitteilung vom 18.3.08

Heute wurde vor dem Amtsgericht Bad Doberan ein weiteres Strafverfahren
gegen einen 22 jährigen G8 Gegner aus Niedersachsen eingestellt. Die
Staatsanwaltschaft warf ihm vor, während der Proteste gegen den G8 Gipfel
am 7. Juni bei Hinterbollhagen gemeinsam mit anderen auf einer Straße
gesessen zu haben, um den Zugang zum Gipfelgelände zu blockieren. Er wurde
damals zusammen mit anderen verhaftet und knapp 2 Tage lang zunächst in den
G8 Käfigen und dann im Gefängnis Bützow weggesperrt. Daß die
G8-Polizeitruppe Kavala auch in diesem Verfahren nichts unversucht ließ,
aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, wie der Angeklagte erklärte,
wurde schon im Vorfeld der Verhandlung deutlich. Wurde der Angeklagte im
Ermittlungsverfahren zunächst eines schweren Eingriffs in den
Straßenverkehr beschuldigt, mußte die Staatsanwaltschaft bei Abfertigung
des Strafbefehls erkennen, daß dieser Vorwurf aufgrund des überhaupt nicht
vorhandenen Verkehrs (die Polizei hatte schon alles abgesperrt) nicht mehr
zu halten war. Anstatt das Verfahren aber nun einzustellen, sollte sich der
Angeklagte heute wegen Nötigung verantworten.

www.rostock-digital.de

Die Staatsanwaltschaft
beantragte eine Strafe von 15 Tagessätzen zu je 10 Euro.
Richter Röhl stellte jedoch auch dieses Verfahren ein gegen Zahlung von 50
Euro an eine Behinderteneinrichtung: Es sei, so der Richter, nicht
auszuschließen, daß der Beschuldigte sein Recht auf Teilnahme an einer
Versammlung ausüben wollte, anstatt Krawall zu suchen. Zudem sei er durch
die erniedrigende Behandlung im Gefängnis in Bützow schon gestraft genug.

Eine interessante Entwicklung gibt es jetzt in dem sogenannten
Taucherbrillenprozess gegen einen Heidelberger. Vor vier Wochen sollte sich
ein Demonstrant wegen Verstoßes gegen das Schutzwaffenverbot auf der
Anreise zu einer Demonstration verantworten. Während der Durchsuchung eines
Busses wurde bei dem Heidelberger eine Schwimmbrille gefunden. Die Polizei
wertete dies als Waffe, um sich gegen Tränengas zu schützen und sperrte
den Mann daraufhin für 2 Tage ins Gefängnis. Der Prozess vor vier Wochen
platzte, weil die Staatsanwaltschaft wohl aufgrund öffentlich geäußerten
Unverständnisses den Strafantrag zurückzog. Nun jedoch kartete die
Staatsanwaltschaft nach und teilte der Anwältin des Heidelbergers mit, daß
sie den Strafbefehl gar nicht zurückgezogen hätte sondern das Verfahren
aufgrund geringer Schuld eingestellt habe. Dies ist tatsächlich ganz etwas
anders als sie damals verlauten ließ und eine Einstellung hat im Gegensatz
zur Rücknahme eines Strafbefehls die Konsequenz, daß der Beschuldigte auf
den Anwaltskosten sitzen bleibt. Zudem will der Beschuldigte den Vorwurf
nicht auf sich sitzen lassen, eine – wenn auch nur geringe Schuld auf sich
geladen zu haben. Es müsse erlaubt sein, im Bus Schwimmbrillen mit sich zu
führen und diese sogar auf Demonstrationen zu nutzen, um sich gegen
Tränengas zu schützen, was die Polizei gegen andere Personen einsetze. Die
Verteidigung hat aufgrund dieses unlauteren Vorgehens der Staatsanwaltschaft
jetzt eine Kostenentscheidung beim Amtsgericht Rostock beantragt, mit dem
Ziel, der Staatsanwaltschaft die kompletten Kosten aufzuerlegen, denn, wer
so ein Verfahren beginnt, muß auch, wenn er es wieder beendet mit den
daraus resultuierenden Kosten belastet werden.

Source: Prozessbeobachtungsgruppe Rostock