Platzverweis für G8-Gegner rechtswidrig
Schwerin (LiZ). Das Verwaltungsgericht Schwerin hat einem Bonner G8-Gegner recht gegeben, der gegen einen während des Gipfels in Heiligdamm von der Polizei ausge- sprochenen Platzverweis geklagt hatte. Der Bonner war damals in Bad Doberan in eine Polizeikontrolle geraten und erhielt den Platzverweis für die gesamte Gegend von Kühlungsborn über Bad Doberan bis Nienhagen. Die Klage richtete sich im wesentlichen gegen die Willkür, mit der der Platzverweis begründet wurde. Ob durch dieses Urteil die anderen knapp 1.000 von Platzverweisen Betroffenen ermutigt werden, ebenfalls zu klagen, und damit eine Kostenwelle auf die Polizei zurollt, müsse man abwarten, so die Prozessbeobachtungsgruppe Rostock.
Die Polizei darf nach dem Gesetz nur dann einem Demonstranten einen Platzverweis erteilen, wenn ihm eine konkret in der Person liegende Gefahrenprognose zugrunde gelegt wurde. Die Polizei hatte während des G8-Gipfels jedoch einen in das Platzverweisformular hineinkopierten Textbaustein als Grundlage genommen, in dem auf eine allgemeine Gefährdung während des Weltpolitiker-Treffens Bezug genommen wurde. Zudem war der Platzverweis nicht wie vorgeschgrieben auf maximal eine Gemeinde begrenzt, sondern sollte gleich für fünf Gemeinden gelten.
In der Erwiderung auf die Klage erkannte die Polizeibehörde Kavala, wie schon zuvor bei mehreren Klagen gegen Platzverweise, die Rechtswidrigkeit des Platzverweises sofort an. Damit wollte die Kavala, der die Haltlosigkeit der Platzverweise bewusst war, einem teureren regulären Richterurteil zuvorkommen. Zugleich beantragte die Kavala, die Kosten des Verfahrens dem Bonner Kläger aufzuerlegen. Genau dieses Begehren der Kavala wies das Verwaltungsgericht jedoch komplett zurück.
Trotz des Sieges vor Gericht bleibt nach Auffassung der Klägerseite ein "schaler Beigeschmack". Die Polizeitruppe Kavala hat es mit Hilfe von vielen hundert Platzverweisen geschafft, Datensätze von G8- GegnerInnen zu speichern. "Es ist zu befürchten, dass trotz festgestellter Rechtswidrigkeit der Maßnahme diese weiter in den polizeilichen Gefährder-Dateien gespeichert bleiben und für künftige Gefahrenprognosen herangezogen werden", so der Anwalt des Bonner Klägers Sebastian Nickel.
"Dass die Polizeiführung sofort nach Klageeinreichung ein Annerkentnis des Klägerbegehrens ausspricht - und zwar gleich dutzendfach, zeugt davon, dass sie von der Illegalität der Polizeimaßnahme schon zum Zeitpunkt des Einsatzes überzeugt war", so Dieter Rahmann von der Prozessbeobachtungs- gruppe Rostock. Es sei skandalös, dass die für den Einsatz von bewusst illegalen Maßnahmen verantwortlichen Polizeiführer noch immer nicht von der Staatsanwaltschaft angeklagt wurden.
Source: http://linkszeitung.de