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2009-09-26

Peter Nowak über eine Protest-Fahrt und ihre Folgen

Cornelia Mannewitz rechnet jeden Tag mit ihrer Verhaftung. Der Frau vom Rostocker Friedensbündnis drohen bis zu sechs Monate Beugehaft. Ihr „Vergehen“: Sie hatte den Reisebus angemietet, mit dem Antimilitaristen aus der Hansestadt und Umgebung im April zu den Protesten gegen den Nato-Gipfel nach Straßburg fuhren. Bei den Ausschreitungen in Frankreich waren zwei Mitfahrer festgenommen worden und sitzen seither in Untersuchungshaft.

Schon im Juli wurde Mannewitz vom Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern fünf Stunden lang vernommen – als Zeugin. Bei der Befragung ging es um die Arbeitsweise und Struktur des Rostocker Friedensbündnisses, den Verlauf der Busfahrt zu den Protesten nach Straßburg – und um die Namen der Mitreisenden.

Weil Mannewitz dazu keine Angaben machte, wurde sie im darauf folgenden Monat von der Rostocker Staatsanwaltschaft zur Vernehmung vorgeladen. Dabei wurde die Herausgabe einer Liste sämtlicher Teilnehmer der Busfahrt verlangt.

Bild: Rostock

Die wollte die Friedensaktivisten allerdings nicht preisgeben. Unter Verweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht blieb Mannewitz den Ermittlern die Auskunft schuldig – weshalb gegen die Frau ein Ordnungsgeld von 500 Euro verhängt wurde. Außerdem muss sie sämtliche Kosten des Verfahrens tragen. Im Anschluss an die Vernehmung wurde ihre Wohnung von der Polizei durchsucht und ein Computer beschlagnahmt, den sie erst nach einigen Wochen wieder zurückerhielt. Doch damit war die Geschichte noch längst nicht zu den Akten gelegt.

Bunte Beteiligung im Bus

Die Behörden verlangen von Mannewitz immer noch die Namen der Businsassen. „Eine solche Liste gibt es nicht“, sagt ein Mitglied des Rostocker Friedensbündnisses. Im April sei „eine bunt gemischte Beteiligung“ in dem vollbesetzten Bus nach Straßburg aufgebrochen. Die Fahrt sei außerdem öffentlich gewesen. Monty Schädel, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft DFG/VK, deren Mitglied auch Mannewitz ist, sieht die Versammlungsfreiheit bedroht: Wenn die Polizei ohne Probleme die Namen und Adressen von Demonstranten erhalten könne, die sich per Bus auf die Anreise zu einer Protestaktion machen, hätte dies eine außerordentlich abschreckende Wirkung. Jeder müsste ständig fürchten, plötzlich im Visier staatlicher Ermittlungen zu stehen.

Vom Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern wollte niemand zu dem Fall Stellung nehmen. Die Behörden wissen natürlich auch, dass in dem Bus Menschen saßen, die sich untereinander nicht kannten, aus verschiedenen politischen Ecken kamen und eben nur das eine gemeinsame Ziel hatten: gegen die Jubelfeiern zum 60-jährigen Jubiläum der Nato zu protestieren. Die Nato sei „ein wachsendes Hindernis für den Frieden in der Welt“, hieß es damals in einem Aufruf. „Um unsere Vision einer friedlichen Welt zu erreichen, lehnen wir militärische Antworten auf globale und regionale Krisen ab – sie sind Teil des Problems und nicht der Lösung.“

Die Ermittlungen dienen nur einem Zweck: Protestgruppen auszuforschen, Dissidenten abzuschrecken, Daten zu sammeln.

Peter Nowak bloggt auf freitag.de

Source: email