Home » Heiligendamm 2007 » G8 2007 deutsch » G8 2007 Repression  

 Recent

Watch also...



print
2007-05-29

Streit über Hamburger “Wanderkessel”

Geglückter Einsatz oder wandelnder Polizeikessel? Nach den Krawallen am Rande des Asem-Treffens in Hamburg ist ein politischer Streit um die Sicherheitsmaßnahmen entbrannt. Die Hamburger Polizei bleibt derweil in erhöhter Alarmbereitschaft.

Zu den Kritikern des Polizeieinsatzes gehörte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. “Mir geht es darum, dass wir die inhaltlichen Anforderungen an G8 ‘rüberbringen und nicht Bilder von Krawallen”, sagte Roth am Dienstag dem Fernsehsender N24. “Ich glaube aber, dass dazu auch ein Deeskalationsprinzip der Polizei nötig ist.”

“Gestern gab es, glaube ich, durchaus auch berechtigte Kritik an hermetischer Abschottung der friedlichen Demonstration durch die Polizei”, sagte Roth. “Unser Demonstrationsrecht hat ja einen Grundsatz: Demonstrationen sollen etwas darstellen, etwas zeigen, die sollen in Hör- und Sichtweise stattfinden von denen, die es betrifft”, betonte die Parteivorsitzende. “Das war ja schon absurd. Man hat die in wirklich menschenleere Gegenden geleitet. Das war eigentlich ein wandelnder Polizeikessel.”

Innensenator Udo Nagel lobte hingegen das Verhalten der Beamten. “Die Taktik der Polizei war richtig. Es ist gelungen, die Asem-Gäste und die Hamburger Bürger vor Gewalttätigkeiten zu schützen”, sagte Nagel. Niemand habe etwas gegen friedliche Versammlungen, “gegen Gewalt, und zwar gegen jede Form, wird die Polizei aber auch in Zukunft eine Null-Toleranz-Linie fahren”. Nagel verwies auf die insgesamt 179 Beamten, die laut Polizeiangaben nach Angriffen durch militante Demonstranten ärztlich behandelt werden mussten.

Klima zunehmend vergiftet

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, verteidigte das Vorgehen der Einsatzkräfte. “Ich glaube, man kann sagen, dass der Polizeieinsatz geglückt ist”, sagte Freiberg am Dienstag dem Radiosender NDR-Info. “Wir haben mit viel Polizei, mit hohem Kräfteansatz dort, soweit es ging, Sicherheit gewährleistet, zumindest was das Demonstrationsgeschehen betrifft.”

Freiberg bedauerte, dass das Klima zwischen Polizei und Globalisierungskritikern vor dem G8-Gipfel zunehmend vergiftet werde. “Die Auseinandersetzungen nehmen auch an verbaler Schärfe zu, aber auch durch Gewalttätigkeit von unbekannten Tätern, die Brandanschläge machen.” Das sei verbunden mit einem außerordentlich hohen Personaleinsatz bei der Polizei.

Ein Sprecher der Hamburger Polizei sagte FTD Online, es sei vorstellbar, dass Randalierer auch am Dienstag in Kleingruppen aktiv würden, insbesondere am Abend. Die Polizei bleibe in erhöhter Alarmbereitschaft, die aus anderen Bundesländer hinzugezogenen Einsatzkräfte seien jedoch überwiegend abgereist. Zu den Kosten des Einsatzes, für den mehr als 2800 Beamte aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Baden- Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen aufgeboten wurden, wollte die Polizei keine Angaben machen.

Differenzen beim Klimaschutz

Die Außenminister der 27 EU-Mitglieder und 16 asiatischer Staaten beenden am Dienstag ihr Treffen in Hamburg. Dabei wollen sie unter anderem über eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus und die Sicherung der Energieversorgung sprechen. Schon vor der offiziellen Eröffnung des “Asia Europe Meeting” (Asem) am Montagabend hatte sich abgezeichnet, dass die Differenzen in der Frage der Minderung der Treibhausgase fortbestehen. Zwar herrschte grundsätzlich Einigkeit über die Notwendigkeit von mehr Klimaschutz, doch sehen Staaten wie Indien und China die Verringerung der Treibhausgase vor allem als Aufgabe der Industriestaaten an. Das Treffen findet unter Vorsitz von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) statt.

Der erste Tag des Treffens war begleitet von Protesten. Am Montagnachmittag hatten rund 4000 Menschen weitgehend friedlich gegen den Asem-Gipfel protestiert. Am frühen Abend war es im Hamburger Schanzenviertel dann zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ging mit Wasserwerfern gegen gewaltbereite Demonstranten vor, die Barrikaden errichtet und angezündet hatten. Insgesamt nahm die Polizei 24 Demonstranten fest. Ihnen werden Landfriedensbruch, Angriffe auf Polizisten oder die Herstellung von Molotow-Cocktails vorgeworfen. 64 weitere Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Bei den Zusammenstößen wurden nach Polizeiangaben zwei Beamte und zwei Demonstranten verletzt. 150 Polizisten erlitten Augenreizungen, weil sie von Demonstranten offenbar mit Reizgas besprüht worden waren.

[http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Streit%20Hamburger%20Wanderkessel/205635.html]