Zu Beginn ihrer Arbeit hatte die Berliner Vernetzung G8-KO noch das Ziel formuliert, auch auf Leute außerhalb der anarchistischen, linksradikalen usw. Berliner Szene zuzugehen. Die Anti-G8 Arbeit sollte offen gestaltet werden, wir wollten einen Dialog mit Leuten aus anderen sozialen Milleus, also z.B. aus attac-, Kirchen-, Umweltgruppen oder auch aus Gewerkschaften.
Ob andere Gruppen in der deutschsprachigen Vernetzung ein ähnliches Zielverfolgten, wissen wir nicht. In Berlin ist es letztlich beim ausformulierten Wunsch, nicht nur das eigene Spektrum anzusprechen, geblieben. Da half es auch nicht, dass wir einmal im Monat zuoffenen Treffen eingeladen haben. Wirklich eingeladen fühlten sich immer nur Leute, die in den letzten Jahren auf ähnliche Art und Weise Politik machen wie wir es tun. Abgesehen davon, dass eines unserer bunten Propaganda-Plakate evtl. nicht nur ReisechaotInnen ansprach, und abgesehenvon der punktuellen Zusammenarbeit mit einer netten StudentInnen-Gruppe aus Brandenburg waren die AdressatInnen unserer Arbeit dann doch wieder die reisenden Linksradikalen unter den vielen BerlinerInnen. Es ist nicht so, dass uns das absolut unglücklich macht. Im gesellschaftlichenDiskurs kam der G8-Gipfel in Schottland bis ca. Mitte Juni, d.h. bis zu Geldofs Plänen mit live 8 gar nicht vor, von daher wäre es ein enorm langwieriges und anstrengendes Vorhaben gewesen,Leute oder gar Funktionäre aus NGOs und Gewerkschaften für das Thema zu begeistern. Und mit dem doch überschaubaren Haufen, der wir in Berlin waren, konnten wir mehr auch einfach nicht leisten.
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Wie geht es jetzt weiter?
Der G8-Gipfel 2007 wird in Deutschland stattfinden - im Kurort Heiligendamm bei Rostock an der Ostsee. G8-KO Berlin ist mittlerweile in einem neuen Vorbereitungskreis, der sich ab jetzt mit der Mobilisierung gegen diesen Gipfel beschäftigt, aufgegangen. In Berlin wird sich die Struktur desNetzwerkes wohl stark verändern, der Kreis ist jetzt schon deutlich größer geworden. Das Spektrum, aus dem die AktivistInnen kommen, hat sich allerdings bisher nicht großartig gewandelt. Wir orientieren uns weiterhin an den Umgangsformen der PGA-Hallmarks, arbeiten also beispielsweise nicht mit Parteien oder anderen hierarchischen Gruppen zusammen. Anfang Oktober(7.-9.10.) wird es in Hamburg ein erstes großes Vorbereitungstreffen geben, auf dem es um die konkrete Gestaltung der linksradikalen Kampagne gegen den Gipfel in Heiligendamm gehen soll.
Die Hoffnung ist, dass die Kampagne Effekte für eine aktionsfähige Linke in Deutschland zeigt, die also nicht nur auf den Sommer 2007 beschränkt sind, sondern darüber hinaus wirksam bleiben. Erste Schwerpunkte der Kampagne sollen der G8-Gipfel 2006 in St. Petersburg sowie eininternationales Widerstandscamp sein, das ebenfalls im Sommer 2006, zeitlich nach dem Gipfel in Russland, in räumlicher Nähe zu Heiligendamm stattfinden soll.
Parallel zu unseren auf den Gipfel in Gleneagles bezogenen Aktivitäten und auch unabhängig vom linksradikalen Netzwerk für Heiligendamm 2007 hat sich, ebenfalls aus dem linksradikalen Spektrum, die Initiative für eine interventionistische Linke (IL) gegründet. Die IL will den Gipfel2007 als Kristallisationspunkt nutzen, um ein breites, bewegungsorientiertes, basisdemokratisches Bündnis auf die Beine zu stellen.
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Sie schreiben: "Das Gesamtprojekt G-8-Mobilisierung 2007 ist sogroß und ambitioniert, dass eine Strömung oder Organisation damit überfordert wäre. Jeder Versuch eines Alleingangs oder die Dominanz einer Richtung würde die Handlungsmöglichkeiten und die politische Ausstrahlungskraft der Aktionen insgesamt merklich einschränken. [...] Wir rufen daher zur Bildung eines breit angelegten Gesamtbündnisses auf, das die Organisation und Koordination der gemeinsamen Aufgaben übernimmt, die nicht von einzelnen Strömungen allein geleistet werden können. Hier sollten Initiativen aus allen Spektren der Linken zusammen kommen: Die lokalenSozialforen, Erwerbslosen- und Sozialinitiativen, Antifagruppen, Flüchtlings-Initiativen, Autonome Gruppen und andere bewegungsorientierte Linksradikale, 3.Welt- und Kirchengruppen, attac und die no-global-Netzwerke, traditionskommunistische und trotzkistische Organisationen, Gewerkschaftsgliederungen und -jugendverbände, Linkspartei/ PDS usw." (http://g8-2007.de)
Die Liste der Gruppen, die am breiten Bündnis beteiligt sein sollen, ist also einigermaßen lang. Als ein Minimalkonsens werden von der IL deshalb vier Punkte vorgeschlagen: erstens eine eindeutige Delegitimierung der G8, zweitens die gegenseitige Anerkennung unterschiedlicher Aktions- undWiderstandsformen, drittens ein solidarischer, verlässlicher Umgang miteinander, der verbindliche Absprachen erlaubt, sowie viertens eine klare und offensive Abgrenzung gegenüber rechtspopulistischen und rechten Kräften. Auf Basis dieser Vorschläge soll für das Frühjahr 2007 zu einem großen Kongress eingeladen werden.
Momentan werden also bezogen auf den Gipfel 2007 aus linksradikaler Perspektive zwei verschiedene Konzepte verfolgt: breites Bündnis und linksradikales Netzwerk. Diese Ansaetze müssen sich nicht gegenseitig ausschließen und sollten auch nicht gegeneinander, sondernmiteinander diskutiert werden, denken wir. Dennoch ist gerade unklar bzw. noch nicht diskutiert, ob sich beispielsweise das Netzwerk am Bündnis beteiligt oder nicht. Aber das wird sich die nächsten Monate klären. Was sicher ist: Es wird um den Gipfel in Heiligendamm ein ganz großesTohuwabohu geben, eine tolle internationale Kampagne, ordentlich Rabatz, spannende Action und hoffentlich produktiven politischen Streit. Wir hoffen doch sehr, das wir uns da alle sehen. In diesem Sinne: smash capitalism!