Gesprächsrunde mit damals aktiven Linken zur Bedeutung und den Folgen der “Tage von Genua”
In diesem Jahr jähren sich die Proteste gegen den G8-Gipfel in Genua zum zehnten Mal. 2001 versammelten sich über 300.000 Menschen in der norditalienischen Hafenstadt, um gegen das Weltwirtschaftstreffen der Regierungschefs der acht reichsten und mächtigsten Industrieländer zu demonstrieren.
Die Gipfelproteste waren überschattet von brutaler Polizeigewalt: Die paramilitärischen Carabinieri griffen die Demonstrationszüge an. Während der Auseinandersetzungen erschossen sie den 23-jährigen militanten Linken Carlo Giuliani. Unzählige Demonstrierende wurden in den Straßen Genuas oder bei der nächtlichen Stürmung der Diaz-Schule, einem Schlafplatz der Gipfelgegner_innen, schwer verletzt. In den Polizeikasernen wurden die Gefangenen gefoltert und gedemütigt. Das Schlagwort von den „chilenischen Nächten“ brachte die Fassungslosigkeit über das Ausmaß der Polizeigewalt zum Ausdruck, das viele in einem EU-Staat nicht für möglich gehalten hätten.
Aber waren die „Tage von Genova“ nur geprägt von Straßenschlachten und exzessiver Staatsgewalt? Wer demonstrierte eigentlich vor zehn Jahren dort auf den Straßen? Die so genannte globalisierungskritische Bewegung vereinte die unterschiedlichsten politischen Strömungen und war eine internationalistische Erscheinung. Genua 2001 war der Höhepunkt der Proteste gegen Gipfeltreffen der Regierenden, die 1999 in Seattle ihren medienwirksamen Startschuss genommen hatten. Auch viele Antifa-Gruppen mobilisierten 2000 nach Prag und im darauf folgenden Jahr nach Göteborg und Genua. Die Aktionen machten radikale Kritik und Ablehnung der kapitalistischen Verhältnisse wieder hörbar. „Eine andere Welt ist möglich“ hieß der Leitspruch, der große Teile dieser „Bewegung der Bewegungen“ einte. Nach Genua wurde die „Globalisierungskritik“ auch in Deutschland chic. Das der reformistischen Richtung zugeordnete Netzwerk attac, welches sich mit dem Ziel gegründet hatte, eine Steuer auf Finanzmarkttransaktionen durchzusetzen, erlebte einen Mitgliederansturm und großes Medieninteresse.
Gleichzeitig gab es Kritik an den Inhalten und Aktionsformen dieser „Bewegung“: Kritisiert wurden beispielsweise eine zu starke Fixierung auf die Gipfeltreffen und eine Überhöhung von deren Bedeutung sowie eine fehlende Übertragung der dort mit radikaler Geste formulierten Ablehnung des Kapitalismus auf eine widerständige Alltagspraxis. Nicht zuletzt wurde vielen Protestakteuren wie attac eine „verkürzte Kapitalismuskritik“ vorgeworfen, die vor allem die Finanzmärkte und Finanzmarktakteure für die Verwerfungen des Kapitalismus verantwortlich mache und so eine offene Flanke zu antisemitischen „Weltanschauungen“ habe.
Wir wollen mit Beteiligten aus unterschiedlichen Gruppen und Strömungen der außerparlamentarischen, radikalen Linken über die Ereignisse von Genua diskutieren. Wir fragen nach der Bedeutung der „Tage von Genova“ und deren Folgen für linke Politik.
Donnerstag, 15. September 2011 // 20.00 Uhr
Club Courage // Friedensstraße 42 // Münster
Es laden ein:
Antifaschistische Linke Münster
Gruppe B.A.S.T.A. Münster
Antifaschistische Bildungsinitiative Münsterland