Der G8 2001 in Genua schlitterte durch die Operation Diaz nur knapp daran vorbei, mit einer Bilanz von vier statt einem Toten (Carlo Giuliani) zu enden. Unter den drei Menschen, die den Überfall auf die Schule im wahrsten Sinne nur um ein Haar überlebten, war Marc Covell, der bereits auf der Straße in mehreren Durchgängen viehischst zusammengeschlagen wurde.
Die wiederholten, beinahe tödlichen Angriffe, die ihn auf dem Gehweg vor der Diaz Scule trafen, begannen unmittelbar bevor die Polizei das Gebäude enterte. Das war eine Minute vor Mitternacht. Vor Gericht wurde der Nachweis geführt, dass er um 00:20 Uhr - längst in Lebensgefahr, die sich minütlich verschärfte - mitten im Polizistengewimmel vor der Schule noch auf der Straße lag. Erst zu diesem Zeitpunkt kümmerten sich Sanitäter um seinen Abtransport.
Mehrere der ranghohen Polizisten, die am 13.11.2008 von allen Vorwürfen frei gesprochen wurden, waren wbis zur Mobilisierung der Rettungsmannschaft in seiner Nähe. Jene unter ihnen, die unweigerlich gesehen haben müssen, was mit ihm geschah, unternahmen nichts, um den Schlägern Einhalt zu gebieten. Und jene, die sich in seiner Nähe aufhielten, oder an ihm vorbei liefen, als er schwerstens verletzt am Boden lag, und ihn so übel zugerichtet auch unweigerlich gesehen haben müssen, sind filmisch beim ignorieren des Verletzten filmisch verwigt.
Im Krankenhaus kämpfte man anschließend fieberhaft um sein Leben. Als er erwachte, wurde er sofort belehrt, dass er verhaftet sei - als im Gebäude bei der blutigen Durchsuchung angetroffene Person, obwohl er nicht einmal das Gelände betreten hatte. Seinen mühseligen Rückweg ins Leben durchlebte er als der Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zweck der Verwüstung und Plünderung Beschuldigter Mann. Am Tag der Urteilsverkündung war er zugegen, als der Gerichtsvorsitzende die Männer frei sprach, die seine Schläger wiederholt walten ließen und seinen dramatische Zustand minutenlang ignorierten. In einem Video*, das Reaktionen der Anwesenden im Gerichtssaal unmittelbar nach der Urteilsverkündung zeigt, kommt auch er zu Wort. Weitere erste Äußerungen Covells gibt ein Bericht** von BBC wieder.
So schockierend die Verkündung des Urteils für ihn und die weiteren Anwesenden auch war: auch Covell, der mit die schwersten Langzeitschäden davon trug sagte, dass er es nicht bereut, vor Ort gewesen zu sein, und dass er hofft, dass ungeachtet des Ausgangs des erstinstanzlichen Verfahrens etwas Positives aus der langen und harten Auseinandersetzung erwachsen möge. Letzteres äußerten auch Aktivisten, die in den vergangenen Jahren wie Covell höchst engagiert um die Aufdeckung der wahren Tatsachen im Fall Diaz stritten und zahlreiche italienische Blogger brachten zum Ausdruck, was aus der Auseinandersetzung erwachsen ist: die sträflichen Vorgehensweisen der freigesprochenen Schwergewichte der italienischen Polizeibehörden stehen, völlig ungeachtet des Urteils, für den aufmerksamen Teil der Öffentlichkeit eindeutig fest, und auch in der weniger kritischen Bevölkerung werden die wahren Tatsachen in Wesentlichen nicht angezweifelt. Der Richterspruch rief, jenseits aller Empörung, vielfach wenig Verwunderung hervor, da über die Verhältnisse, die es offen legt, ausreichend Klarheit besteht. Darin liegt ein nicht von der Hand zu weisender Erfolg der jahrelangen Auseinandersetzung, die wenigstens um einige Ausgeburten der Repression in Genua geführt werden konnte: das Wissen um besagte Verhältnisse ist deutlich gewachsen. Das Urteil und die Interessengruppen, die es weit mehr als rechtliche Spielräume und fehlende Paragrafen herbeigeführt haben, können diesem gewachsenen Bewusstsein nichts anhaben.
* http://www.youtube.com/watch?v=bZBigc3czt0
* http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/7507620.stm