Home » Genova 2001  

 Recent

Watch also...



print
2007-11-30

Colucci: “Der Chef hat mir gesagt: dieser Staatsanwalt ist wahnsinnig, wir müssen gemeinsame Sache gegen ihn machen”

Der Landespolizeichef hat sich anvertraut: “So habe ich den Prozess untergraben”

Manganelli hineingezogen: “Meine Gedanken sind verfälscht wiedergegeben worden”

Massimo Calandri, Genova – Warum ist die Spitze der italienischen Polizei zu allem bereit, um das delikateste unter den G8-Verfahren zu vereiteln? Welchen Grund hat sie, “gemeinsame Sache” gegen die Staatsanwälte zu machen, die über die Erstürmung der Diaz-Schule ermitteln, anstatt an der Ermittlung der Wahrheit mitzuarbeiten? Von der Staatsanwaltschaft Genuas wurden hunderte von Telefonaten abgehört: Monate lang haben die Ermittler die Anrufe von einigen in die Verfahren für die Ereignisse von 2001 verwickelten Super-Polizisten abgehört, und daraus zeichnen sich bestürzende Szenarien ab. In den Telefongesprächen scheinen Zeugen und Angeklagte eine gemeinsame “Verteidigungsstrategie” zu entwickeln. Dabei verstoßen sie gegen elementare rechtliche Regeln, die Staatsmänner besser als alle anderen kennen sollten. Sie reden am Handy miteinander und ziehen damit auch den damaligen Polizeichef Gianni De Gennaro und seinen Vize Antonio Manganelli, der seit Juli De Gennaros Stelle übernommen hat, hinein. Die Aussagen sind in der zu De Gennaro, Spartaco Mortola (2001 Chef der genuesischen Digos [Abteilung für Allgemeine Ermittlungen und Sondereinsätze]) und Francesco Colucci (ehemaliger Polizeichef Genuas) eröffneten Akte beinhaltet.

Gennaro

Die ersten zwei werden angeklagt, den Dritten zur Falschaussage angestiftet zu haben: die Eröffnung des Verfahrens wird vor Weihnachten erwartet.
Am 3. Mai, während des Verfahrens gegen 29 Polizeibeamte und -leiter, macht Colucci seine Zeugenaussage. Er hat am 28. April einem der Angeklagten, Spartaco Mortola, erzählt, dass er Gianni De Gennaro gerade getroffen hat. Er erzählt, dass er mit ihm gesprochen hat. Und nun wird er den Rückwärtsgang einlegen müssen. Der genuesiche Polizeichef spricht ohne zu wissen, dass sein Telefon kontrolliert wird. „Der Chef hat mich seine Aussagen vor den Staatsanwälten lesen lassen, er sagt: „Du musst, … es ist erforderlich, dass du bei deinen Aussagen über die Pressearbeit einlenkst.“ Aber ich weiss nicht, … vielleicht wird Zucca [einer der Staatsanwälte] sauer…“ Der Funktionär hat vor Gericht seine Version im Vergleich zu einer im Oktober 2001 abgegebenen Aussage tatsächlich verändert. Er leugnet, dass De Gennaro in der Nacht der Erstürmung der Diaz ihm gesagt hätte, den Verantwortlichen für die Presse, Roberto Sgalla, zu benachrichtigen („Es ist meine Idee gewesen“), und erzählt das, was ihm Mortola selbst suggeriert hat. Am folgenden Tag ist er mit einem Freund am Telefon: „Großartig, großartig! Ich habe alle niedergeworfen! Der Chef hat sich bedankt, meine Kollegen haben sich bedankt! Denn ich habe das verfahren, das Zucca seit 6 Jahren mit seinen Scheißhypothesen führt, vereitelt! Und wie zufrieden der Chef war, was sage ich dir… wenn du wüsstest, wie sehr er sich bei mir bedankt hat!“ Aber am 22. Mai wird gegen Colucci Anzeige wegen Falschaussage erstattet. Er ist verstört, natürlich kennt er die objektiven Elemente – die abgehörten Telefongespräche – in den Händen der Ermittler nicht. Der ex-Polizeichef Genuas wird vor die Staatsanwaltschaft geladen. Besorgt, fragt er um Rat. Dann am Handy: „Der Chef hat mir empfohlen, nicht zu erscheinen: zu jenem Staatsanwalt gehen bedeutet, massakriert zu werden, dieser Typ da ist wahnsinnig, er ist ein Ganove…“ Am 24. Mai ist er nochmal mit Mortola am Telefon, er sagt, dass er mit De Gennaro von Beförderungen gesprochen hat. Und fügt hinzu: „Manganelli hat mir heute Vormittag gesagt: wir müssen diesem Staatsanwalt da einen schönen Schlag verpassen, das hat er gesagt, und er hat mir angedeutet, dass jemand schon irgendwelche nicht so richtig sauberen Maßnahmen ergriffen hat.“ Die Andeutung bezieht sich auf den gegen die Staatsanwaltschaft vorgelegten Bericht über die vermutlich übermäßigen Kosten der Ermittlungen, der später von den Staatsanwälten anhand von Rechnungen dementiert wurde. Denn die Parole lautet: „Der Chef, Manganelli, alle: sie haben mir gesagt, zusammenzuhalten, um diesem Staatsanwalt entgegenzutreten.“ Trocken, gestern, die Reaktion des Polizeichef Manganelli: „Mein Ausdruck der Nähe und Zuneigung zu einem Kollegen in Schwierigkeit ist frei und mit unangemessener Sprache wiedergegeben worden“.

REPUBBLICA, 28.11.2007

Source: email